Einfach Nachwehen einer Erkrankung oder doch Long Covid?
Corona-Erkrankung überstanden und was kommt danach?
Ich bin im November 2020 an Covid erkrankt, war 4 Wochen in Absonderung/Quarantäne und dann noch 1 Woche im Krankenstand, weil ich noch nicht fit genug war, um in den Dienst zu gehen.
Im Jänner hatte ich 1 Woche Krankenhausaufenthalt wegen einer Darmentzündung, was möglicherweise mit dem noch geschwächten Immunsystem zu tun hatte.
Danach ging es mir eigentlich recht gut, bis auf eine gewisse Grundmüdigkeit, die ich vor meiner Erkankung in diesem Ausmaß nicht kannte. Stiegensteigen vermied ich, weil ein Aufzug da war und bei meinen Wanderungen, ging ich eher ebenere Strecken und wenn es mal bergauf ging, machte ich halt mehr Pausen - insgesamt fiel mir aber schon auf das ich viel langsamer unterwegs war. Achtete ich nicht auf langsames Gehen, bekam ich Herzrasen und Schwindelanfälle. Nach 5 und 1 Woche kranksein ist dies aber auch verständlich, denke ich mir und gebe mir auch die Zeit, meine Fitness wieder aufzubauen.
Was mich aber mal mehr und mal weniger belastete, waren meine Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen und meine verminderte Konzentrationsfähigkeit. Dies begann während der Erkrankung, was ich bei Telefonaten bemerkte und manchmal musste ich diese abbrechen, weil es mir zuviel war und ich häufig "Blackouts" hatte. Mit der Zeit wurde es dann etwas besser und ich fand auch meinen Umgang damit. Wenn ich am Computer sitze und im Dienst dokumentiere oder auch meine Artikel privat schreibe, hab ich nachwievor diese "Blackouts". Das heißt ich schreibe und plötzlich ist da ein "Nebel" und ich weiß nicht mehr weiter - dies dauert ein paar Sekunden und manchmal auch Minuten. Mit der Zeit wurde dies aber wieder stärker und drei Vorfälle im Feber - wobei einer mich so schockierte, daß ich einen heftigen Adrenalinschub hatte - liesen mich den Entschluß fassen, einen Arzt aufzusuchen. Ich konsultierte infolge auch einen Neurologen, bei dem noch Untersuchungen ausstehen.
Im April fuhr ich dann 3 Wochen auf Kur wegen meines Bewegungsapparates. Ich hatte aber auch ein bisschen die Hoffnung, dass sich diese 3 Wochen positiv auf meine Symptome und meine generelle Müdigkeit auswirken. Noch in dieser Zeit der Kur sagte ich, dasss es eine gute Mischung von aktiven und passiven Anwendungen sei und auch die Zeit zwischen den Therapien konnte ich gut zum Relaxen oder Wandern nutzen - wie gesagt ich fand es als sehr ausgewogen. Ich konnte gut abschalten und empfand es als sehr angenehm, nur auf mich und meine Therapien zu denken. Beim Ausdauertraining wurde mir jedoch schon in der ersten Einheit bewusst, das da etwas überhaupt nicht stimmt. Fuhr ich vor 2 Jahren am Ergometer mit 60/70 Watt, schaffte ich heuer 20/30 Watt und musste alle paar Minuten rasten, weil ich Schwindelanfälle bekam. Bei der ärztlichen Besprechung kam dann auch das erste Mal die Vermutung von Long Covid auf, nachdem ich auch von meinen anderen Symptomen erzählte. Infolge trainierte ich so weiter, dass ich immer wieder Pausen machte und die Therapeuten infomierte, dass eben nicht mehr geht.
Nach meiner Kur ging ich nach einem Tag Urlaub wieder in den Dienst. Am 2. Arbeitstag stellte ich fest, dass ich sehr erschöpft und eigentlich "urlaubsreif" war. Diese Erschöpfung hielt an und nach dem Dienst war ich oft nur zu einem kleinen Spaziergang fähig und dann war ruhen und liegen angesagt. An den Wochenenden erholte ich mich ein bisschen, einmal machte ich dann sogar noch mit einer Freundin eine gemütliche Wanderunde in der Ebene, aber das war es dann mit fit und vital.
Es kämpfte fast jeden Morgen in mir - gehe ich in den Dienst oder zum Arzt 🤔. Gerade sehe ich auf meinem Kalender, dass ich diesen Zustand genau einen Monat ausgehalten habe. Aufgrund dieser permanenten Überforderung wurde auch mein Nervenkostüm dünner und ich bemerkte, dass ich emotional sehr schnell an meinen Grenzen war. Kleine Auslöser brachten mich zum weinen und insgesamt entzog ich mich stressigeren Situationen, so dass ich mit meinen Energien besser haushalten konnte.
Eines Tages startete ich im Dienst mit schnellen Schritten die Treppen hoch - da kam wieder mein eigentliches Tempo zum vorschein - und ich glaub nach der 6 Stufe wurde mir schwarz vor Augen, mein Herz raste und ich konnte mich gerade noch anhalten und niedersetzen. Durchatmen, aufstehen und ins Büro. Das war dann nach noch einigen Überlegungen und Gesprächen der Punkt, wo ich mir eingestanden habe, dass ich so nicht weiter machen kann. Auch durch das Wissen, dass ich mich nicht auf mein Hirn verlassen kann, hatte ich natürlich Stress, weil ich immer ein paarmal durchdachte, ob ich eh nichts und niemanden vergessen habe. Am Nachmittag fuhr ich heim und zum Arzt - ich bin jetzt mal im Krankenstand.
Im Krankenstand kann ich eigentlich erst erkennen, wann ich meine "Erschöpfungseinbrüche" habe und wie mich verschiedene kleine Tätigkeiten anstrengen - im Dienst geht man da halt drüber. Die ersten 7 Tage habe ich jeden Tag zwischen 1,5 und 3 Stunden tief und fest geschlafen, obwohl ich mich wenig bewegte. Normalerweise schlafe ich schon seit 10 Jahren nicht mehr am Tag und wenn ich nicht müde bin, habe ich auch öfters mal kürzere Nächte, aber auch in der Nacht schlafe ich tief und fest. Ich glaube durch das, dass ich mich nicht anstrenge und nicht über meine Grenzen gehe, geht es mir etwas besser mit dieser Müdigkeit - wobei von fit bin ich weit entfernt.
Nachdem auch der Neurologe bei der ersten Untersuchung Ende April auf Long Covid zu sprechen kam, setzte ich mich mit diesem Zustand und den Symptomen erstmal intensiver auseinander. Ich fand eine Long Covid Selbsthilfegruppe und verschiedene Artikel - von engagierten Ärzten und auch Betroffenen. Beim Lesen und Ausstausch auf der Selbsthilfegruppen-Plattform fühlte ich mich erstmal verstanden und ehrlich gesagt, nahm ich auch meinen Zustand etwas ernster.
Was ich mir erstmal aus diesen Informationen mitgenommen habe, ist das Wissen um "Pacing". Dieser Begriff war mir überhaupt nicht bekannt. Jetzt weiß ich, dass es auf Grund dieses Erschöpfungszustandes wichtig ist, nicht über die eigenen Grenzen zu gehen, sondern sich zu erholen. Sonst besteht eine Gefahr am CFS - Chronischen Fatigue Syndrom - zu erkranken. Weiters habe ich mich in einer LongCovid-Ambulanz angemeldet, jedoch sind diese ziemlich überlaufen und ich warte auf einen Termin. Ich bekam jedoch ein Schreiben mit Informationen für den Hausarzt, welche Blutuntersuchungen vorab gemacht werden sollen, um andere Erkrankungen auszuschließen.
Ich bin jetzt die 3. Woche im Krankenstand und dabei auf meinen Körper zu achten und die Symptome Ernst zu nehmen, um einen Umgang damit zu lernen. Ich teile mir meinen Tag so ein, dass ich nach Tätigkeiten, wie z.B. Kochen, Wäsche waschen, kleinen Spaziergang, Einkauf, usw. immer Ruhepausen mache - ein Nickerchen, ein bisschen Lesen oder einfach die Vogerl im Garten und die Wolken am Himmel betrachten. Ich hoffe, dass ich so zu einem schnelleren Genesungsprozess beitragen kann.
Ich hoffe auch, das im Bericht für Interessierte und Betroffene etwas dabei ist, was weiterhilft.
Was mich persönlich freuen würde?
Wenn sich Betroffene aus dem Bezirk Oberwart bzw. angrenzenden Raum bei mir melden würden, um sich persönlich/telefonisch auszutauschen und zu unterstützen.
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