Abrisshäuser im 15. Bezirk: Kommt Abriss statt Sanierung?
Ein Wohnhaus in der Mariahilfer Straße soll abgerissen werden - oder auch nicht, wenn es nach den Bewohnern geht.
RUDOLFSHEIM-FÜNFHAUS. Otto Bayer ist verzweifelt: Das Haus, in dem der alteingesessene Uhrmachermeister sein kleines Geschäft hat, ist seit kurzem eingerüstet. Doch nicht nur das: Angeblich soll das Haus komplett abgerissen werden. "Die Arbeiter haben unsere wunderschöne Gründerzeitfassade schon abgeschlagen, als nächstes soll das Dach drankommen. Mir haben die Eigentümer sehr wenig Geld geboten und gesagt, ich soll ausziehen", klagt der Unternehmer. Ähnliches hört man auch vom Restaurant Hanoi im Nebenhaus, das ebenfalls eingerüstet und vom Abriss bedroht ist.
Seit 1. Juli gelten strengere Bestimmungen für den Abriss von Häusern, die vor 1945 errichtet wurden: Seither benötigen Hauseigentümer eine Abrissgenehmigung, die verweigert werden kann, wenn das Haus von der MA 19 als "erhaltungswürdig" eingestuft wird. Viele Hauseigentümer wollten noch vor Inkrafttreten dieser Verschärfung Nägel mit Köpfen machen - und zogen geplante Hausabrisse in vielen Bezirken vor.
Das Biedermeierhaus Mariahilfer Straße 166 wurde laut einem Kunstführer 1840 errichtet, die Fassade wurde in der Gründerzeit um 1910 nachträglich angebracht. Seit vielen Jahren wurde versucht, das Haus bei der MA 19, als "erhaltungswürdig" zu deklarieren, bisher jedoch immer vergebens.
Neubau statt Dachgeschoßausbau
Eine Mieterin erklärt, dass sie einen unbefristeten Mietvertrag hätte und aufgrund der Behauptung, das Haus würde saniert, in eine Ersatzwohnung umgezogen sei. "Plötzlich haben sie aber angefangen, das Haus abzureißen. Jetzt stehe ich vor dem Nichts, wo soll ich jetzt wohnen?", klagt sie und ergänzt: "Immer spricht man von leistbaren Wohnungen. Wenn hier ein Neubau kommt, wird alles ein Vielfaches kosten und leistbarer Wohnraum geht verloren!"
Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (SPÖ) berichtet: "Die Hauseigentümer haben um einen Dachgeschoßausbau angesucht, dieser wurde vom Bauausschuss auch genehmigt. Bei der Baupolizei, der MA 37, wurde dann allerdings ein Neubau eingereicht - das war nicht ausgemacht."
Nun wurde von der MA 37 ein einstweiliger Baustopp verhängt, derweil die MA 19 über die Erhaltungswürdigkeit des Hauses beriet. Aus dem Büro von Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) heißt es, dass die Mariahilfer Straße 166 nun nach §52a/5a der Wiener Bauordnung als erhaltungswürdig eingestuft worden sei.
Vier Wochen Zeit für Einspruch
Der Technische Direktor der MA 37, Guido Markouschek, erklärt, dass die Hauseigentümer nach diesem Beschluss der MA 19 nun vier Wochen Zeit hätten, um den Bescheid zu beeinspruchen, "was sie, denke ich, auch machen werden. Bevor diese Frist verstrichen ist, können wir noch nicht sagen, wie es weitergehen wird."
Markus Landerer von der Initiative Denkmalschutz, die sich in ganz Wien für die Erhaltung schutzwürdiger Häuser einsetzt, fragt sich, warum man nicht rechtzeitig im Bezirk eine Schutzzone beantragt hat: "Damit hätte man ein einfaches Mittel gehabt, um Spekulations-Abrisse schon vor dem 1. Juli zu verhindern." Angeblich soll nach dem Abriss der Mariahilfer Straße 166 ein Neubau mit fünf Geschoßen samt zweistöckiger Tiefgarage errichtet werden. Bezirksvorsteher Zatlokal ist dagegen: "Alle alten Häuser rundherum verströmen einen gewissen Charme, da passt ein moderner Neubau nicht dazu. Wir werden im Bezirk alles tun, um den Abriss zu verhindern und die Fassade wiederherzustellen."
Derweil blickt Uhrmachermeister Otto Bayer auf die altehrwürdigen Pendeluhren, die in seinem Verkaufsraum hängen, und sagt: "Da freuen wir uns alle, dass man in der Bezirksvorstehung tätig wird - aber warum erst jetzt? Uns läuft die Zeit davon!"
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