Bezirk Oberpullendorf
Schuldspruch im Millionen-Prozess um Sex mit Minderjährigen
„Sie lügen, wenn sie den Mund aufmachen, nach Strich und Faden“, warf der Opferanwalt dem Beschuldigten vor. Der Staatsanwalt sprach von Erpressung, Betrug und gefährlicher Drohung. Trotz Leugnung des Burgenländers urteilte der Schöffensenat am insgesamt vierten Verhandlungstag - in einigen Anklagepunkten - mit einem Schuldspruch.
BEZIRK OBERPULLENDORF. Drei Millionen Euro als Schweigegeld verlangte der angeklagte Burgenländer von seinem ehemaligen Kumpel und Firmen-Kompagnon. Sonst würde er nämlich - wie berichtet - dessen Familie, Geschäftspartner und Arbeitgeber über Finanzvergehen und Sex mit minderjährigen Prostituierten informieren. Seinem Erpressungs-Opfer richtete er zudem aus, dass er ihn „vom Bauch aufwärts aufschlitzen wird“, so der Staatsanwalt in seinem Abschlussplädoyer. Der dem Mann, Mitte 60, geschieden, auch den Betrug um ein erschlichenes Darlehen von 50.000 Euro vorwarf.
Bauch aufschlitzen
Weiters führte der Ankläger an, dass es in diesem langwierigen Verfahren viele Zahlen um Millionenbeträge, Verträge, Nebenabsprachen, gegenseitige Vorwürfe von Falschaussagen sowie der Beeinflussung von Zeugen gegeben hat. Bezüglich der wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Beschuldigten und Opfer, unter anderem mit einer Fond-Projektabwicklung in Ungarn und vielem mehr, stellte der Staatsanwalt fest, dass der Burgenländer seinem Ex-Firmen-Kompagnon eine E-Mail geschickt hat, mit der Nachricht: „Bei dem Projekt haben wir gutes Geld verdient!“ Von einem Millionen-Betrag, den ihm das Opfer schon damals geschuldet haben soll, wie sich der Angeklagte nunmehr verantwortet, ist da jedoch nichts zu lesen. Erst 16 Jahre später, also in diesem Gerichtsverfahren, wird diese Forderung thematisiert.
„Wenn mir jemand so viel Geld schuldet, würde ich etwas anderes in eine E-Mail schreiben. Für mich ist das nicht nachvollziehbar!“, so der Ankläger mit dem Zusatz: „Auch Zeugen haben die Aussagen des Beschuldigten nicht bestätigt!“ Deshalb plädierte er für einen Schuldspruch. Ebenso der Verteidiger des Opfers, der hinzufügte: „Der Angeklagte ist im Privatkonkurs und versucht mit allen Mitteln an Geld zu kommen!“ Und weiters: „Er verfügt zwar über umfangreiche Unterlagen, seitenweise Verträge und Anwaltsschreiben - hat also alles schriftlich. Aber gerade das wichtigste Beweisstück, bei dem es um einen Riesenbetrag geht, gerade dieser Text wurde offenbar auf der Rückseite einer Serviette geschrieben und ist leider im Original nicht mehr auffindbar. Seltsamerweise gibt es davon nur die Kopie eines verschwommen und nicht lesbaren Papierstücks!“
Wortgefecht der Anwälte
An dieser Stelle angemerkt sei, dass zu Beginn des vierten Verhandlungstages ein Zeuge per Video aus einem deutschen Gericht in den Saal 1 des Landesgerichts Eisenstadt zugeschaltet war, sich an die Ereignisse vor 16 Jahren kaum mehr erinnern konnte. Im Rahmen dieser Einvernahme kam es aber neuerlich, wie bereits in vorangegangenen Verhandlungen, zu einem emotionalen Wortgefecht zwischen Verteidiger des Angeklagten und dem Opfer-Anwalt. Letzter verkündete dann vor Richterin Mag. Doris Halper-Praunias: „Die Vorwürfe gegen mich sind eine Frechheit. Ich werde Strafanzeige erheben und klagen. Das lasse ich mir nicht gefallen. Zudem verhält sich mein Kollege standeswidrig!“
12 Monate bedingte Haft
Abschließend folgte vom Advokat des Angeklagten ein gut 20-minütiges Plädoyer mit eingefordertem Freispruch in allen Punkten, ehe sein Mandant selbst das Wort ergriff und verlautbarte: „Das wird länger dauern!“ Über satte 40 Minuten zog sich die Rede des Burgenländers, um ebenfalls einen gänzlichen Freispruch zu verlangen. Dem kam der Schöffensenat nicht nach und verkündete nach kurzer Beratung einen Schuldspruch wegen schwerer Nötigung und gefährlicher Drohung mit 12 Monaten bedingter Haft. Von Betrug und Erpressung wurde der Burgenländer „im Zweifel“ freigesprochen, weil, laut Vorsitzender, eine Bereicherungsabsicht nicht eindeutig nachzuweisen war. Da sowohl Verteidiger als auch Staatsanwalt drei Tage Bedenkzeit erbaten, ist der Senats-Spruch nicht rechtskräftig. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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