Gesellschaftskritische Gedichte von Maxi Herta Altrogge

- hochgeladen von Christoph Altrogge
Einige der nachfolgenden Gedichte veröffentlichte die Autorin bereits unter: Maxi Herta Altrogge: "Politische Lyrik", VINDOBONA Verlag Wien, 2001.
Umweltschutz
Wir müssen nichts
in der Natur ändern -
wir müssen
u n s
ä n d e r n!
An die Österreicher
Jeder,
der Österreich beschimpft,
sollte
zehn,
zwanzig
oder dreißig Jahre
im tiefsten Kommunismus leben -
ohne
österreichischen Pass!
Grenzen
Bei der Ausübung
grenzenloser
künstlerischer Freiheit
besteht die Gefahr,
dass die "Objekte"
zu Opfern werden.
Neue Wege in der Kunst?
Statt Perfektion -
Perversion.
Statt Aussage -
Ausfälle.
Statt Können -
Kassieren.
Kirchenaustritte
Frage:
Welcher Österreicher
legt seine Staatsbürgerschaft zurück,
wenn ihn Politiker
enttäuschen?
Gerechtigkeit aus Kaisers Zeit
Gnädige Frau
bleibt
gnädige Frau -
nur nicht
bei der Bezahlung
ihrer Arbeit!
FRAUEN I
Träume einzelner Herren in der Marktwirtschaft
Frauchen lieb,
Frauchen fein,
geh' geschwind ins Küchelein!
Pfleg' den Mann
und hüt' das Kind!
Denk' nicht nach!
Geschwind, geschwind!
Putz' dich fein,
halt's Häuslein rein!
Gieß' die Rosen,
lass dich kosen!
Ach, wie fein
könnt' es sein,
wären so
alle Weiberlein!
FRAUEN II
Von Frau zu Frau
Lasst sie in Ruhe,
die Stillen am Herd,
die freundlichen, geduldigen Kinderbetreuerinnen,
die scheinbar nicht kämpfen,
die scheinbar "nichts darstellen",
die sich scheinbar
nicht "selbst verwirklichen"!
Lasst sie in Ruhe!
Lasst sie in Ruhe,
denn sie sind
die stillen, starken Quellen
eines gesunden Waldes,
die nicht "glücklich gemacht" werden wollen,
sondern
glücklich sind
und Glück schaffen!
Lasst sie in Ruhe!
Der liebe Gott und die ÖBB
Von seiner sauer verdienten
Kollekte
kaufte sich
der liebe Gott
kürzlich
ein Vorteilsticket
und für die Nebenbahnen
ein Paar Wanderstiefel.
(Parodie auf die seit dem Regierungswechsel im Jahr 2000 massiv vor sich gegangen Schließungen österreichischer Nebenbahnen.)
ORF-Gebäude auf dem Küniglberg im Jahre 2001
Panzerkreuzer
auf politischen Meereswogen.
"Allzeit gute Fahrt!"
o d e r:
"Zuschauer über Bord"??
Ferientrubel im Stephansdom
Mein sehnlichster Wunsch:
Jeder,
der eine Kirche betritt, sollte das Maul halten,
denn:
in diesem Haus
hat ein Anderer das Sagen!
Hilflosigkeit
Der an manchen Tagen
laute Touristenrummel
im Stephansdom
macht mich hilflos.
Er erinnert mich
an große,
in den Ferien stets überfüllte
Selbstbedienungs-Restaurants
in der DDR.
Man betritt sie mit Heißhunger,
greift im Gedränge irgendetwas Eßbares,
ergattert nur schwer einen Platz
und verläßt das Lokal
hungrig,
etwas irritiert
und leer.
Ein paar Touristen im Stephansdom
Der Stephansdom, der Stephansdom -
das ist ein schönes Haus,
sieht außen und auch drin herum
fast wie 'ne Kirche aus.
Mit Kapperl und mit Hut am Kopf -
wir lassen uns nicht stören.
Wir sind wie alle Andern auch
bis zum Altar zu hören.
Kein Würstl und kein Eis darf 'rein
und nicht "Coffee to go"!
Wir lassen Steffl Steffl sein
und fahren in den Zoo!
Ins Handy schrei'n wir schnell hinein,
dass wir auch da gewesen
und freu'n uns schon auf's Bier daheim
und unser'n alten Tresen!
Höhenunterschiede in der Innenstadt
Flanieren, schauen, staunen.
Sehen und gesehen werden.
Man sieht sie nicht,
denn sie sitzt 50 cm zu tief,
zusammengesunken,
mit totem Blick auf Kniehöhe.
Spazieren, plaudern, lachen.
Sehen und gesehen werden.
Man sieht sie nicht,
denn sie sitzt 50 cm zu tief,
zusammengesunken,
mit totem Blick in Kniehöhe.
Sitzen in Schanigärten,
auf kleinen Mauern,
auf Sitzgruppen unter Bäumen.
Sehen und gesehen werden.
Man sieht sie nicht,
die Bettlerin in der Innenstadt.
Fußgängerüberweg in Wien
Heftiges Schwimmen
ans andere Ufer.
Die knurrenden Raubtiere
hocken schon
in ihren Startlöchern.
Gleichzeitig
Manche Wiener Pkw-Fahrer
treten kräftig auf's Gas –
und
klopfen gleichzeitig
vorsichtig
beim AKH an.
Persönliche Be-Freyung
Wochenmarkt auf der Wiener Freyung,
Wochenmarkt und Kürbisfest.
Menschen aller Schichten,
aktiv oder genießend,
positiver Mikrokosmos
der Republik Österreich,
lebendige, durch und durch positive Realität,
die meinen schon lange schwelenden Widerspruch
gegen psychotriefende Tendenzen wachrief:
Ich habe es satt,
daß pauschal ein ganzes, so wunderbares Land
in die Gosse getreten wird!
Ich habe es satt,
daß wegen Fehlern Einzelner
ein ganzes Volk gnadenlos beschimpft wird!
Aus einem penetrant atheistischen Land kommend
habe ich es satt,
daß wegen einzelner Mißstände
die gesamte katholische Kirche niedergemacht wird!
Ich, aus einer Diktatur kommend,
habe es satt,
daß einzelne Lautstarke
die unendliche Freiheit dieses Landes nicht begreifen!
Nieder mit den Niedermachern!
Nieder mit den Österreich-Verdammern!
Nieder mit dieser Salzsäure-Philosophie!
Es lebe die Revolution des Positiven!!
Kreislauf
In der schönen, blauen Donau
schwimmt ein weißes Zeug herum.
Es heißt "Schnee" und ist doch keiner,
und es bringt die Leute um.
Knapp zwei Tonnen war'n 's gewesen,
humangefiltert und ganz rein.
Menschleins Frust und Depressionen
füttern nun die Fischelein.
Und ein Karpfen wird gedünstet
in 'nem Nobel-Restaurant.
Und ein Herr verspeist genüsslich,
was sein Sohn zuvor verschlang.
(Entstanden als Reaktion auf eine Meldung in der ORF-Nachrichtensendung "Zeit im Bild" im Jahre 2007, der zufolge in der Donau im Bereich von Wien zwei Tonnen Rückstände von konsumierten Drogen gemessen wurden.)
Krieg
Ein Mächtiger,
in einem bequemen Sessel sitzend,
zündet die Lunte an.
Der geistige Scheiterhaufen
wird
zum Flächenbrand.
Aus der Asche
hört man
leises Weinen
Millionen Unschuldiger.
Der Mächtige,
in einem bequemen Sessel sitzend,
lehnt sich
entspannt
zurück.
Die Bussi-Gesellschaft
Bussi, Bussi,
lass dich grüßen,
Bussi, Bussi,
komm doch her!
Bussi, Bussi,
Wünsche fließen
ohne Inhalt hin und her.
Bussi, Bussi,
komm, umarmen,
Bussi, Bussi,
ist nicht schwer -
Lügen bis zum Gotterbarmen,
und der Neid fliegt hinterher!
Bussi, Bussi,
Bussi, Bussi,
jeden Stenz
und jede Tussi;
falsches Lächeln,
falsche Küsse -
alles nur noch taube Nüsse!!!
Advents-Idylle
Kling, Klang, Gloria,
Christmas ist schon wieder da!
Laufen, kaufen, Haare raufen
und dazwischen Glühwein saufen.
Christmas, X-mas, Santa Claus –
Jesulein nimmt schnell Reißaus.
Highlights, hi-fi, Digital –
sein Gesichtchen wird ganz schmal.
Shopping hin und Shopping her.
Tele-Werbung, bitte sehr.
"In" und "Trendy", geil und Fun
Shopping bringt's für jedermann.
Megacool und up to date
ob's wohl um das Christkind geht??
Kling, Klang, Gloria,
Christmas ist schon wieder da!
Es "dschingelt", es "bellt" –
ins Kasserl fällt's Geld.
Das Christkind schaut zu,
find't nimmermehr Ruh',
wird vom Trubel überrollt
d a s hat es nicht gewollt!
Kling, Klang, Gloria,
Christmas ist schon wieder da!
Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum,
die Lichter kann er tragen kaum.
"Kommt's her zu mir, Gesellen!
Verramscht das Geld im Hellen
bei Weihnachts-Rap und Glühwein-Duft.
Wer Arges denkt – der ist ein Schuft!
Kling, Klang, Gloria,
Christmas ist schon wieder da!
Shoppe, shoppe heiter,
die Gier sei dein Begleiter,
laß leiten dich vom Kaufesrausch,
vergiß auch nicht den Warentausch!
Konsum, Konsum
in Jesu Namen,
Seele,
verrecke,
beim Shopping!
A m e n.
Erkenntnis
In der Marktwirtschaft
schlägt kein Herz -
da schlägt
der Taschenrechner!
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