Lokalaugenschein am Neubau
Hellblaues Auge für den Handel
Wie geht’s den Geschäftsstraßen seit der Öffnung des Handels? Die bz hat sich am Neubau umgehört.
NEUBAU. "Wahrscheinlich darf man das eh gar nicht laut sagen: Aber wir sind mit einem hellblauen Auge davongekommen." Michael Reishofer, Obmann der Unternehmer der Westbahnstraße, äußert sich recht vorsichtig, wenn es um den Status quo geht. Damit ist er – soviel vorweg – nicht allein, wenn man sich im Bezirk nach dem Leben nach der Öffnung des Handels erkundigt.
"Bei uns plätschert es so dahin. Zusperren musste aber meines Wissens niemand wegen Corona", so Reishofer, der selbst das "Sehprojekt" betreibt. Sicher, die Gastro fehlt und auch die "Schauer" und "Gustierer". Trotzdem: "Man muss schon sagen, dass wir im Bezirk bissi in einer Blase leben – die Realität sieht anders aus. Es gibt Betriebe, denen es viel schlechter geht."
Backwut als Rettungsanker
Über zu wenig Kunden kann auch Barbara Sickenberg, Obfrau der IG Siebensternviertel, nicht klagen. Ihr "Geschirr Niessner", seit 160 Jahren ansässig in der Kirchengasse, boomt dank Corona-bedingter Kochwut der Wiener. "Wir gehören zu den ganz wenigen begünstigten Branchen. Eigentlich geht’s uns sehr gut, wenn man das überhaupt so sagen darf."
Click and Collect im Lockdown hat das Geschäft über Wasser gehalten, auch jetzt wird so manche Pfanne von Sickenberg persönlich – zu Fuß oder mit den Öffis – ausgeliefert. "Unsere Stammkunden halten uns die Treue. Die Gastro fehlt allerdings sehr, da muss bald was passieren. Aber zugesperrt hat niemand bei uns wegen Corona."
Fußgängerzone gefordert
Halbvoll statt halbleer ist auch das Glas bei Neubaugassen-Obmann Kurt Wilhelm. "Die Stimmung ist gut. Und man hält halt jetzt noch mehr zusammen im Grätzel: Geh ich zum Frisör ums Eck, kommt der im Gegenzug auch mal zu mir", so Wilhelm, selbst Chef von "Wald & Wiese" für Honig- und Trüffelspezialitäten.
Geschafft haben es auf der Einkaufsstraße aber nicht alle: „Gastro und Mode hat’s erwischt, auch für Schuhgeschäfte sieht’s nicht gut aus.“ Dennoch ist die frisch umgestaltete Neubaugasse relativ gut durch den Lockdown gekommen: „Wir hatten eine Frequenz wie an einem ‚normalen‘ Sonntag. Eine Fußgängerzone am Samstag, also dass eben der Bus nicht fährt, würde noch den Boost bringen, den wir brauchen.“
Kämpferisch gibt sich auch Markus Frömmel, Chef der Kaiserstraße – obwohl die "Spontan-Einkäufer natürlich fehlen", wie der Konditor meint. Den Kopf in den Sand stecke aber keiner, so Frömmel: "Im Café Europa dürfen Studenten der Bildenden ihre Abschlussarbeiten ausstellen, das Maschu Maschu ist jetzt ein Lerncafé und das Café 1070 hat ein neues Shop-im-Shop-Konzept – man probiert alles, um zu überleben."
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