Interview Sabine Schwarzgruber
Sammaskirchnerin ist Vizepräsidentin von "Lebenswelt Heim"
Sabine Schwarzgruber wurde zur Vizepräsidentin des Bundesverbandes "Lebenswelt Heim" gewählt.
ZELL AN DER PRAM. Die 56-jährige Sammaskirchnerin startet ihre Karriere am AKH Linz. Seit mittlerweile 30 Jahren ist sie in der Heimleitung tätig. Aktuell ist sie die "Chefin" des Pflegeheims Zell an der Pram sowie mehrerer Vitaler Wohnen-Einrichtungen im Bezirk – ein Konzept, das sie mitentwickelt hat.
Was ist "Lebenswelt Heim" genau und welche Ziele verfolgt der Verband?
Lebenswelt Heim vertritt als Verband 650 Pflegeeinrichtungen aus ganz Österreich – mit Ausnahme von Wien und Kärnten, die eigenständig organisiert sind – mit etwa 40.000 Mitarbeitenden. Im Bundesgremium tauschen sich Heimleiterinnen und -leiter aus dem ganzen Land aus. Ziel ist es, Maßnahmen für ein wertvolles und würdiges Altern zu erarbeiten.
Wie arbeitet der Verband?
Wir agieren überparteilich und fungieren als Experten und Berater unter anderem für das Sozialministerium. Die Arbeit im Gremium erfolgt zum Großteil ehrenamtlich und viel über Online-Treffen. Mindestens zweimal im Jahr kommen wir zusammen. Dabei werden Erfahrungen ausgetauscht und Best Practice geteilt. Immer wieder wird auch der Status quo erhoben. So gab es zum Beispiel im Sommer eine Blitzumfrage zu den Hitzeschutzvorkehrungen in den Heimen. Innerhalb einer Woche konnten wir Daten aus allen Bundesländern erheben und die Ergebnisse gesammelt weitergeben.
Mit welchen Herausforderungen ist die Gesellschaft beim Alt werden oder alt sein konfrontiert?
Durch die sinkende Geburtenrate und die gleichzeitig höher werdende Lebenserwartung gerät der Generationenvertrag – die Jungen kümmern sich um die Alten – aus dem Gleichgewicht. Die stille Reserve der Frau, die bislang Vieles zusammengehalten hat, ist weggefallen. Die meisten Frauen arbeiten in selbst erwählten Berufen. Vielen Familien ist es nicht möglich, dauerhaft die Verantwortung für die Pflege eines Angehörigen zu übernehmen. Zudem haben wir es auch mit einer neuen Generation der "Alten" zu tun, die ganz anders tickt, als die davor.
Welche politischen Forderungen für die Pflege vertreten Sie?
Die Langzeitpflege ist die Königsdisziplin. Wir pflegen 24/7 zum Großteil ohne ärztliche Begleitung. In den Pflegeheimen ist sehr viel Expertise in verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel Demenz vorhanden – das gehört erhalten und wertgeschätzt. Ebenso muss die ärztliche Versorgung in den Heimen sichergestellt werden. Zudem müssen wir die schönen und positiven Geschichten aus der Pflege transportieren. Es bedarf für die Zukunft des Muts für neue Strukturen und Wege. Und mich ärgert es auch, wenn in einem Industriebetrieb 300 Leute entlassen werden und dann heißt’s: Die sollen alle in die Pflege gehen! Altenarbeit ist Arbeit mit und am Menschen, dazu braucht es ein gewisses Maß an Empathie. Das kann nicht jeder.
Was ist Ihnen persönlich als Heimleitung wichtig?
Heim funktioniert nur im Verbund. Wer an Arbeit im Heim denkt, denkt zunächst an Pflegekräfte. Zu einem funktionierenden Heimbetrieb gehören aber auch Mitarbeitende in Reinigung, Verwaltung, Küche oder Haustechnik – ohne sie ginge es nicht.
Lebenswelt Heim möchte außerdem eine lebensbejahende Kultur des Altwerdens fördern – was genau heißt das?
Vorsorge ist besser als Nachsorge. Jeder sollte sich Gedanken über den Ernstfall – sein eigenes Altern und Ableben – machen. Möchte ich lebensverlängernde Maßnahmen? Die eigenen Kinder sind im Ernstfall nicht automatisch entscheidungsberechtigt, das ist ein Irrglaube. Zudem stehen viele rechtliche Ansprüche nicht auf die Minute zur Verfügung. Im Heimalltag zeigt sich immer wieder, wie viele rechtliche oder juristische Fragen mit Altern und Sterben verbunden sind.
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