UVP
Bürgerinitiative Schwoich verlangt Prüfung von Deponieplänen
Firma Rohrdorfer reichte konsolidierten Antrag für Baurestmassendeponie ein. Nach Ende der Auflagefrist fordert die Bürgerinitiative Schwoich vom Land nun eine Umweltverträglichkeitsprüfung.
SCHWOICH, SÖLL. Die Projektunterlagen lagen wieder öffentlich in der Gemeinde auf: Die Firma Rohrdorfer Umwelttechnik GmbH plant auf Grundstücken in Schwoich sowie Söll, eine Baurestmassendeponie zu errichten. Nach einem Rückzug im Jahr 2020 folgten weitere Überarbeitungen und eine weitere Einreichung eines Antrags im Juli 2021. Dieses Prozedere wiederholte sich nun. Die Firma hatte erneut eine konsolidierte Fassung des Antrags beim Amt der Tiroler Landesregierung eingereicht. Bis 28. Juli bestand die Möglichkeit für Bürger, Stellungnahmen abzugeben.
Rohrdorfer: "Deutliche Verbesserung"
Rohrdorfer hat dabei mehrere Punkte abgeändert. Aus Sicht der Firma würden sich damit deutliche Verbesserungen für Schwoich ergeben.
"Vor allem beim Thema Windverfrachtung sind wir umfassend auf die Verbesserungsvorschläge der Sachverständigen in Abstimmung mit der Verfahrensleitung eingegangen",
so die Firma in einer Stellungnahme. Rohrdorfer hat die Sammlung von Windmessdaten (mit einer 1-Jahres-Messung an einer exponierten Stelle) der ZAMG im Deponiegelände berücksichtigt, das Bewässerungskonzept für Anfahrtswege und offenen Schüttflächen optimiert und die Schaffung von Ersatzflächen, die für den Naturschutz wichtig sind, vorgesehen.
Der Genehmigungsantrag beinhaltet nach wie vor keine asbesthaltigen Stoffe und keine Gefahrenstoffe. Rohrdorfer will zudem jährlich dem Schwoicher Gemeinderat offenlegen, welche Abfallarten angenommen wurden.
Schwoich verlangt Prüfung
Für die Mitglieder der Bürgerinitiative Schwoich bleibt das Vorhaben jedoch weiterhin ein rotes Tuch. Mehr als 300 Anrainer und Anrainerinnen sowie die Gemeinde Schwoich brachten nach Ende der Auflagefrist nun jeweils ein Schreiben an Landeshauptmann Anton Mattle ein. Dieser sei nach dem Abfallwirtschaftsgesetz die zuständige Behörde, so die Argumentation der Schwoicher. Die beiden Kritikpunkte: es sei einerseits keine Umweltverträglichkeitsprüfung geplant, andererseits werde das Projekt immer wieder geändert. Darüber hinaus plane derselbe Betreiber in unmittelbarer Nähe eine Erweiterung für eine Deponie, die mit dem zeitgleich eingebrachten Projekt in Zusammenhang stehe.
"Nicht nachvollziehbar"
Rechtlich vertreten werden die über 300 Anrainer von Rechtsanwalt Wolfram Schachinger. Er verdeutlicht ihre Forderung nach einer UVP-Prüfung – diese solle amtswegig von der Landesregierung (als UVP-Behörde) und vom Umweltanwalt eingeleitet werden.
„Es ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar, wieso bis jetzt keine amtswegige Prüfung der UVP-Pflicht durch die Landesregierung vorgenommen wurde und auch der Umweltanwalt des Landes Tirol diese nicht eingeleitet hat",
so Schachinger.
Der Bedarf für die Deponie werde damit argumentiert, dass "keine vergleichbare Deponie im Nahbereich" bestehe. Der Projektwerber lasse aber offen, woher der Müll stammt. Schwoich könne nicht das Müll-Endlager für "ganz Österreich und Deutschland" werden. Schachinger vergleicht das Projekt mit einer "unausgereiften Mogelpackung". Aufgrund der ständigen Projektänderungen sei nicht wirklich nachvollziehbar, was nun tatsächlich zur Genehmigung beantragt wird.
Prüfungspflicht "ausgelöst"
"Das Vorhaben erreicht schon für sich allein betrachtet die Auslöseschwelle für eine UVP-Prüfungspflicht. Tatsächlich hängt es auch mit einem Deponievorhaben derselben Betreiberin der rund 550m entfernten Deponie Matzing zusammen“, argumentiert der Rechtsanwalt in einer OTS-Aussendung.
Das Projekt unterliege im Sinne der Rechtsprechung des EuGHs schon für sich einer UVP-Pflicht, argumentieren die Schwoicher gemeinsam mit Schachinger. Zusätzlich stehe es auch im Zusammenhang mit einem weiteren Projekt – auch dadurch werde die UVP-Prüfpflicht ausgelöst, für die wiederum die Tiroler Landesregierung zuständig wäre.
Umweltanwaltschaft: "Keine Behörde"
Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer betont gegenüber den REGIONALMEDIEN KUFSTEIN, dass die Umweltanwaltschaft an sich keine Behörde sei, die ein UVP-Verfahren einleiten könne. Dafür seien je nach Fall die Bezirkshauptmannschaft oder die Abteilung Umweltschutz des Landes zuständig. "Wir haben in einem Verfahren nur Parteistellung, um die Interessen der Natur zu vertreten– nicht die Interessen der Anrainer", sagt Kostenzer. Das sei sehr klar definiert und daran müsse man sich orientieren. Man sehe das aber auch immer im Kontext mit den Menschen, die in der Umgebung leben.
Kostenzer betonte aber auch:
"Ich kenne keine Deponie die gegen den artikulierten Wunsch der Gemeinde – ob sie eine Parteistellung hat oder nicht – ausgeführt wurde".
Man dürfe auch nicht vergessen, dass es grundsätzlich zahlreiche Notwendigkeiten für eine Deponie gebe. "Wir alle tragen dazu bei", sagt Kostenzer und nennt beispielsweise die Errichtung von Radwegen, Straßenprojekten oder Gewerbeflächen, bei welcher Material anfalle. Es brauche gut ausgewählte Standorte für Deponien. Hier sei man schon lange mit dem Land für eine überregionale Planung im Austausch.
Deponie notwendig
Laut der Firma Rohrdorfer sei der Standort am Eiberg in Schwoich deswegen so wichtig, weil die Baurestmassen derzeit teilweise bis nach Niederösterreich transportiert werden müssen – dies verbunden mit sehr hohem Transportaufwand und Kosten. Roman Höbinger (Geschäftsführung Rohrdorfer Umwelttechnik GmbH) betont, dass keine Abfälle aus dem Ausland in Schwoich gelagert werden würden. Auch weil dies wiederum mit höheren Kosten verbunden wäre. "Je regionaler die Aufbereitung und Deponierung, umso größer ist unser Interesse daran", so Höbinger.
Man wolle vor allem die Region versorgen, um dort anfallenden Bauschutt zu lagern, betont Kai Eisentopf (Prokurist, Rohrdorfer Sand und Kies GmbH). Sollte die Deponie nicht genehmigt werden, müsste Tirol sämtliche Baurestmassen in benachbarte Bundesländer bringen. In Schwoich könnte durch Nachnutzung eines bestehenden Betriebsareals (der Steinbruch) eine neue Deponie für die in Tirol anfallenden Baurestmassen in Betrieb genommen werden – ohne zusätzliche Eingriffe in die Natur, betont man seitens Rohrdorfer
Sichere Entsorgung
Höbinger weist zudem auf eine grundsätzliche Notwendigkeit von einer sicheren Baurestmassen-Entsorgung hin, auch was beispielsweise Asbest betrifft. Ein Asbest-Kompartiment ist auf Grund des erklärten Asbest-Verzichtes von Rohrdorfer nun in Schwoich kein Thema mehr. Es verschärfe sich aber in der Folge die Situation in Tirol, was die kontrollierte Lagerung für Asbestzementabfälle betrifft, erklärt Höbinger. Die schlechteste "Lagerung" von Asbest sei jene auf frei bewitterten Fassaden und Gebäuden, da dort unkontrolliert Fasern freigesetzt werden. .
So geht es weiter
Eingelangte Stellungnahmen werden nun gesammelt und dem Verfahrensleiter vorgelegt, der diese sortiert und nach Relevanz gewichtet. Auch die Firma Rohrdorfer selbst will Stellungnahmen im Rahmen der Parteistellung sichten und prüfen. Die Überprüfung aller Stellungnahmen wird dann einige Wochen in Anspruch nehmen. Seitens des Landeshauptmannes liegt den REGIONALMEDIEN KUFSTEIN noch keine Stellungnahme vor.
Am 17. und 18. Oktober 2023 soll dann die dazugehörige mündliche Verhandlung mit allen Parteien, die im Verfahren eine Stellung haben, in der Gemeinde Schwoich stattfinden. Bei diesem Termin wird auch das Projektteam der Firma Rohrdorfer vertreten sein.
Über die Deponie
Die geplante Baurestmassendeponie soll eine maximale Länge von rund 230 m und eine maximale Breite von rund 235 m aufweisen. Die Basisfläche liegt bei 9.000 m². die Böschungsflächen bei rund 30.650 m² – insgesamt spricht man hier also von 39.650 m². Das Schüttvolumen der Deponie wird mit 680.000 m³ veranschlagt, wobei die Deponie über maximal 20 Jahre betrieben werden soll, durchschnittlich könnten demnach pro Jahr 34.000 m³ an Baurestmassen (rd. 57.800 Tonnen) angeliefert werden. Pro Jahr sollen es jedenfalls nicht mehr als 45.882 m³ (rd. 78.000 Tonnen) sein. Die beantragte Gesamtkapazität liegt ebenfalls über 25.000 to.
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