Soll aktive Sterbehilfe legal werden?
Mit dem berührenden Film „Das Meer in mir“ entschied sich das Filmteam der Disability Filmtage Mils für eine intensive Auseinandersetzung mit Aktiver Sterbehilfe. Nach dem Film nahmen ReferentInnen aus unterschiedlichen Blickwinkeln Stellung zu dieser brisanten ethischen Thematik.
„Sinn und Orientierung trotz Behinderung“ war das große Thema der 6. Disability Filmtage im Sozialen Zentrum St. Josef in Mils. Das engagierte Filmteam lud auch heuer wieder an drei Abenden zu einer filmischen Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Ebenen zum Leben mit einer Behinderung.
Im Mittelpunkt stand der Film „Das Meer in mir“: Der Spanier Ramon Sampedro liegt seit einem Unfall vor 28 Jahren pflegebedürftig in seinem Bett. Sein sehnlichster Wunsch ist es, sein Leben, welches er als unwürdig erachtet, beenden zu können. Das Gericht untersagt ihm jedoch seinen Wunsch nach einem assistierten Suizid.
Im Rahmen einer Diskussionsrunde wurden im Anschluss an den Film die Thematik der Sterbehilfe in all ihren Facetten beleuchtet. Der Allgemeinmediziner Dr. Nemec berichtete, dass es viele gute Medikamente gibt, die körperliche Leiden weitestgehend verhindern können. In der medizinischen Praxis sind es nur ganz wenige PatientInnen, die nach aktiver Sterbehilfe fragen. Für diese Menschen und v.a. für die MedizinerInnen bräuchte es in Österreich eine klare gesetzliche Regelung für eine individuelle Lösung dieser Thematik, damit eine Situation wie die des Hauptdarstellers im Film – dass Menschen ihren Tod illegal und heimlich herbeiführen müssen – verhindert werden kann.
Sr. Barbara Flad, Krankenhausseelsorgerin in Zams, plädiert für einen starken Ausbau der Palliativ Medizin. Aus ihrer Sicht sind es gute medizinische, pflegerische und v.a. zwischenmenschliche Rahmenbedingungen, die schwerkranken Menschen die Angst vor dem Sterben nehmen. Eine geglückte Beziehungsebene sieht sie als das zentrale Kriterium für ein gutes Sterben an der Hand eines Menschen.
Dr. Müller vom Institut für Völkerrecht der Uni Innsbruck hält es für einen Unsinn, ein Gesetz bzgl. aktiver Sterbehilfe in der österreichischen Verfassung zu verankern. Eine solche gesetzliche Reglementierung kann Einzelschicksalen in schwierigen existenziellen Situationen nie gerecht werden. Es benötigt klar definierte Regeln, die eine situative Entscheidung ermöglichen und einen Missbrauch im Rahmen von Sterbehilfe verhindern. Alle TeilnehmerInnen sind sich einig, dass der Druck auf bestimmte Personengruppen steigt: So sind es oft ältere Menschen, die sich über aktive Sterbehilfe Gedanken machen, weil sie anderen Menschen bei einer Pflegebedürftigkeit nicht zur Last fallen möchten.
Offen blieb die Frage, inwieweit in Österreich die Entwicklungen ähnlich sein werden wie in den Benelux-Ländern, wo aktive Sterbehilfe straffrei ist. Einig waren sich die ReferentInnen und die ZuhörerInnen, dass die derzeitige Enquete der Bundesregierung eine gute Sache ist, da sie den hierzu so wichtigen Dialog fördert.
Daten über das Soziale Zentrum St. Josef
Das Soziale Zentrum St. Josef ist ein Haus der Sozialen Einrichtungen der Barmherzigen Schwestern von Zams BetriebsGmbH. Seit über 100 Jahren gilt es als Anlaufstelle und Zuhause für Menschen mit Beeinträchtigungen. Die in den Bereichen Pflege, Pädagogik und Psychologie ausgebildeten MitarbeiterInnen sorgen gemeinsam mit den im Haus wohnenden Barmherzigen Schwestern für das Wohl der KlientInnen in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Beschäftigung, Persönlichkeitsentwicklung, Freizeit und Therapie.
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