Wildverbiss, kaum Verjüngung
Hilferuf! Der Wald in Reutte stirbt
Rund 5000 Hektar Waldfläche gibt es in Reutte. Der Zustand ist besorgniserregend. Es gibt Handlungsbedarf. Und Reutte will handeln. Nur wie, das ist völlig offen.
REUTTE. Das Bild, das Bezirksforstinspektor Dominik Bilgeri im Gemeinderat zeichnete, war düster. "Wenn es weitergeht wie bisher, ist die Tanne in 60 Jahren bei uns ausgerottet!"
Das wäre fatal, denn gemeinsam mit Fichte und Buche gehört die Tanne zu den Hauptarten in unseren Breitengraden. Zusammen bilden sie einen Bergmischwald, der widerstandsfähig gegen Sturm, Trockenheit und Schädlinge ist.
Eingriffe durch Menschenhand
In den vergangenen Jahrzehnten wurde zunehmend aber die Fichte dominant, auch weil es der Mensch so wollte. "Die Fichte funktioniert für die Wirtschaft gut", sagt Bilgeri, doch es gibt einen Haken: "Das 'System' funktioniert nicht mehr."
Was das bedeutet, sehe man aktuell in Osttirol. Der Bezirk Lienz war in den vergangenen Jahren massiv von Sturmschäden, und in der Folge vom Borkenkäferbefall, betroffen. Gleiches drohe auch Teilen des Außerferner Waldes. Reutte gehört zu den gefährdeten Gebieten.
"Wir müssen den Turn around schaffen. Jetzt!" mahnte Bürgermeister Günter Salchner eindringlich, schnellstmöglich einen Bergmischwald aufzubringen. "Wir müssen handeln!"
Wald muss klimafit werden
Ansätze, die Fichte wieder zurückzudrängen und "klimafitten" Bäumen mehr Platz zu geben, gibt es. Die derzeitigen Bemühungen - etwa kleinflächiger Waldbau, keine großen Kahlschläge, stattdessen Einzelstammentnahmen - funktionieren allerdings kaum oder gar nicht. Es kommt zu wenig nach, der Wildverbiss in den Wäldern ist zu groß. Die junge Triebe der Bäume werden abgefressen, Tanne & Co. kommen nicht mehr auf.
Jagd muss mitziehen
Bilgeri sieht hier die Jagd in Pflicht. Es ist ein heikles Thema, wie die nachfolgende Debatte zeigte. "Die Jagdherren traut man sich nur mit Samthandschuhen anzugreifen", glaubt Grünen-Chefin Margit Dablander zu wissen. VBgm. Klaus Schimana hält seinerseits nicht viel davon, alles auf die Jägerschaft zu schieben: "Ein solches Problem lässt sich nur gemeinsam lösen." Er erinnerte außerdem daran, dass das veränderte Freizeitverhalten - immer mehr Menschen halten sich im Wald auf - es den Jägern schwer macht, die Abschusszahlen zu erfüllen.
"Der Jäger ist nicht der böse. Aber er ist ein Angestellter und er wird dem gerecht, was sein Dienstgeber will", nannte Bilgeri einen der Gründe, warum er glaubt, dass zu viel Wild im Wald ist. Einen anderen sieht er darin, dass die Wildfütterungen im Winter zu viel des Guten sind. Früher habe es das ja auch nicht gegeben.
Es baucht eine Trendwende
Die Ideen, wie man die Trendwende schaffen kann, sind vielfältig. Gelingen könnte es eventuell dadurch, dass die Jagd nicht mehr verpachtet, sondern selbst betrieben wird. Dann könnte man die Abschusszahlen vielleicht heben. Das wird derzeit geprüft.
Bürgermeister Günter Salchner berichtete, dass man derzeit ein entsprechendes Gutachten von einem Wildbiologen erstellen lässt. Umgekehrt habe die Jagd zwischenzeitlich ein Strategiepapier vorgelegt.
Marschroute selber bestimmen
All das gelte es jetzt intensiv zu diskutieren, und das öffentlich. Salchner: "Ich will das Thema im Gemeinderat haben!" Und noch eines stellte der Gemeindechef klar: "Weitermachen wie bisher ist ein 'no go'. Wir müssen das Heft selber in die Hand nehmen!"
Jetzt wartet man einmal zu, bis alle Unterlagen vorliegen, dann will die Gemeinde Maßnahmen ergreifen: "Egal, wie die Entscheidung ausfällt, sie wird Konsequenzen haben", ist sich Günter Salchner sicher.
Besser informiert
Weitere Informationen aus dem Bezirk Reutte finden Sie unter www.meinbezirk.at
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