Bürgermeisterin muss Feuerwehr spielen!

DSC03318 | Foto: Larcher

OBERPERFUSS (lage). Die Rangger Köpfl-Berg-bahnen in Oberperfuss stecken tief in der Krise, das hat eine Bilanzprüfung einer Innsbrucker Steuer-beratungskanzlei ergeben. Bei der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ergibt sich ein Minus von 818.000 Euro. Der Rettung des Liftbetriebes hat Bgm. Johanna Obojes-Rubatscher oberste Priorität eingeräumt.
Zu einem Konkurs will es der Oberperfer Gemeinderat nicht kommen lassen, zu wichtig ist der Betrieb für den Wintertourismus. Mit Grundstückstransaktionen soll Geld für die Bergbahnen locker gemacht werden, das Gemeindebudget soll mittelfristig nicht mehr belastet werden.
Das große Interesse der Oberperfer Bevölkerung, den Liftbetrieb aufrecht zu erhalten, zeigte sich bei der Gemeindeversammlung vorige Woche im gut besuchten Mehrzwecksaal. Hier legte die neue Gemeindeführung unter Bgm. Johanna Obojes-Rubatscher die Vorjahres-Bilanz des Gemeinde-Tochterbetriebes auf den Tisch (nach dem Jahresabschluss zum 30.4.2010), schockte die rund 200 ZuhörerInnen mit dem Minus-Ergebnis in Höhe von 818.000 Euro. „Das Ergebnis hat die schlimmsten Befürchtungen übertroffen“, so Rubatscher. Ohne Abschreibungen und die Zuschüsse sind es immer noch € 541.000,-, die den Gemeindesäckel belasten. Im Budget muss auch noch die Rückzahlung des 3,7 Mio. €-Darlehen für die Gondelanlage berücksichtigt werden.
Gleich nach ihrem Amtseintritt im April hat die neue Bürgermeisterin einen neuen Bergbahn-Geschäftsführer installiert: Hubert Deutschmann. Er hatte diese Funktion bereits von 2000 bis 2004 inne. Seine erste Aktion: Mehrere Mitarbeiter wurden gekündigt, andere folgten freiwillig (BB hat berichtet). Die neue Ortschefin musste sich für die Vorgangsweise viel Kritik gefallen lassen. „Rechtens ist alles in Ordnung. Es war Gefahr in Verzug“, rechtfertigt Rubatscher die Vorgangsweise: „Die Optik war zwar nicht gut, aber die Sorge um den Liftbetrieb war sehr groß. Ich musste schnell handeln.“

Steuerkanzlei prüfte Zahlungen
Die neue Gemeindeführung wollte es genau wissen beauftragte eine Innsbrucker Steuerberatungskanzlei für eine umfassende Bilanzprüfung, unentgeltlich durchgeführt von Rubatschers Sohn Mag. Dr. Martin Rubatscher. Zusammengefasst: Die Geschäftsführung und manche Mitarbeiter sollen wenig wirtschaftlich vorgegangen sein, die schlechte Schneelage allein war für das Minus nicht verantwortlich. Der Liftbetrieb ist insolvenzgefährdet. „Allein für Personalkosten mussten 80% der Einnahmen aufgewendet werden! Für eine gute oder ausgeglichene Betriebsbilanz sind 20% bis maximal 50% zulässig“, erklärt Rubatscher. So stiegen die Personalkosten von 463.000,- auf 616.000,- €, gleichzeitig ging der Umsatz von 1,05 Mio. € auf 750.000,- € in der letzten Saison zurück.
In allen Bereichen muss nun eisern gespart werden. Überhöhte Tankrechnungen und Kilometerabrechnungen will auch Rubatschers Fraktionskollege Michael Niederkircher aufgedeckt haben. Zudem wurde festgestellt, dass rund um die Beschneiungsanlage Mängel in der elektrischen Anlage festgestellt wurden, diese gilt es raschest zu beheben und amtlich prüfen zu lassen.
Der vorige Vizebürgermeister und jetzige Gemeinderat Walter Würtenberger, der zuvor für ein halbes Jahr die Geschäftsführung interimistisch inne hatte, erklärte nach 12,5 Jahren den Rücktritt von der Gemeindepolitik: „Das ist kein Schuldeingeständnis, das Fass ist jetzt einfach voll!“ Ex-Bgm. Ewald Spiegl fehlte bei der Gemeindeversammlung - die Einladung war zu kurzfristig, wie er sagt. „Es ist schon eine eigenartige Optik, wenn der Bürgermeistersohn die Bilanz prüft und die Zahlen wie das Evengalium verkauft werden, ohne Gegenprüfung“, so Spiegl: „Ich habe keinen Einblick in die Zahlen, außerdem mische ich mich in die Gemeindepolitik nicht mehr ein.“

Nun geht es an die Rettung
Die Inhaber wollen ihren Lift aus eigener Kraft retten, wollen das Gemeindebudget nicht mehr jährlich mit Abgängen zusätzlich belasten und kostendeckend arbeiten. Dafür sollen Kulturgründe angekauft und für Sozialwohnbau verkauft werden. Die Erlöse daraus sollen für die Sanierung des Liftes verwendet werden. Ein großer Finanzbrocken kommt auch bei der Kanalisierung auf die Gemeinde zu. „Da ist enormer Handlungsbedarf, es geht aber alles nur Schritt für Schritt“, so Rubatscher, die nach Amtsübernahme „Feuerwehr“ spielen muss und um Schadensbegrenzung bemüht ist: „Da kommt einiges auf uns zu. Kurz nach der Amtsübernahme war ich schon überfordert. Nun sehe ich klarer, wo der Hebel anzusetzen ist.“
Die neue Gemeindeführung lässt trotz allem Optimismus walten. In den nächsten zwei Jahren soll wieder ein ausgeglichenes Betriebsergebnis bei den Liften eingefahren werden. „Wir wollen die Bevölkerung immer über die finanzielle Situation der Lifte informieren!“

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