Kitschbefreite Brauchtums-Sammlung
Neues Buch von Sandra Galatz über Bräuche im Salzkammergut

Autorin Sandra Galatz | Foto: Franz Linschinger
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GMUNDEN. Die gebürtige Gmundnerin Sandra Galatz hat mit ihrem neuen Buch "Bräuche im Salzkammergut – Gelebte Tradition im Jahreskreis" ein spannendes Nachschlagewerk im Verlag Anton Pustet veröffentlicht. Galatz ist 1980 geboren, studierte Französisch, Geografie und Wirtschaftskunde sowie alpenländische Volksmusik und promovierte im Fach Volkskunde/Europäische Ethnologie. Sie ist Redakteurin beim ORF Oberösterreich, langjährige Moderatorin der Volksmusiksendung "G'sungen und g'spielt", Autorin zahlreicher Beiträge in volkskundlichen Publikationen, begeisterte Weltreisende und Musikantin.
Die BezirksRundschau hat mit der Autorin über das Buch und ihre Lieblingsbräuche gesprochen.

Wie würden Sie ihr neuestes Werk „Bräuche im Salzkammergut“ in drei bis fünf Sätzen vorstellen?
Galatz: In meinem neuen Buch ist erstmals die bunte Brauch-Vielfalt des gesamten Salzkammerguts von Gmunden bis Bad Mitterndorf zu finden. Ich wollte ein Buch über Bräuche schreiben – völlig kitschbefreit und so wie es wirklich ist. Ein Buch für die Menschen in unserer Region mit unseren Bräuchen, die von Innen kommen. Ein Buch, in dem sich jene wiederfinden, die hier leben und Brauch-Ausübende sind. Und ein Buch für alle Salzkammergut-Liebhaber, die sich mit der Gegend beschäftigen. Meine Erstleser meinten, es ist ein stimmiger Begleiter durch unseren Jahreskreis. Bräuche bereichern unser Leben und begleiten uns durchs Jahr. Vor allem erfüllen sie auch eine wichtige soziale Funktion in unserem Zusammenleben und sie bereiten Freude und das ist das Schöne daran! All das habe ich versucht in meinem Buch zu vermitteln. Dazu gibt’s auch viele Bilder, Infokästen, Rezepte und ausgewählte Liedtexte!

Was macht Ihrer Meinung nach das Salzkammergut einzigartig?
Das Salzkammergut ist für mich ein sehr eigenwilliges, aber stimmiges Mosaik. Gmunden etwa fühlt sich völlig anders an als Bad Ischl und Bad Goisern, aber auch die Ausseerlandgemeinden haben einen ganz unterschiedlichen Charakter. Doch all diese Orte verbindet ihre Geschichte rund ums Salz und so verschmelzen sie doch wieder zu einer homogenen Region.

Warum gibt es in dieser Region Österreichs diese Vielzahl an Bräuchen?
Das Wesen von uns Salzkammergütlern spiegelt sich in unseren Bräuchen und Ritualen wider. Es ist sicherlich auf die Geschichte der Region zurückzuführen, dass hier so eine außergewöhnlich bunte Vielfalt an Bräuchen entstanden ist, sei es aus Notwendigkeit, aus purer Freude oder durch religiöse Vorgaben besonders in der Zeit der Gegenreformation. Viele Bräuche haben ihre Wurzeln in dieser für das Salzkammergut doch sehr einschneidenden Epoche – man denke nur an die prunkvollen Seeprozessionen, an den Liebstattsonntag, die vielen Karwochenbräuche oder unsere raumfüllenden Weihnachtskrippen.

Warum halten sich alte Bräuche gerade im Salzkammergut so lange und kommen nicht aus der Mode?
Im Moment fühle ich einen Zeitgeist, der auf die Rückbesinnung auf alles Ländliche, Ursprüngliche und Regionale ausgerichtet ist. Und da gehören Bräuche und Traditionen dazu. Natürlich werden sie auch touristisch vermarktet – eigentlich schon seit dem Einsetzen der Sommerfrische im 19. Jahrhundert – denn schon da merkte man, dass man mit unseren Kulturgütern etwas Einzigartiges hat in der Region, das auch die Gäste schätzen. Der Tourismus spielt also dabei sicherlich eine große Rolle, aber zugleich ist es auch die Notwendigkeit des Schönen, die uns Bräuche leben lässt. Es sind ja auch die stilleren und weniger bekannten Bräuche, neuere Bräuche und solche, die wieder zum Leben erweckt oder an den Zeitgeist angepasst wurden, die unser Leben bereichern.

Wie lange haben Sie für die Recherchen gebraucht bzw. wie lange hat es vom ersten Gedanken bis zur Veröffentlichung des Buches gedauert?
Der Gedanke begleitet mich seit gut drei Jahren. Damals war ich gerade am Fertigstellen meiner Volkskunde-Dissertation und im Anschluss daran habe ich mich an die Recherchen für „Bräuche im Salzkammergut“ gemacht.

Welche Werte wollen Sie mit diesem Buch vermitteln?
Diejenigen, die selbst in einem Verein aktiv sind – sei es im Kirchenchor, im Trachtenverein, oder beispielsweise in einer Theatergruppe, oder all jene, die selbst Bräuche ausüben wie beim Ebenseer Fasching, auf einer Schießstätte, beim Aufstellen ihrer Weihnachtskrippen, beim Bau einer Glöcklerkappe oder beim Herschneiden der Weihscheitln: Sie alle wissen, was ich meine, wenn ich von jenem Gefühl der Freude spreche, das dabei entsteht. Und allen anderen möchte ich mit diesem Durchbegleiten durch den Jahreslauf einen Einblick geben, was es alles an gelebtem Schönen gibt bei uns im Salzkammergut.

Welche Tradition im Salzkammergut gefällt Ihnen persönlich am besten?
Ich bin gebürtige Gmundnerin – und dadurch, dass ich auch Musikantin bin, gibt’s viele freundschaftliche Verbindungen ins gesamte Salzkammergut. Das ist mein großes Glück, dass ich so auch das Wesen der Menschen in den unterschiedlichen Kleinregionen des Salzkammerguts kennenlernen durfte und auch ihre Jahresbräuche. Eine Tradition herauszupicken, die mir am besten gefällt, das geht nicht. Ich finde alles, was volkskulturell im Jahr passiert, unglaublich spannend und es ist wunderschön zu beobachten, mit welcher Freude und Hingabe die Menschen etwa ihre Krippenfiguren schnitzen, ihr Fetzeng‘wand tragen, Faschingsreime dichten, sich zum gemeinsamen Singen treffen, Narzissenfiguren bauen, am Pfeifertag in aller Herrgottsfrüh musizieren, ihre Dörrhüttl revitalisieren oder stolz ihre Glöcklerkappen tragen. Beeindruckend ist für mich immer, wenn ich als Redakteurin im Rahmen von ORF-Interviews zu den Menschen nach Hause komme und sie mir Einblick in ihre Werkstatt gewähren, wo Ratschen gebaut werden, wo genäht wird oder wenn ich auf einer Schießstätte zu Gast sein darf. Und besonders freut es mich auch, wenn es irgendwo zum Musizieren wird!

Sie sind im Salzkammergut aufgewachsen. Könnten Sie sich ein Leben fernab der Heimat vorstellen?
Ich bin selbst mit dem bewussten Erleben des Jahreskreises aufgewachsen und sehr dankbar dafür. Viele Bräuche sind mir von Kind an vertraut und vieles übe ich ja auch selbst aus. Und ich bin dankbar, dass ich ins Salzkammergut hineingeboren wurde. Zugleich bin ich aber auch begeisterte Weltreisende und liebe es auch als Geografin, immer wieder die unterschiedlichen Kontinente zu bereisen, Menschen und Kulturen in fernen Ländern kennenzulernen, ihre Sprachen zu hören. Aber ich brauche auch immer wieder meine Basis und das ist einfach zuhause im Salzkammergut.

Autorin Sandra Galatz | Foto: Franz Linschinger
Foto: Buchcover: Verlag Anton Pustet

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