Hallstatt in China – Künstler drehen Film über Architektur-Klone

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LONDON/HALLSTATT. Sebastian Acker und Phil Thompson, zwei in London wohnhafte Künstler, arbeiten an einem Film und einem Buch über die chinesische Kopie von Hallstatt und anderen Nachbauten westlicher Orte, die im Zuge der letzten Jahre in ganz China errichtet wurden. Die sogenannten ‚Copy Towns’ sind teils verblüffend detailgetreue Kopien vollständiger Städte, während andere verschiedene Gebäude und Sehenswürdigkeiten zu einer neuen, fiktiven Landschaft verbinden. Das Projekt der Künstler wird das Phänomen, welches unter den Bewohnern und in der Weltpresse gemischte Reaktionen hervorgerufen hat, aus mehreren Perspektiven beleuchten und erstmalig Filmmaterial der Originale und ihrer Chinesischen Klone in einem Film gegenüberstellen.

Filmmaterial von drei Eiffeltürmen, zwei Tower Bridges mehreren Tagen in Hallstatt
Die zwei aus Deutschland und England stammenden Künstler, Sebastian Acker (31) und Phil Thompson (24) lernten sich während ihres Master-Studiums an Londons renommierter Slade School of Fine Art kennen, wo sie ihre Professoren für das Projekt gewinnen konnten und den ‚Duveen Travel Scholarship’, ein Reisestipendium in Höhe von 3000 Pfund, verliehen bekamen.

Damit reisten die Künstler Ende letzten Jahres für sechs Wochen durch China und dokumentierten umfassend Hallstatt, den unter UNESCO-Weltkulturerbe stehenden Ort im Salzkammergut, welcher mitsamt See in der Guangdong Provinz nachgebaut wurde. Acker & Thompson besuchten außerdem Thames Town, eine fiktive englische Stadt am Rande Shanghais, in der eine Kirche aus Bristol neben einem Fish & Chip Shop aus Dorset steht; das Dafen Painting Village, in dem 60% aller weltweit kopierten Ölgemälde gemalt werden; Wonderland, ein verlassener Freizeitpark außerhalb Pekings; mehrere Geisterstädte – riesige verwaiste Neubauviertel, die im Zuge der Chinesischen Bau-Blase entstanden – sowie einige ‘Mini-Welten’, in denen man die Welt sehen kann ohne das Land zu verlassen.

Ai Weiwei: „Architektur spricht inzwischen die Sprache der Computer. Und die haben diese drei Tasten: Kopieren, Einfügen, Löschen.”
Um sich einen Eindruck der verschiedenen Sichtweisen auf das Thema zu verschaffen interviewten die Künstler auch Bewohner und Marketing Teams in Hallstatt sowie Architekten wie den international renommierten Künstler und Architekten Ai Weiwei. Die Recherche wird auf verschiedene Weise in ihren Film und das Buch einfließen; Der Film wird erstmalig Filmmaterial aus all diesen Orten gegenüberstellen und dies mit einer auf den Interviews basierenden Erzählung untermalen. Das Buch wird vollständige Interviews und Photos zusammenbringen und Raum für eine tiefgreifendere Abhandlung dieses komplexen Themas bieten.

Nachahmung: die Höchste Form der Anerkennung?
Zu der wachsenden Popularität der kopierten Orte sagen beiden Autoren: "Die chinesische Kulturlandschaft hat sich in den letzten 50 Jahren rasant gewandelt. Millionen Menschen strömen in die Städte, und ein Teil der Bevölkerung hat mittlerweile von der Öffnung der Märkte profitiert und beträchtliche Reichtümer angehäuft. Diese neue Mittelklasse sucht nach Modellen um ihren kürzlich erworbenen Reichtum zur Schau zu stellen – doch scheint in Chinas Geschichte und Mao’s klassenloser Gesellschaft kaum fündig zu werden. So dienen vorgefertigte soziale Modelle aus der westlichen Welt oft als Vorbild. Doch muss das Imitieren nicht automatisch als Verehrung des Westens interpretiert werden – das Land hat die Kopie geschichtlich auch genutzt, um Überlegenheit über das Original zu demonstrieren, wie in den Gärten der Kaiser, in denen Flora, Fauna und Architektur aus vereinnahmten Provinzen rekonstruiert wurden. Zu guter letzt ist das Kopieren an sich auch fest in östlicher Philosophie verankert – schon lange bevor Oscar Wilde den Satz „Nachahmung ist die höchste Form der Anerkennung“ prägte."

Die Künstler finanzieren die Fertigstellung des Projektes über Crowd-Funding
Acker & Thompson besuchen nun die Originale der chinesischen Kopien in Europa. Deren Spur wird sie Anfang Juni zu mehreren Orten in England, nach Paris sowie natürlich nach Hallstatt führen, wo sie wie schon in China Architektur und Alltag auf Film und Photographien festhalten sowie Bewohner und Repräsentanten lokaler Institutionen interviewen werden. Die Künstler hoffen auf ein breites Spektrum an Meinungen auf ihren Reisen zu stoßen, und wollen das Bild- und Filmmaterial auch den Bewohnern der Drehorte zeigen, um zu einem Dialog über das Phänomen beizutragen. Um die Reisen in Europa und die Fertigstellung des Filmes zu finanzieren, haben die Künstler eine Crowd-Funding-Seite eingerichtet, auf der das Projekt unterstützt werden kann, und wo Bilder sowie Filmmaterial der chinesischen Kopien zu sehen sind: http://www.indiegogo.com

Fotos: Acker/Thompson

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