Interview
"Die Not in Indien ist kaum vorstellbar"
Wir haben mit Hannelore Richtsfeld vom Verein Sambhali Austria über die Corona-Lage in Indien, ihre Faszination für das Land und über Hilfe aus Linz gesprochen.
LINZ. Der Verein Sambhali Austria wurde Anfang 2013 in Linz gegründet und unterstützt Projekte der indischen Hilfsorganisation „Sambhali Trust“ für mittellose und schutzbedürftige Frauen und Kinder.
Was fasziniert Sie an Indien?
Hannelore Richtsfeld: Indien ist ein Land der Vielfalt und ein Land der Gegensätze. Die indische Kultur, die Geschichte, die Philosophie, Musik und Tanz, die bunten Farben, die intensiven Düfte, die scharfen Gewürze, die unvergleichliche Landschaft vom Himalaya bis zum tropischen Süden üben eine starke Faszination aus.
Wie ist es zur Vereinsgründung gekommen?
Unsere Obfrau Ernestine Badegruber lernte 2008 bei einer Reise das Projekt des Sambhali Trusts in Jodhpur – der zweitgrößten Stadt Rajastans in Nordindien – kennen. Dort begann Govind Singh Rathore 2006, Frauen und Mädchen aus den untersten Kasten in privaten Räumlichkeiten zu unterrichten. Ernestine war sofort vom Herzblut des Gründers und seiner Mission begeistert und das war der Initialfunke zur Gründung des Vereins.
"Hier geboren zu sein, ist ein Privileg"
Warum engagieren Sie sich für die Menschen dort?
In Österreich geboren zu werden, ist für mich persönlich ein unglaubliches Privileg. Wie selbstverständlich ist es für uns, Schulbildung zu erhalten, Kranken-, Sozial-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung zu haben, den Partner und die Partnerin frei wählen zu dürfen, als Alleinerziehender unterstützt und als Witwe nicht von der Gesellschaft geächtet und ausgestoßen zu werden – nicht so in Indien.
Was macht der Verein hier in Österreich?
Sambhali Austria ist es ein Herzensanliegen, besonders Ausbildungsprogramme für Frauen und Schulpatenschaften zu fördern sowie das SOS-Nothilfefonds-Projekt, den Ausbau der Nähzentren und den Verkauf der Produkte wie Stofftiere, Kleidung und Accessoires. Wir vermitteln auch Volontariate vor Ort. Der Großteil der Vereinsarbeit sind Infoveranstaltungen, Verkaufsaktionen oder Besuchsprogramme. Seit Ausbruch der Pandemie sind wir in unseren Aktivitäten aber eingeschränkt.
Wie ist die Lage in Indien?
Durch den Lockdown wurde vielen Familien über Nacht die spärliche Existenzgrundlage entzogen. Die Infektionszahlen steigen täglich. Es ist kaum vorstellbar, in welcher Not und in welchem Elend die Menschen leben. Es gibt zu wenig Spitalsbetten, Tagelöhner haben jegliches Einkommen verloren. Viele Mütter wissen nicht mehr, wie sie ihre Kinder ernähren sollen. Witwen stehen ohne familiäres Netz da. Zudem verschärft sich die Situation der Frauen massiv durch häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Armut und Hungersnot.
"Die Situation hat sich dramatisch verschlechtert"
Wie wird vor Ort geholfen?
Mit der "Sambhali Food Bank" wurde ein großes Lebensmittel-Hilfsprogramm ins Leben gerufen. Es gibt aber auch Bewusstseinsbildung und Hilfe bei der Registrierung zur Impfung. Für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, wurde ein Stützpunkt geschaffen, wo sie Zuflucht und Unterstützung bekommen. Sambhali Austria hat bereits im Vorjahr einen Spendenaufruf gestartet. Die Situation hat sich aber dramatisch verschlechtert.
Was kann man beitragen?
Bereits mit nur 1,50 Euro pro Tag oder 50 Euro pro Monat kann eine ganze Familie ernährt werden. Man kann auch eine Patenschaft übernehmen. Mit nur 64 Cent am Tag geben Sie Kindern die Chance auf eine bessere Zukunft. Als Patin oder Pate unterstützen Sie ein Kind mit 230 Euro pro Schuljahr.
Mehr Informationen unter sambhali.at
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