Ärztemangel
Bezirk Kufstein ringt um Nachbesetzung bei Kassenstellen
Vor allem die Festungsstadt sucht Allgemeinmediziner und Fachärzte. Das Interesse an den ausgeschriebenen Stellen im ganzen Bezirk Kufstein ist derzeit laut Ärztekammer eher gering.
BEZIRK KUFSTEIN. Die Telefone laufen heiß, die Schlange vor der Anmeldung ist stets lange und der Warteraum ist umso voller. So kennen viele im Bezirk Kufstein das Prozedere des Arztbesuches dieser Tage.
Das Phänomen des Ärztemangels hat sich in Österreich ausgebreitet. Doch wie sieht es im Bezirk Kufstein aus? Ein Blick auf die zu besetzenden, freien Kassenarztstellen gibt darüber ein wenig Aufschluss. Allein für die Allgemeinmedizin werden laut Ärztekammer aktuell zum 1. Juli dieses Jahres (bzw. in einem Fall 2024) acht Stellen im Bezirk Kufstein ausgeschrieben.
Kufstein kränkelt bei Stellen
Was die Stellen für Allgemeinmedizin betrifft, so sind im Bezirk Kufstein zwei Stellen für Allgemeinmedizin in der Stadt Kufstein frei, eine in Söll – das bereits seit 2019 – und eine Stelle in Brixlegg oder Kramsach. Abgesehen von Innsbruck sucht keine weitere Bezirkshauptstadt in Tirol mehr als eine Stelle bei Kassenstellen für die Allgemeinmedizin. Damit ist Kufstein quasi ein Sorgenkind, was die allgemeinmedizinische Versorgung betrifft. Das bestätigt auch Kammeramtsdirektor Günter Atzl (Ärztekammer Tirol):
"Die großen Probleme sind die zwei unbesetzten Stellen der Allgemeinmedizin in der Stadt Kufstein, weil die schon lange unbesetzt sind und die anderen Ärzte hinsichtlich der Patienten 'übergehen'."
Laut Atzl bräuchte es in Kufstein nicht nur diese zwei Stellen, sondern noch zusätzliche. "Aber man kann nicht zusätzliche Stellen schaffen, wenn man weiß, dass keiner diese Stellen annimmt", so Atzl.
Weitere Stellen offen
In Wörgl sind zwar ebenfalls zwei Stellen für Allgemeinmedizin ausgeschrieben, jedoch wird eine davon erst Ende des Jahres frei. Die zweite ist "nur" für die "kleine" Sozialversicherung BVAEB ausgeschrieben. Auch in Bad Häring wird eine Stelle frei, jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt. Was die Facharztstellen betrifft, sind ebenfalls drei Stellen in Kufstein ausgeschrieben, dies für Augenheilkunde und Optometrie, für Haut- und Geschlechtskrankheiten und für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.
Insgesamt betrachtet sind derzeit fünf Stellen für Allgemeinmedizin und drei Facharztstellen unbesetzt. Damit befindet sich der Bezirk Kufstein mit einem rund 90 prozentigen Besetzungsgrad etwas unterhalb des tirolweiten Besetzungsgrades (rund 96 Prozent). Ob sich die Situation mit der laufenden Ausschreibung ändert und die Stellen überhaupt nachbesetzt werden können, ist ungewiss. "Aus derzeitiger Sicht ist das Interesse sehr überschaubar", erklärt Atzl. Obgleich man sich noch am Anfang der Ausschreibung befindet, zeigt er sich eher pessimistisch. Es schaue "nicht gut" aus.
Das schlägt die Kammer vor
Die Tiroler Ärztekammer hat dabei eine Reihe an Vorschlägen zur Verbesserung der Situation. "Nach dem Studium treten wir dafür ein, dass die Ärzte, die das Studium beenden, bei uns eine Jobgarantie bekommen", erklärt Atzl. Darüber hinaus spricht sich die Ärztekammer für ein attraktiveres Honorierungssystem im niedergelassenen Bereich und zusätzliche besetzbare Kassenstellen aus. "Die von allen gelobten Primärversorgungseinheiten sind aus unserer Sicht ein wichtiger Teil, aber nur ein Mosaikstein und kein Allheilmittel", erklärt Atzl.
ÖGK: 25 Millionen Euro zusätzlich
Zuständig für die gesundheitliche Versorgung ist dabei die Sozialversicherung. Es sei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ein großes Anliegen weitere Ärzte für eine Vertragspartnerschaft zu gewinnen, erklärt die ÖGK gegenüber den REGIONALMEDIEN KUFSTEIN zum Thema Kassenärzte.
"Wir sind davon überzeugt, dass ein Vertrag mit der ÖGK nach wie vor äußerst attraktiv ist. Soeben haben wir mit der ÄK für Tirol einen Honorarabschluss für die Jahre 2022-2024 abgeschlossen, in dem insgesamt 24,8 Mio EUR zusätzlich an die Tiroler Ärzte ausgeschüttet werden",
sagt ÖGK-Landesstellenvorsitzender Werner Salzburger. Zusätzlich hat die ÖGK vor kurzem ein Stipendienmodell gestartet, um fortgeschrittene Medizinstudenten für die Vertragspartnerschaft zur ÖGK zu gewinnen.
Derzeit sei man auch dabei, die rechtlichen Voraussetzungen für Primärversorgungseinheiten zu schaffen. Salzburger zeigt sich zuversichtlich, im Laufe des Jahres in Kufstein gemeinsam mit Ärzten und Ärztinnen ein Primärversorgungszentrum umsetzen zu können. Aber auch dem zunehmenden Wunsch von Ärztinnen und Ärzten nach Teilzeitarbeit trage man Rechnung. Dies mit verschiedenen Zusammenarbeitsformen wie eben Primärversorgung, Job-Sharing oder Anstellungsmöglichkeiten.
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