Interview
Kufsteiner Abfallberater: "Jeder Bürger kann etwas für Klimaschutz tun!"
Wie steht es um das Umweltbewusstsein im Bezirk Kufstein? Wie diszipliniert wird in der Region weggeworfen und wo ist noch Luft nach oben? Darüber haben die BEZIRKSBLÄTTER mit dem Abfallberater für den Bezirk Kufstein, Manfred Zöttl, gesprochen.
KUFSTEIN (bfl). Der Abfallberater für den Bezirk Kufstein und Beirat des Umweltvereins Tirol, Manfred Zöttl, spricht im Interview mit den BEZIRKSBLÄTTERN über Umweltbewusstsein und Müllvermeidung im Bezirk Kufstein.
BEZIRKSBLÄTTER: Die Stadt Kufstein wurde mit ihrem Projekt „Sauberes Kufstein“ 2015 zur „Saubersten Region Österreichs“ gekürt. War das berechtigt?
Manfred Zöttl: Ich denke schon, dass das berechtigt war. Kufstein tut sehr viel für das Stadtbild – dabei sind natürlich Müllentsorgung und -trennung einer der wichtigsten Teile. Wir haben damals auch einen Katalog vorgelegt mit über 15 Aktivitäten, die wir durchgesetzt haben – von den Hundesackerln bis zu gemeinsamen Aktionen mit Schülern. Ich bin mittlerweile im ganzen Bezirk in den Schulen unterwegs und mache dort Abfallberatung – dies auf eine spielerische Art. Und seit dem 1. Jänner 2020 bin ich Klimabeauftragter des Bezirks Kufstein.
BB: Kufstein hat im Juli 2019 als erste Tiroler Gemeinde den Klimanotstand ausgerufen. Eine noble Geste. Aber was ist davon geblieben? Hat man hier schon etwas umgesetzt?
Zöttl: Es werden sicherlich seitdem immer wieder Aktionen umgesetzt und gestartet. Wir müssen aber auch in unseren Einrichtungen, wie dem Recyclinghof einfach umdenken und noch klimafreundlicher Arbeiten.
BB: Wie ist das das Umweltbewusstsein im Bezirk Kufstein heute?
Zöttl: Das Umweltbewusstsein ist mit dem heißen Thema Klimaschutz momentan irrsinnig gestiegen. Es gibt immer mehr Anrufer, die fragen, was sie für das Klima tun können. Es gibt hier zum Beispiel 17 Tools, die das Klimabündnis vorgibt – ich glaube, dass sich damit jeder Bürger beteiligen kann und etwas für den Klimaschutz tun kann. Das beginnt mit der Mülltrennung und der Müllvermeidung. Es ist erschreckend wie viele Lebensmittel heute noch in der Mülltonne landen. Laut der letzten Analyse wirft jeder Bürger im Bezirk Kufstein 25 Kilogramm an Lebensmitteln pro Jahr weg. Das ist schon eine Riesenmenge, denn diese Berechnung ist auf die Einwohner bezogen – damit sind Kleinkinder auch mit eingerechnet, die ja an und für sich selbst nichts wegwerfen.
Wir haben im Bezirk Kufstein eine große Müllanalyse machen lassen. Wir haben gesehen, dass fast 17 Prozent, zum Teil originalverpackte Lebensmittel in den Müll geworfen werden. Rund 300 Euro wirft jeder Bürger damit im Schnitt weg. Hier haben wir gerade über Weihnachten versucht Aufklärungsarbeit zu betreiben. Was alleine zu Weihnachten sinnlos gekauft wird, ist brutal. Das hat auch viel damit zu tun, dass die Menschen der Meinung sind, dass Lebensmittel nach Ablauf des Mindeshaltbarkeitsdatums abgelaufen sind. Aber was dort steht, ist nur eine empfohlene Aufbrauchsfrist. Wenn das Lebensmittel richtig gelagert wird, kann man es auch oft noch 14 Tage später weiterverwenden. Das sicherste Mittel zur Feststellung, ob Lebensmittel noch gut sind, ist die Nase, dass man riecht und prüft ob das Lebensmittel schimmlig ist oder nicht.
BB: Machen die "Fridays for Future"-Proteste Sinn?
Zöttl: Ich habe mich gerade gestern mit zwei Jugendlichen getroffen, die sich für "Fridays for Future" einsetzen wollen. Ich finde das ganz toll, dass zwei 16- bzw. 17-Jährige sagen: "Wir tun etwas fürs Klima". Es gibt natürlich viele Gegner, die sagen, die junge Leute protestieren nur, damit sie schulfrei haben. Ich empfinde das nicht so. Ich denke, wenn nun niemand ein Zeichen setzt, ist es viel schlimmer.
BB: Wie sieht es mit der Mülltrennung im Bezirk aus? Wie gut wird in der Region getrennt?
Zöttl: Das ist ein zweischneidiges Schwert. Die Kufsteiner Bürger trennen sicher sehr gut, nur in den großen Wohnanlagen, wo man Müll anonym entsorgen kann, funktioniert die Trennung noch am schlechtesten. Aber im großen und ganzen ist die Mülltrennung im Bezirk sicher nicht schlecht.
Beim Glasabfall haben wir generell sehr wenig Fehlwürfe. Aber natürlich passiert es schon immer wieder, dass bei den Dosen oder beim Papier auch Müll mit hineingeworfen wird. Die Leute gründen mittlerweile übrigens auch Fahrgemeinschaften zum Recyclinghof, um Autofahrten einzusparen – das beobachten wir immer mehr.
BB: Was kann jeder einzelne von uns tun um Müll zu vermeiden und nachhaltiger zu werden?
Zöttl: Momentan wir ja zum Beispiel diskutiert ob man den Plastikflaschenpfand einführt oder nicht. Ich würde es sehr begrüßen, wenn der kommt. Ich bin mir sicher, dass dann nicht mehr so viel Verpackungsplastik in die Natur geworfen wird. Auch diskutiert wird der Dosenpfand. Als Abfallberater sieht man es sowieso nicht so gerne, dass viele Dosen in Umlauf gebracht werden. Die Dose ist ein sehr schädliches Produkt, das in der Herstellung schon viele umweltschädliche Stoffe freisetzt. Kufstein ist jetzt sehr bemüht, viele Veranstaltungen als Green Events auszurichten. Gerade bei einem Green Event sind Dosen komplett verboten.
Man muss aber auch so ehrlich sein und sagen: "Wir werden in der nächsten Zeit nicht ohne Plastik auskommen". Aber man kann sehr viel einsparen.
BB: Wer produziert im Bezirk am meisten Müll?
Zöttl: Die großen Städte produzieren in der Regel viel mehr Müll. In den kleinen Gemeinden ist die Mülltrennung natürlich besser als in den großen Städten – dort ist man anonym. Wir in Kufstein haben immer noch siebzig Sammelstellen, wo man Papier und Dosen trennen kann. In den kleinen Gemeinden verschwinden diese leider immer öfter.
BB: Wie viele Tonnen an Müll werden jährlich entsorgt? Wie viel Plastik?
Zöttl: Im Jahr haben wir im Bezirk Kufstein 14.000 Jahrestonnen Restmüll. Bei den Plastikverpackungen hat momentan jeder drei Kilogramm pro Jahr entsorgt. Wir hoffen, dass das zurück geht.
BB: Viele Menschen lehnen sich zurück und sagen wir im Bezirk Kufstein sind nicht für das Mikroplastik in den Meeren verantwortlich. Kann man das so stehen lassen?
Zöttl: Nein, denn es kann jeder etwas dagegen tun. Das fängt bei der Wiederverwendung von Einwegflaschen. Mikroplastik ist natürlich auch in vielen Schampos und in der Zahnpasta. Diese Produkte kann man durch einen gezielten Einkauf umgehen – hier gibt es sogar eine eigene App dafür.
BB: Welche Maßnahmen für ein umweltbewussteres und nachhaltigeres Leben laufen derzeit in Kufstein, welche sind für die Zukunft geplant?
Zöttl: Das Kultur Quartier hat das Umweltzeichen bekommen, bei den Schulen haben schon zwei das Umweltzeichen bekommen. Wir haben auch schon Anfragen von privaten Gastronomen, die ihr Lokal oder Hotel auch umweltfreundlich betreiben wollen. Da sind wir nun gerade dabei, mit dem Klimabündnis zu eruieren, was das den Gastronomen kosten würde. Da tut sich momentan schon sehr viel. Wir werden mit Sicherheit auch noch im Herbst eine Klimaveranstaltung in Wörgl machen. Wir sind auch vom Abfallverband her sehr daran interessiert noch mehr Öffentlichkeitsarbeit zu machen.
Das Interview führte Barbara Fluckinger.
Mehr zum Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit finden Sie hier.
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