Kunst aus Hietzing
Die Poesie hinter Gerhard Weissenbachers Bildern
Eine aktuelle Ausstellung im 4. Bezirk betrachtet das Gesamtwerk des Hietzingers Gerhard Weissenbacher. Die BezirksZeitung haben den außergewöhnlichen Künstler in seinem Atelier in Ober St. Veit besucht.
WIEN/HIETZING/WIEDEN. Schornsteine, eine Regenrinne, kleine Fenster, eine Wand: Die Architekturen, die Gerhard Weissenbacher in seinen Werken erschafft, sind schlicht und der Realität entnommen. Wir sehen das, was wir auch in unserem Alltag beim Blick aus dem Fenster sehen könnten. Nichts Außergewöhnliches an sich – und doch scheint sich hinter den Bildern des Künstlers etwas anderes zu verbergen, etwas Poetisches, das uns berührt.
Es ist eine spezielle Technik, mit der der Hietzinger diese faszinierenden Malereien erschafft. Wie sich diese innerhalb seiner mittlerweile rund 60 Schaffensjahre entwickelt hat, kann man aktuell in einer umfassenden Retrospektive in der Galerie Kunst-Service auf der Wieden nachvollziehen. Dazu ist auch ein Katalog mit dem Titel "Metamorphose" entstanden. Bei einem Besuch in Weissenbachers Atelier in Ober St. Veit blickt die BezirksZeitung vorab zusammen mit dem Künstler auf dessen Werk.
"Metamorphose" im Kunstschaffen
1941 geboren, beginnt der Hietzinger früh zu malen und zu zeichnen. "Schon mein Vater, Alois Weissenbacher, war Maler. Er hat viele kulturhistorischen Ansicht, wie etwa Werkstätten, gemalt." Gerhard Weissenbacher absolviert in jungen Jahren ein Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien. Es folgen Phasen, in denen er expressive Werke, oft mit skurrilen und surrealistischen Motiven, erschafft. Manche sind düster und bedrohlich, manche haben fast schon karikaturhafte Züge. Ab Mitte der 1970er Jahre folgt dann ein Übergang. Seine Zeichnungen und Malereien werden struktureller und reduzierter.
Weissenbacher interessiert sich seit langem auch für Architektur – zwei ausführliche Bände über die Hietzinger Architektur, an der er 16 Jahre lang gearbeitet hat, zeugen unter anderem davon. Der ehemalige AHS-Lehrer ist in seiner freien Zeit viel gereist, bis nach Afrika reichten seine Touren. Bei einer Reise nach Italien machte sich Weissenbacher auf die Suche nach alten Fresken. Schließlich aber richtete sich sein Blick auf die Fassade einer alten Tabakfabrik mit zahlreichen Schornsteinen – daraus entstand das Werk "Tabakfabrik" (2018/19).
"Ich fotografiere die Architekturen, die mich faszinieren. Dann warte ich ein Zeit lang, und wenn ich sie dann immer noch spannend finde, beginne ich zu malen. Es ist ein langsamer Prozess. So bin ich eben", sagt Weissenbacher. Der Prozess des Malens ist ebenfalls ein langwieriger – denn auch wenn die Bilder wie fein gezeichnet wirken, werden sie doch mit Pinsel und Tusche gemalt. In zahlreichen kleinen Strichen erschafft er feinste Schraffuren, die zum Beispiel Hauswände ergeben: flächig, und doch porös und durchlässig. "Für ein Bild brauche ich meistens hunderte Stunden. Es ist eine meditative Arbeit", sagt der Hietzinger Künstler.
Malen, was fasziniert und bewegt
Vielleicht erzeugt gerade diese Technik dieses geheimnisvolle "dahinter", das hinter der abgebildeten Hausfassade oder Wand liegt. Doch es sind nicht nur reale Vorlagen, die als Grundlage von Weissenbachs Werken dienen. Er malt, was ihn fasziniert und bewegt, manchmal einfach nach seiner Fantasie. Zwei junge Werke von 2020 bis 2022 befassen sich mit Franz Gsellmanns "Weltmaschine". Der steirische Landwirt hat zwanzig Jahre lang in seiner Scheune ein riesiges kinetisches Kunstwerk geschaffen. Und so gehören auch technische Konstrukte zu Weissenbachers Interessensgebieten. Menschen haben, wenn überhaupt, oft nur einen kleinen Auftritt im Bild – wie in diesem Fall der Bauer Gsellmann als unscheinbarer Umriss am Rande.
Rund 60 Werke verschaffen in der Ausstellung ab 26. September einen Überblick über das Schaffen von Gerhard Weissenbacher. Der Künstler malt inzwischen weiter – und das mit großer Freude. "Ich habe immer gerne gelehrt. Seit meiner Pensionierung habe ich aber genug Zeit zu malen." Und die Zeit braucht er auch. So ist er eben.
Zur Sache:
Ausstellung "Metamorphose": Bis 21. Oktober, Galerie Kunst-Service, Sankt-Elisabeth-Platz 6. Öffnungszeiten: Di.–Fr. 10–18 Uhr, Sa. 10– 6 Uhr.
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