Katharina Wendl auf den Spuren der Shoah
Eine Schülerin des Wimmer Gymnasiums aus Oberkohlstätten tritt im August ihren Gedenkdienst in Yad Vashem in Jerusalem an.
OBERKOHLSTÄTTEN (ps). "Ich möchte mich mit der Shoah (hebräisch für Holocaust), mit der Zeit davor und danach beschäftigen, um nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart besser zu verstehen und dazu beitragen, dass die Forderung "Nie wieder!" zu keiner heruntergeleierten Phrase verkommt." Deshalb wird Katharina Wendl, Maturantin am Wimmer Gymnasium, ab August im Namen der Republik Österreich in Yad Vashem arbeiten, der weltweit größten Gedenkstätte zur Erinnerung an den Holocaust.
Im Zuge dessen wird die Schülerin vor allem im Archiv tätig sein und dort Dokumente (private Briefe, offizielle Schreiben) vom Deutschen ins Englische und vice versa übersetzen. "Daneben werde ich über einzelne Opfer der Shoah recherchieren und falls offizielle Delegationen aus Österreich kommen, diese in Yad Vashem begleiten", so Katharina.
Warum Gedenkdienst?
"Um ein Zeichen der Mitverantwortung Österreichs und der österreichischen Bevölkerung für die begangenen Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus, insbesondere für den Holocaust, zum Ausdruck zu bringen. Auf diese Weise will ich dazu beizutragen, dass die Millionen im Namen einer menschenverachtenden Ideologie ermordeten Menschen, aber auch die WiderstandskämpferInnen gegen den Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten", fasst Katharina ihre Beweggründe zusammen.
Gedenkdienst ist die Arbeit an Gedenkstätten, an Forschungszentren und pädagogischen Einrichtungen, die sich mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust auseinandersetzen.
Lebenserfahrung sammeln
"Ich war noch nie in Israel und habe noch nie für eine so lange Zeit allein im Ausland gelebt. Ich werde sicher auch schwierige Phasen erleben, aber Gedenkdienst zu leisten und im Bereich der Erinnerungsarbeit tätig zu sein, ist das, was ich aus tiefem Herzen möchte. Ich erwarte mir ein spannendes Jahr in Israel, in dem ich viel (kennen-)lernen werde", so Katharina Wendl. Lebenserfahrung im Sinne eines umfangreicheren Wissens über die Shoah und deren Auswirkungen. Dieses Wissen soll dazu beizutragen, österreichische und europäische Geschichte aufzuarbeiten, den Nahostkonflikt ein bisschen besser zu verstehen, sowie neue FreundInnen und Bekannte, berufliche Erfahrung in der Erinnerungs- und Archivarbeit, neue Sprache, neue Ideen kennen zu lernen.
Wie laufen die Vorbereitungen und wo kannst du dich einbringen?
"Ich habe mich bereits in den letzten Jahren mit der Shoah beschäftigt (Bücher, Ausstellungen, Diskussionen). Auch mit Israel und dem Nahostkonflikt habe ich mich auseinandergesetzt und lese nun vermehrt (englische) arab. bzw. isr. Zeitungen. Insofern wage ich es zu behaupten, dass ich in etwa weiß, was mich kommenden August erwarten wird, wobei sich die Lage im Israel fast täglich ändern kann.
Außerdem habe ich verschiedene Workshops und Vorträge des Vereins besucht, es wird bis August drei Vorbereitungsseminare geben.
Einbringen werde ich mich vorwiegend in der Archivarbeit, beim Übersetzen habe ich wenig Erfahrung, aber damit werde ich mich gut anfreunden können. Ich bin ich sehr einfallsreich und engagiert, interessiere mich dafür, wie uns geschichtliche Ereignisse beeinflussen und was wir aus dem Vergangenen lernen können.
Die Arbeit in Archiven gefällt mir sehr, das Übersetzen auch. Ich werde dort Zugang zu über 60 Millionen Dokumenten haben und eigenständige Recherchen anstellen können. Jerusalem ist eine faszinierende Stadt, mit einer langen, wenn auch nicht immer friedlichen Geschichte. Jerusalem als Arbeitsort und Sitz von Yad Vashem ermöglicht es mir, mich durch die geographische Distanz zu den Orten, an denen die Verbrechen stattfanden, differenziert mit dem Thema zu befassen und nicht nur rückblickend. sondern vor allem vorausschauend zu arbeiten (nicht zuletzt lautet die Maxime Yad Vashems „Remembering the Past, Shaping the Future“), so Katharina.
Zur Person Katharina Wendl
Sie ist Schülerin am Wimmer Gymnasium, Matura Mai/Juni 2016, nach dem Gedenkdienst möchte sie Judaistik und Religionspädagogik (Pädagogik der Religionen) studieren, vielleicht dazu noch Geschichte (Lehramt) oder Orientalistik. „Nach meinem Studium möchte ich im Bereich der Gedenkstättenpädagogik oder an der Universität/an einer Schule arbeiten“, so Katharina abschließend.
Was ist der Verein Gedenkdienst?
Der Verein "Gedenkdienst" ist eine unabhängige, überparteiliche und überkonfessionelle Nichtregierungsorganisation, der seit 1992 vorwiegend ehrenamtliche und freiwillige Frauen und Männer in Länder entsendet, in denen das NS-Regime und seine KollaborateurInnen Verbrechen begangen und ermöglicht haben, in die Verfolgte flüchteten oder in denen heute noch Überlebende der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik leben. Gedenkdienst ist die Arbeit an Gedenkstätten, an Forschungszentren und pädagogischen Einrichtungen, die sich mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust auseinandersetzen.
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