Ein Liebeslied im Schatten eines turbulenten Lebens

Ein geniales Paar: Sona MacDonald und Tonio Arango | Foto: Moritz Schnell
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Man muss lange zurück gehen, wenn man das Phänomen Sona MacDonald verstehen will. Es muss im Jahr 1985 gewesen sein, als ich Hans Piesbergen bei einem Radiointerview kennen-lernte. Er war jung, ich war jung. Wir freundeten uns an. In der Wiener Arena inszenierte Meret Barz „Frühlingserwachen“. Es war die Zeit, in der ich mich von meinen spießigen Eltern emanzipierte. Ich zog mit den Schauspielern durch die Stadt, eine Sozialisierung, die meinem Seelenleben gut tat. Eine wunderbare Epoche. Die leider zu Tode getretene Broadway Piano Bar unter der Ankeruhr war bald Treffpunkt der jungen Clique. Bela Koreny, Prinzipal des Etablissements und selbst hervorragender Konzertpianist, war ein offener, großzügiger Mensch und der Musik naturgemäß sehr zugetan. So entstand die Idee, auf engstem Raum die „Dreigroschenoper“ aufzuführen. Eine weitere Theater-Verrückte sollte ich dort kennenlernen: Sona MacDonald. Es ist bis heute eine herzliche Fernbeziehung - seit mittlerweile 30 Jahren. Die Treffen mit ihr arten immer wieder zu Meetings der SchauspielerInnen mit Diskussionen über die aktuelle Vorstellung aus. „Gott, war die grottenschlecht“, (Namen sind Schall und Rauch), "der ist ein arroganter Arsch“ und so weiter. Egal, wir schätzen einander und halten Kontakt.

Ich gehe gerne in die Kammerspiele, besonders wenn Sona wieder einmal eine Glanzrolle abliefert. Die Göttliche singt und spielt diesmal in der "Lenya Story". Als sie „Und der Haifisch, der hat Zähne“ intoniert, kommen Reminiszenzen an die Aufführung von Kurt Weills "Dreigroschenoper" in unserer kleinen Piano Bar auf. An der Leidenschaft Sonas hat sich nix geändert. Sie hat einen Rollentypus erarbeitet, der sie unvergleichlich macht. Ob im Burgtheater in „Spatz und Engel“, bei den Salzburger Festspielen in „Mackie Messer", oder in den Kammerspielen in "Blue Moon", „Der blaue Engel“ und jetzt in der „Lenya Story“ - ein Liebeslied.

In der Rolle der Lotte Lenya führt sie uns durch die Zeitgeschichte. Immer an der Seite von Kurt Weill durchlebt die Sängerin ein turbulentes Leben. Wohl mit dem jüdischem Komponisten verheiratet, fand sie immer wieder Gelegenheiten für diverse Affären. Doch das Schicksal hat die beiden zusammengeschweißt. Dem Naziterror entflohen blieb Lenya die Hoffnung an eine Rückkehr, die sie aber erst nach dem Tod Weills vollzog. „Wie lange noch“ singt sie, beklagend, dass die Heimat von der braunen Brühe verseucht ist. Weill hingegen wollte nur mehr als amerikanischer Komponist gesehen werden, er hatte mit Deutschland gebrochen. In Amerika hatte er Erfolg, war Mitglied einer geachteten Gesellschaft, schrieb Film- und Musicalmusik. Er war ein gefragter Komponist. Lotto Lenya hielt das Erbe Weills nach dessen Tod hoch, wurde ein Star im US-Filmestablishment, erhielt auch einen Oscar und trug sich schließlich als Ex-KGB-Offizierin Rosa Klebb in „Liebesgrüße aus Moskau“ ins James Bond-Register ein. Im Theater spielte sie in den 1960-er Jahren in der Uraufführung des Musicals „Cabaret“ die Rolle des Fräulein Schneider.
Torsten Fischer war wieder einmal als Regisseur der richtige Mann am richtigen Platz. Er verlangt Sona MacDonald und dem ausgezeichneten Tonio Arango - in der Rolle des Kurt Weill - alles ab. Die schräge Bühne (Herbert Schäfer) ist das eine, der herausfordernder Gesang das andere. Beides gelingt in der Premiumklasse: Humor, Tragik, Gesang, Leidensfähigkeit und Vitalität - jede Regung verlangt ein anderes Gesicht.

Die Combo unter der Leitung von Christian Frank trägt einen erklecklichen Teil zum Triumph der Aufführung bei. Bravissimo!!!

Next: 8.5.2017

Infos und Tickets: www.josefstadt.org

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Fast zeitgleich präsentierte Direktor Herbert Föttinger das Programm 2017/18. Da sind einige Leckerbissen dabei. Ein Auszug: Shakespeare in Love (deutschsprachige Erstaufführung), Professor Bernhardi, Terror im Haupthaus, Maria Stuart, Suff (Uraufführung), Madame Bovary sowie Der Garderobier in den Kammerspielen. Dazu gibt’s Abos, die Josefstädterkarte und natürlich Einzelkarten. Man darf sich auf eine spannende Saison freuen. Infos und Tickets siehe oben. Föttinger im Gestaltungtaumel. Uns - dem Publikum - kann’s Recht sein.

Reinhard Hübl

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