Landjugend besucht den Russenfriedhof in St. Johann „Den Opfern die Namen wieder geben“

Passend zur Zeit um Allerheiligen und Allerseelen trafen sich vergangenen Sonntag zehn Landjugendmitglieder am Russenfriedhof in St. Johann, um mehr über die vergangenen Geschehnisse zu erfahren
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Passend zur Zeit um Allerheiligen und Allerseelen trafen sich am Sonntag, dem 4. November 2018 zehn Landjugendmitglieder am Russenfriedhof in St. Johann. Dieser liegt an der Pinzgauer Bundesstraße, rund zwei Kilometer nördlich des Zentrums und erinnert bis heute an die grausame Zeit des Nationalsozialismus. Annemarie Zierlinger, Obfrau des Vereins Geschichtswerkstatt St. Johann, berichtete bei einer Führung über die Geschehnisse.

St. Johann. Jeden ersten Sonntag im Monat findet am Russenfriedhof eine öffentliche Führung und im Anschluss ein ökumenischer Gottesdienst (gemeinsamer Gebetsgottesdienst von Christen verschiedener Konfessionen ohne Eucharistiefeier bzw. Abendmahl) statt. Der Russenfriedhof ist heute eine Erinnerungsstätte zum Gedenken an die dort knapp 4.000 begrabenen Kriegsgefangenen des 2. Weltkriegs.

STALAG XVIII C
Nur wenige wissen, dass St. Johann 1939 in „Markt Pongau“ umbenannt wurde. 1941 wurde dort mit dem Bau eines Kriegsgefangenenlagers begonnen. Die Bezeichnung dafür war STALAG XVIII C „Markt Pongau“. Bereits zu Beginn erfolgte eine Überbelegung des Lagers. Statt wie geplant 10.000 Mann, hausten 20.000 Menschen in den Baracken und Zelten oder in Erdlöchern unter offenem Himmel. Das Lager befand sich nördlich und südlich des heutigen Bahnhofes St. Johann.

Die zwei Kriegsgefangenenlager
Im Südlager waren vermehrt Franzosen, Briten, Polen und Serben untergebracht. Sie wurden ausreichend ernährt und nach den Genfer Konventionen relativ anständig behandelt. Die Genfer Konfentionen enthalten für den Fall eines Krieges oder bewaffneten Konflikts Regeln für den Schutz von Personen die nicht, oder nicht mehr an den Kampfhandlungen teilnehmen. Dabei handelt es sich vor allem um gefangene und verwundete Personen. Ganz anders verhielt es sich im Nordlager. Dort litten Russen und andere Angehörige der Sowjetunion. Es herrschten katastrophale Bedingungen, die auch einen Typhusausbruch zur Folge hatten. Im ersten Winter verstarben 2.000 Menschen. Ab dem Jahr 1943 mussten die Kriegsgefangenen Zwangsarbeit verrichten. Eingesetzt wurden sie beim Bau der Stauseemauern in Kaprun oder zur Mithilfe auf Bauernhöfen.

Stelen aus Glas
Seit Mai dieses Jahres erinnern historische Bilder die Besucher an das Schicksal der Opfer. Die eingebrannten Fotos in Glas sollen das Grauen visualisieren. Die Technik des Einbrennes ist auch symbolisch zu verstehen. Wie bei Erinnerungen die sich ins Gedächtnis einbrennen nützen auch bei Glas keine Löschversuche.

„Im Geschichtsunterricht in der Schule aber auch danach im Alltagsleben hört nahezu jeder von den Verbrechen in Ausschwitz und Mauthausen. Doch das auch in Salzburg Kriegsverbrechen wie hier in St. Johann im Gefangenenlager stattfanden, war mir nicht bewusst. Auch die drei KZ-Nebenlager in Mittersill sind nicht sehr weit bekannt. Ich finde es sehr wichtig dass solche Lager zugänglich gemacht werden, damit das Grauen und der Schrecken nicht in Vergessenheit gerät“, meint Anita Schinagl (Landjugend Henndorf, Flachgau)

Im Zuge des Projektes „Vielfalt Regionalität – Salzburg erleben“ organisiert die Landjugend Salzburg eine Veranstaltungsreihe über Salzburg. Neben geschichtlichen Themen wurden bereits traditionelle Handwerksbetriebe wie die Federkielstickerei in St. Martin besucht. Ebenso werden ganz besondere Orte wie der Gasteiner Heilstollen unter die Lupe genommen.

Text: Margreth Rehrl
Foto: Landjugend Salzburg

Foto-Copyright: Landjugend Salzburg
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