Interview mit Eva Tuczay, Obfrau Selbsthilfegruppen Burgenland
„Wir befinden uns im Dornröschenschlaf“

- Eva Tuczay aus Oberpullendorf ist neue Vorsitzende des Dachvereins der Burgenländischen Selbsthilfegruppen.
- Foto: Ingrid Ruf
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„Es gibt nichts Gutes außer man tut es“ – das betont Eva Tuczay aus Oberpullendorf im Interview mehrmals. Eine starke Persönlichkeit hat den Vorsitz der Selbsthilfegruppen im Burgenland übernommen.
Im Interview gibt sie Auskunft über die derzeit schwierige Situation der Selbsthilfegruppen und ihre Beweggründe, diese Verantwortung für die nächsten 4 Jahre zu übernehmen.
BEZIRKSBLÄTTER: Warum engagieren Sie sich in so verantwortungsvoller Position?
Eva Tuczay: Ich bin seit vielen Jahren gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. Aber auch soziale Verantwortung zu übernehmen und sich zu engagieren ist darin begründet, dass ich der Gesellschaft, die mir vieles ermöglicht hat (z. B. Studium) etwas zurückgeben möchte.
Wo haben Sie sich bisher engagiert?
Ich bin seit 10 Jahren im Vorstand und seit 8 Jahren Obfrau des Herzvereins mit ca. 800 Mitgliedern im Burgenland und weiteren 200 Unterstützern, hauptsächlich Ärzten aus dem gesamten Bundesgebiet.
Sind Sie selbst betroffen?
Nein, ich bin von Krankheit verschont. Meine Mutter ging zum Herzverein turnen. Der soziale Bereich liegt mir, hier konnte ich mich engagieren und sehe Sinn darin, dass ich meine Kraft und Energie hier einsetze.
Wie verlief das heurige schwierige Jahr?
Leider konnten Angebote, die da waren, nur äußerst eingeschränkt durchgeführt werden, so gut wie keine Treffen fanden statt. Am Beispiel Herzverein: normalerweise haben wir ein wöchentliches Turnen, flächendeckend im ganzen Burgenland. Ich organisiere Reisen drei Mal im Jahr, im Frühjahr eine Flugreise wie z. B Rom, Berlin, Madrid, im Herbst immer Kulturreisen mit dem Bus mit Wellness, z. B. Portoroz, Marienbad, Radenska und zu Weihnachten einen zweitägigen Besuch eines Christkindlmarktes in Österreich. Heuer konnten wir keine einzige Reise durchführen. Wir fuhren oft mit drei bis vier Bussen und die Reisen waren ausgebucht. Und genauso lief es bei den anderen Selbsthilfeorganisationen, wir befinden uns im Dornröschenschlaf.
Gibt es geplante Projekte 2021?
Wenn Sie oder nahe Angehörige schon einmal im Krankenhaus waren, hätten Sie Informationen über Selbsthilfe bestimmt geschätzt. 2021 soll mit dem Projekt „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ in allen burgenländischen Krankenanstalten eine längst fällige Zertifizierung stattfinden. Über das Entlassungsmanagement werden die Patienten informiert, ob es z. B. eine Krebs- oder Stoma-Selbsthilfegruppe gibt und wohin man sich wenden kann. Unsere Info-Arbeit werden wir auch mit und trotz Corona durchziehen!
Wie sieht die Zertifizierung aus?
Die Zertifizierung folgt dem „Hamburger Modell“. Das heißt, in allen Bundesländern wird nach dem gleichen Standard und gleichen Anforderungen zertifiziert und das wollen wir im Burgenland auch. Es besteht aus 8 Punkten, die gemeinsam von den Krankenanstalten und der Selbsthilfe erfüllt werden müssen. Damit ist eine Plattform geschaffen, die gewährleistet, dass der Informationsaustausch zwischen Krankenhaus und Vertretern der Selbsthilfe funktioniert.
Wie wollen Sie die nächsten vier Jahre gestalten?
Ich will eine aktive Obfrau sein, ich möchte, dass unsere Selbsthilfegruppen in großem Rahmen vorgestellt werden. Inform, Golser Volksfest, Diabetikertag in Eisenstadt – sollte etwas stattfinden, sind wir dabei. Beim Herzverein zum Beispiel möchte ich die Problemstellung mit den Defibrillatoren angehen.
Was ist damit?
Viele Spender und Gemeinden haben die Anschaffung von Defis ermöglicht – aber wer weiß damit umzugehen? Den Defi einzusetzen? Gemeinsam mit dem Samariterbund möchte ich in den Ortschaften Schulungen durchführen, damit die Menschen sich trauen, den Defi zu bedienen.
Wie sieht eure Infrastruktur aus?
Ich möchte das Zugpferd sein und die kleinen Gruppen unterstützen, indem ich mit dem Dachverband eine Plattform biete. Es gibt ein Büro in Eisenstadt und das Sekretariat steht zur Verfügung. Wenn jemand Interesse hat können wir vermitteln, wenn jemand eine neue Gruppe gründen will helfen wir gerne dabei. Natürlich brauchen wir immer wieder helfende Hände, wir brauchen mehr Sponsoren, aber wir haben Immer unser Ziel vor Augen: dass jeder, der in eine schwierige Situation kommt, weiß, wohin er sich wenden kann!
Kontakt:
Montag - Donnerstag 09:00 - 14:00 Uhr
Tel: 02682 - 90 301
E-Mail: Office SH BGLD, office@selbsthilfe-bgld.at.
www.selbsthilfe-bgld.at
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