Hauptversammlung voestalpine
"Die Kommunikation hätte besser laufen können"
In der voestalpine-Hauptversammlung nimmt das Unternehmen erstmals selbst Stellung zu den geschönten Bilanzen. "Die Kommunikation hätte besser laufen können", gibt man sich selbstkritisch. Der Vorfall habe die voestalpine jedoch in ein falsches Licht gerückt. Den Schaden in Form von zu viel gezahlten Steuern beziffert Eibensteiner als "mittleren einstelligen Millionenbetrag". Die Aufarbeitung würde nochmals 1,5 Millionen Euro kosten.
LINZ. Der Saal im Design Center Linz zu etwa zwei Drittel gefüllt. Rund 800 Aktionärinnen und Aktionäre haben sich dort zur 32. Hauptversammlung des voestalpine-Konzerns eingefunden. Der Großteil scheint aus ehemaligen Mitarbeitern zu bestehen – unter ihnen auch die ehemaligen Vorstände Robert Ottl und Peter Schwab, die das Unternehmen letztes Jahr auf eigenen Wunsch nach Vertragsablauf verlassen haben. Im Foyer ist bereits alles für das anschließende Buffet vorbereitet. Nach einleitenden Worten des Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Eder übernimmt Konzernchef Herbert Eibensteiner und geht umgehend auf den sprichwörtlichen Elefanten im Raum ein – die kürzlich bekannt gewordenen Bilanzfälschungen in einer deutschen Gesellschaft der Division "Metal Forming".
Eibensteiner: "So sind wir nicht"
Diese hätten die voestalpine in ein falsches Licht gerückt. "So sind wir nicht", zitiert Eibensteiner den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Erstmals bezieht die voestalpine nach einem Monat selbst Stellung zu den Fehlbuchungen in Höhe von 100 Millionen Euro. Man habe das Problem selbst identifiziert, sofort reagiert und unverzüglich mit der Aufarbeitung begonnen, stellt Eibensteiner gleich eingangs klar. Im Februar 2024 habe das konzerninterne Controlling die von mindestens zwei Personen "bewusst ergebnisverbessernden Fehlbuchungen" in einer deutschen Gesellschaft festgestellt und umgehend den Vorstand informiert. Die breite Öffentlichkeit wollte man erst nach Abschluss der Untersuchungen informieren, um "keinen Raum für Spekulationen zu geben". Im Nachhinein gesteht der voestalpine-Chef jedoch Fehler in der Kommunikation ein, betont jedoch korrekt im rechtlichen Sinn informiert zu haben. Auf die Ausführungen folgt Applaus, Eibensteiner ist sichtlich erleichtert.
Vorstand will mögliche "zu hohe Boni zurückzahlen"
Fragen, die sich wohl viele der Aktionäre stellten, brachte schließlich Florian Beckermann, Präsident des Interessenverbandes für Anleger (IVA) in der um fünf Minuten vor zwölf eröffneten Generaldebatte vor. Dieser vertritt rund 34 Millionen Anteile von Kleinanlegerinnen und -anlegern: Wie konnte das passieren, wie hoch ist der entstandene Schaden und was kostet die Aufarbeitung? Mittlerweile hat sich der Saal bereits deutlich geleert. Das Buffet ist eröffnet. Laut Eibensteiner hätte das Unternehmen durch die Fehlbuchungen zu hohe Steuern im mittleren, einstelligen Millionenbetrag gezahlt. Zurückforderbar wären diese nicht mehr. Für die Aufarbeitung rechnet er mit rund 1,5 Millionen Euro an Beratungskosten. "Etwaige zu hohe Boni zahlen wir zurück", betont Eibensteiner. Ein Auskunftsersuchen der Finanzmarktaufsicht (FMA) sei eingetroffen, bestätigt Eibensteiner ebenfalls auf Nachfrage von Beckermann. Dieses werde man "fristgerecht beantworten".
Konzern zu keinem Zeitpunkt gefährdet
Für Eder ist die Aufregung um die Fehlbuchungen nicht ganz nachvollziehbar. "Die Dimension der Bilanzschönung stehe in keiner Relation zu der in den letzten Wochen verbreiteten Stimmung" so der Aufsichtsratsvorsitzende. Die Causa habe lediglich eine von rund 300 Gesellschaften betroffen. Die 100 Millionen Euro hätten sich über einen Zeitraum von zwölf Jahren angesammelt – im Durchschnitt also nur 8,3 Millionen Euro pro Jahr ausgemacht. Zu keinem Zeitpunkt sei der Konzern gefährdet gewesen, am Aktienmarkt habe es keine "nennenswerten Bewegungen" gegeben. Mittel seien definitiv keine abgeflossen. Einen Anlass, die internen Kontrollsysteme infrage zu stellen, sieht Eder deshalb nicht. Aber auch er muss zugeben: "Die Kommunikation hätte besser laufen können."
Eder will 2027 aus Aufsichtsrat ausscheiden
An den Aufsichtsrat hat Beckermann noch weitere kritische Fragen. Etwa um die ungewöhnliche Höhe der Nebenkosten im vergangenen Jahr. Diese hätten 450.000 Euro ausgemacht. Eder erklärt diese mit einem Auslandsaufenthalt des Aufsichtsrats in Chicago – dieser würde alle drei Jahre einen Standort besuchen (160.000 Euro) sowie mit Beratungskosten rund um die Neubestellungen (240.000 Euro). Im kommenden Jahr sollen die Nebenkosten wieder unter 100.000 Euro liegen. Eder wird übrigens nur mehr eine verkürzte Periode im Aufsichtsrat verbleiben und seine Funktion 2027 zurücklegen.
Nur ein Stück vom Kuchen
Zu diesem Zeitpunkt ist fast niemand mehr im Saal – Ex-Vorstand Ottl samt Sohn harrt aber noch aus.. Der Hunger hat den Großteil der Aktionärinnen und Aktionäre längst zum Caseli-Buffet gelockt. Mittlerweile ist es schon weit nach 13 Uhr. Es gibt Nudeln mit Rindfleisch oder wahlweise Gemüsesugo. Als Dessert darf man sich zwischen einer Linzerschnitte und Rhabarberkuchen entscheiden – aber für jeden nur ein Stück, da ist man dieses Jahr streng.
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