Interreligiöse Begegnung rund ums Fasten
Unter dem Motto „Was ich schon immer fragen wollte“ tauschten Frauen aus Judentum, Christentum und Islam vor Kurzem im Haus der Frau in Linz ihre Erfahrungen zum Thema Fasten aus.
Die grundlegenden Anliegen der Fastenvorschriften und -gebote aller drei Religionen sind gleich. Fastenzeiten oder Fasttage haben das Ziel, sich auf das Wesentliche im Leben zu beschränken und sich darauf zu konzentrieren. Religiös motiviertes Fasten ist eine Auszeit, um die eigene Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen zu reflektieren, zu festigen und bewusster zu gestalten. Während des Fastens wird mehr gemeinsam gebetet und Zeit mit der Familie verbracht. Fasten wird grundsätzlich als Stärkung erlebt. Gemeinsames Fasten in Familien oder in Gruppen ist leichter. Verbunden mit dem einfacheren Leben soll in jeder Religion für sozialen Ausgleich gesorgt werden, indem Spenden an Hilfsorganisationen, Projekte, oder direkt an Bedürftige gegeben werden. Ausgenommen vom Fasten sind Kinder, Schwangere, Kranke, alte Menschen und Reisende. Auch wer Schwerstarbeit leistet, muss nicht fasten.
Gemeinsame Wurzeln und verschiedene Entwicklungen
Fastenvorschriften und -gebote aller drei Religionen haben ihre Wurzeln im Judentum und somit in der Tora beziehungsweise im Alten Testament. Die genauen Vorschriften und Gebote sowie die Fastenzeiten sind jedoch verschieden. Die tatsächliche Umsetzung ist überall davon abhängig, wie streng sie befolgt und regional unterschiedlich interpretiert werden.
Der wichtigste und strengste Fasttag im Judentum ist der Versöhnungstag Jom Kippur. Es wird 25 Stunden durchgehend unter anderem auf Nahrung und Getränke verzichtet. Gefastet wird auch zum Pessach-Fest. Es werden nur bestimmte Speisen gegessen, zum Beispiel ungesäuertes Brot. Aus der jüdischen Tradition des Pessach-Festes entwickelte sich das christliche Osterfest.
Im katholischen Christentum waren die Fastenvorschriften vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) sehr streng. Vor dem Kommunionempfang durfte nicht gefrühstückt werden. An Freitagen wurde grundsätzlich kein Fleisch gegessen. Gefastet wurde in Advent- und Fastenzeit als Vorbereitung auf die großen Feste Weihnachten und Ostern. Erlaubt war nur eine einmalige Sättigung. Die Buß- und Fastenzeit vor Ostern beginnt mit dem Aschermittwoch und dauert 40 Tage. Heute gelten der Aschermittwoch und der Karfreitag als strenge Fasttage. An den anderen Tagen ist es den Menschen frei gestellt, auf bestimmte Genüsse zu verzichten, die einem normalerweise wichtig sind (Kaffee, Alkohol, Süßigkeiten, Social Media,…). Angeleitete Fastenwochen werden in Klöstern und Pfarren angeboten.
Im Islam ist der Ramadan die wichtigste Fastenzeit. Nach einem nächtlichen Frühstück wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Essen und Trinken verzichtet. Danach wird gemeinsam gebetet und das Fasten mit Wasser und Datteln gebrochen. Nächtliches Gebet spielt eine wichtige Rolle. Mit dem Fasten verbunden ist die Bitte, dass es von Gott angenommen wird und die Sünden vergeben werden. Streit soll vermieden werden.
Wertschätzendes Kennenlernen
Die Veranstaltungsreihe „Jüdinnen – Christinnen – Musliminnen: Interreligiöse Begegnung für Frauen“ wird bereits das dritte Jahr in Folge im Haus der Frau in Linz angeboten. Ziel ist ein wertschätzendes und respektvolles Kennenlernen der drei Religionen, die bei den Frauentreffen zusammenkommen. Vertrauen und eine angenehme Atmosphäre schaffen hierfür die Basis. Am 15. April wird zur Exkursion nach Wien geladen. Dort stehen ein Besuch des Jüdischen Museums, einer Orthodoxen Kirche und einer Moschee auf dem Programm. Anmeldung beim Haus der Frau Linz.
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