Unterwegs mit den Haller Müllfahrern
"Das musst du mögen" – mit Video
Wenig Dankbarkeit bekommen die Müllfahrer. Dabei ist es ihr Verdienst, dass Hall nicht im Müll erstickt.
HALL. Die Müllabfuhr in Hall startet täglich um fünf Uhr. Am Lenkrad sitzt Volker Mayer und hört Radio Tirol. "Da kommt zumindest auch mal deutsche Musik", sagt er. In der Mitte sieht er auf einem winzigen Bildschirm die zwei Kollegen, die hinten am Lkw stehen. Es ist noch dunkel, die Straßen sind nass vom Regen, es ist Mittwoch und somit Biomülltag. Bei meinem Anruf – ich würde gerne mal mitfahren – warnt mich der Leiter des Umweltamtes und damit der Zuständige der Müllabfuhr, Michael Neuner, dass Biomüll einer der grausigsten Mülltransporte ist. Auch, wenn es stimmt, schreckt mich das nicht ab. Schließlich machen das andere jede Woche. Täglich werden von der Firma Mussmann, die in Hall für die Müllabfuhr engagiert wurde, u. a. Papier, Restmüll, Biomüll und Plastik abtransportiert. Wie Mayer erklärt: "Jeden Mittwoch nehmen wir 21-22 Tonnen Biomüll mit." Als "Dankeschön" erhalten die drei Jungs – Michael und Marcell stehen hinten am Lkw – oft Beschimpfungen. Warum ist man so laut, warum kommt man so früh, warum hat man den Müll nicht mitgenommen? "Dabei nehmen wir alles mit, was draußen steht. Wer zu spät den Müll rausstellt, dem können wir auch nicht helfen." Sie sind ein eingespieltes Team: Volker, Marcell, Michael und der Lkw. Letzterer ist schon in die Jahre gekommen und soll bald ersetzt werden. "Endlich", sagt Volker, "ich bettle schon seit Jahren darum, einen neuen Wagen anzuschaffen."
Einmal leeren
11 Tonnen kann der Lkw auf einen Schlag abtransportieren. Einmal muss er im Laufe des Tages geleert werden, um für noch mehr Biomüll Platz zu machen. Ob er seinen Job mag, will ich von Volker wissen: "Ich war früher mal Fernfahrer. Das ist heute nichts mehr für mich. So kann ich am Nachmittag noch was mit meiner Frau unternehmen." Ihn interessiert auch nicht, was andere zu seinem Beruf sagen. "Das musst du halt mögen, zimperlich darfst nicht sein."
Viele Falschparker
Um diese Uhrzeit ist alles noch ganz einfach. Es gibt kaum Verkehr, lediglich die Falschparker ärgern Volker. "Wer sich hier die Mühe macht, die Autofahrer zu bestrafen, könnte sich dumm verdienen." Für Volker bedeutet es vor und zurück, vor und zurück zu rangieren, bis er endlich einbiegen kann. Bei der Klinik stehen acht Biomülltonnen draußen – sie quillen fast über. Volker steigt aus und hilft Michael und Marcell mit den Tonnen. "Einen Schritt nach hinten", warnt er mich, bevor es aus dem Müllwagen zu spritzen anfängt. Auch die Tonnen werden bei Bedarf gereinigt. Im Sommer ist Biomüll ziemlich eklig. Der Geruch ist extrem und kleine, weiße Würmer winden sich in der Tonne.
Für Michael – er macht den Job seit drei Jahren – ist es trotzdem eine feine Arbeit. "Bei so viel Tonnen Müll, weißt du zumindest, warum du am Ende des Tages müde bist." 15,5 km am Tag, zeigte mal der Schrittzähler an und dann hat man nicht das viele Bücken und Reinschmeißen gezählt. Ein Fitnessabo braucht man danach nicht mehr. Spannend wird die Sache, wenn es dann durch die engen Gassen geht. Volker kennt jedes Schild und jeden Erker. Manchmal zeigt er raus. "Da haben sie ihn erwischt", ein abgebrochenes Erkerstück zeugt von einem kleinen Unfall mit einem Lkw. Es ist kurz vor acht Uhr, schon hell, der Regen wird immer stärker und zwischen Lkw und Mauer huschen SchülerInnen vorbei, die sich die Nase zuhalten. Es wird stressig, der Verkehr nimmt zu und die Menschen sind nicht besonders rücksichtsvoll. Für Volker ist klar: Ein guter Müllfahrer muss Ruhe, Übersicht und viel Geduld mitbringen. Ich bin am Ende meiner kurzen Schicht aber vor allem eines: extrem müde.
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