Adieu, Bezirk Wien-Umgebung: Bezirkshauptmann im Abschieds-Interview
Bezirkshauptmann Andreas Strobl gibt Einblicke in die Herausforderungen eines aufzulösenden Bezirks.
BEZIRK WIEN-UMGEBUNG.
Herr Strobl, seit ungefähr zwei Jahren sind Sie nun Bezirkshauptmann des Bezirks Wien-Umgebung. Was waren für Sie Highlights dieser Zeit?
ANDREAS STROBL: „Ich wurde mit 1. Dezember 2014 zum neuen Bezirkshauptmann bestellt, die Amtseinführung war dann im Jahr 2015. Im September 2015 wurde dann bekanntgegeben, dass der Bezirk aufgelöst wird – zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade erst alles kennengelernt und hatte daher noch kein konkretes Konzept ausgearbeitet was ich als Bezirkshauptmann umsetzen oder neu gestalten will. Highlight als solches hab ich daher also keines anzubieten. (lächelt)"
Und wie haben Sie die Bezirksauflösung erlebt?
"Im Prinzip habe ich einen funktionierenden Bezirk übernommen und habe dann ab September 2015 die besondere Aufgabe der Auflösung des Bezirks übernommen. Der erste Gedanke war – in diesem langen Zeitraum bis Dezember 2016 – eine funktionierende Bezirksverwaltungsbehörde aufrecht zu erhalten: die Motivation der Mitarbeiter und das Leistungsangebot aufrecht erhalten zu können. Das waren so Fragezeichen, die sich im September des Vorjahres recht rasch aufgetan haben."
Welche Ämter sind künftig für die Regionen Purkersdorf und Klosterneuburg zuständig? Hier der Exklusiv-Überblick zur Bezirksauflösung des Bezirkes Wien-Umgebung. (Grafik: Pfiel)
Wie schafft man es Mitarbeiter einer Behörde "mit Ablaufdatum" motiviert zu halten? Und wie geht es für die Mitarbeiter weiter?
"Natürlich war’s eine Schwierigkeit, vor allem solange es für die Mitarbeiter noch nicht klar war, wie ihre persönliche Zukunft aussieht. Ein Teil der Umsetzungsmaßnahmen war ein Erstellen des Personalkonzeptes, das war im Juni des heurigen Jahres ausgearbeitet und damit war wieder eine Beruhigung vorhanden.
In der Außenstelle Klosterneuburg der Bezirkshauptmannschaft Tulln bleiben 18 Mitarbeiter tätig. Gekündigt wird kein Mitarbeiter, sämtliche 140 Mitarbeiter werden auf die vier Dienststellen Bruck/Leitha, Tulln, Korneuburg und St. Pölten aufgeteilt.
Die Zufriedenheit ist grundsätzlich recht groß, weil wir in fast allen Fällen die persönlichen Wünsche, was den Wohnsitz betrifft, berücksichtigen konnten. Gleichzeitig mussten wir schauen, dass möglichst viel Kompetenz erhalten bleibt und die Mitarbeiter weiterhin dort tätig sind, wo sie bisher tätig waren. Natürlich war die Aufregung groß, aber man darf nicht vergessen: Die Aufgaben bleiben ja, sie werden nur von einem anderen Ort aus organisiert.
Ich glaube wir sind auf einem guten Weg und ich glaube die Auflösung wird fraktionsfrei und kaum oder nicht bemerkbar für den Bürger vonstatten geht."
Sind denn, aus Sicht der Bezirkshauptmannschaft, noch größere Fragen offen was die Bezirksauflösung betrifft?
"Alle Fragen sind gelöst. Wir haben schon die Konzepte über die Übersiedlung von Akten, Einrichtung, elektronischer Akt, etc. Bei vielem gab’s schon Testläufe, bei allem gibt’s Konzepte. Ich bin guter Dinge, dass bei der konkreten Umsetzung, beginnend am Nachmittag des 30. Dezember, alles reibungslos funktioniert. Ich wünsche mir natürlich, dass die Mitarbeiter und auch die Bevölkerung von dieser Auflösung nicht mehr mitbekommen, als dass ein anderer Name auf dem Briefkopf steht."
Sie waren im Laufe Ihrer Karriere schon in vielen verschiedenen Bezirken Niederösterreichs tätig. Welche Besonderheiten haben Sie im Bezirk Wien-Umgebung bemerkt?
"Es gibt immer wieder schwierige Verfahren, seien es Betriebsanlagenverfahren, einzelne Verfahren im Sozialbereich, etc., wo die Besonderheit des Bezirks mit der doch dichteren Bevölkerung und den besonderen Schwierigkeiten, dass man Land aber doch in der Nähe zur Großstadt ist, zu tragen kommen.
Auffallend war, dass immer wieder die Kommunikation zwischen den verschiedenen Interessensträgern notwendig ist und war und unbedingt zu fördern war. Ein Beispiel war die Errichtung der zwei Mountainbikestrecken in Weidlingbach, die ja durch das Gespräch zwischen Eigentümer und Betreiber zustande gekommen sind und weniger als Aufgabe einer Bezirkshauptmannschaft. Wir konnten und mussten uns aber dennoch als Plattform für die Gespräche einbringen."
Inwiefern spielte denn die geografische Besonderheit des Bezirks Wien-Umgebung in solchen Fällen eine Rolle?
„Das ist nichts Neues, dass ein Bezirk nicht homogen ist und verschiedene Charaktere aufweist – der Bezirk Wien-Umgebung ist da aber natürlich etwas ganz besonderes, weil die Großstadt Wien dazwischen liegt. Hilfreich war jeweils der Bestand der Außenstellen, wo die Bürger vor Ort ihre Anliegen vorbringen konnten.
Aus Sicht des Leiters der Bezirksverwaltungsbehörde wars wichtig in den Bezirksteilen jeweils präsent zu sein. Das ist eine Aufgabe von der ich gewusst habe, dass sie auf mich zukommt als ich mich hier beworben hab.
Die Verschiedenheit der Bezirksteile in Wien-Umgebung begründet sich auf die Äußerlichkeiten – auf der einen Seite die Wienerwaldgemeinden im Raum Purkersdorf und Klosterneuburg, die sich durch unheimlich hohe Wohnqualität auszeichnen, dann gibts die Industriegebiete im Raum Schwechat, allen ist aber gemeinsam, dass es Umland Wiens ist. Es gibt sehr wohl Gemeinsamkeiten, und die habe ich auch in der Zusammenarbeit mit den Gemeinden herausstreichen können."
Wurden Sie auch mit Beschwerden konfrontiert als die Bezirksauflösung verkündet wurde?
"Mir persönlich wurden keine Beschwerden vorgebracht, natürlich gab es Anlass zur Diskussion."
Zum Abschluss: Wie wird es mit Ihnen persönlich weitergehen? Ihre derzeitige Position existiert ab 2017 ja de facto nicht mehr.
"Ich bin derzeit noch in Gesprächen mit dem Land NÖ was die konkrete weitere Tätigkeit betrifft, aber ich werde Landesbediensteter bleiben. Ich bin gerne Bezirkshauptmann. Ich war und bin gerne hier in Wien-Umgebung."
ZUR PERSON:
Andreas Strobl, geboren 1965 und wohnhaft im Bezirk Korneuburg, trat im Jahr 1998 in den NÖ Landesdienst ein. Nach Tätigkeiten an den Bezirkshauptmannschaften Baden und Wien-Umgebung wurde er im Jahr 2002 Bezirkshauptmann-Stellvertreter in Lilienfeld, im Jahr 2003 wurde er Bezirkshauptmann-Stellvertreter in Mödling. Im Jahr 2011 übernahm er das Amt des Bezirkshauptmannes in Wiener Neustadt, mit 1. Dezember 2014 wurde er zum Bezirkshauptmann in Wien-Umgebung bestellt. In seiner Freizeit verbringt er gerne Zeit mit seiner Familie, beim Radfahren oder Fotografieren.
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