Migrationspolitik
"Humanistische Werte mit Füßen getreten"

Schüler in Wien protestieren gegen die Abschiebungen | Foto: BZ
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  • Schüler in Wien protestieren gegen die Abschiebungen
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BEZIRK FREISTADT. Die Abschiebung von drei Schülerinnen und deren Familien sorgt seit Tagen für eine heftige Debatte in Österreich. Wir haben politische und kirchliche Vertreter aus dem Bezirk Freistadt um ihre Meinung zu dieser Causa gebeten.

August Aichhorn (Pfarrer, Pregarten): "Es wäre für mich wichtig zu erleben, wie wir Österreicher Menschen für Menschen sein können. Ein Bleiberecht ist angesichts der uns bekannten Tatsachen wünschenswert. Niemandem wird etwas weggenommen, wenn Menschen bei uns neue Lebensmöglichkeiten finden. Einander Lebensräume zu geben, wäre zutiefst menschlich und auch christlich. Ich bin zutiefst traurig, ja verärgert, dass dies in unserem gastfreundlichen Österreich nicht möglich sein soll."

Christian Denkmaier (SPÖ-Bürgermeister, Neumarkt): "Wenn maskierte Polizisten im Morgengrauen mit einer Hundestaffel anrücken, um gut integrierte Schulkinder abzuschieben, dann ist das ein schockierendes Armutszeugnis für die herrschende Politik in unserem Land. Humanistische und christliche Werte werden durch solch eine Vorgangsweise mit Füßen getreten. Und es ist unlauter und feig, sich dabei auf den Rechtsstaat zu berufen. Denn kein Gericht dieses Landes hätte den Innenminister belangt, wenn er unter Berufung auf das Kindeswohl humanitäres Bleiberecht zuerkannt und auf diese verstörende Abschiebung im Morgengrauen verzichtet hätte. Diese Kaltherzigkeit passiert indessen nicht von ungefähr. Eine türkise Führungselite will dadurch Stärke und Leadership unter Beweis stellen und demütigt dafür auch den Koalitionspartner. Ich glaube aber, dass sehr, sehr viele Menschen in unserem Land – und zwar ÖVP-Wähler und FPÖ-Wähler genauso wie Unterstützer der SPÖ, der Neos oder der Grünen – eine solche inhumane Abschiebepraxis aus tiefstem Herzen ablehnen. Und ich hoffe, dass die aktuelle Diskussion zumindest dazu beiträgt, dass nicht schon bald wieder österreichische Schulkinder von einer Sondereinheit der Polizei im Morgengrauen abgeholt und in ein Flugzeug verfrachtet werden."

Josef Naderer (Bürgermeister und ÖVP-Bezirksparteiobmann, Tragwein): "Ich würde mir eine breite Sachdiskussion wünschen, gezielt zur Grundsatzfrage: Welche Erwartungen und Angebote haben Staat und Gesellschaft an Jugendliche mit Migrationshintergrund? Ich denke, der konkrete Fall ist sehr kompliziert. Wäre alles ganz einfach, würde ich auch sagen: „Ich bin gegen die Abschiebung von Kindern und die Anwendung des humanitären Bleiberechts!" Die mediale Berichterstattung beleuchtet den Fall nur aus Sicht der Kinder. Deren Eltern sind aber schon vor etwa zehn Jahren illegal eingereist, die Asylanträge wurden abgelehnt. Nach der Rückkehr in die Heimat sind die Eltern etwa zwei Jahre später wieder nach Österreich gekommen – die nun abgeschobenen Kinder waren damals noch nicht schulpflichtig. Sie waren und sind den Entscheidungen der Eltern stets ausgeliefert, die sich über mehrere Jahre geweigert haben, Österreich wieder zu verlassen. Eine raschere Entscheidung am österreichischen Rechtsweg wäre vorteilhaft gewesen. Andererseits ist es ganz wichtig – gerade die NGOs legen hier großen Wert darauf –, dass klare, nachvollziehbare und transparente Entscheidungen getroffen werden. Es tut mir persönlich für die Kinder sehr leid, doch scheinen hier die Eltern ganz bewusst darauf gesetzt zu haben, über die emotionale Zuneigung gegenüber den Kindern das eigene Interesse zum Bleiben erzwingen zu können. Und dieses kühl berechnende Handeln der Eltern lehne ich klar ab."

Klaus Elmecker (Bezirkssprecher der Grünen, Freistadt): "Die Tatsache und die Art und Weise der Abschiebungen vom 28. Jänner von Wien nachGeorgien und Armenien stellen für die betroffenen Kinder und deren Familien eine persönliche Tragödie dar. Jeder Mann und jede Frau in meinem persönlichen Umfeld, mich mit eingeschlossen, wünscht sich eine andere Vorgehensweise. Von Seiten des Innenministers wird festgehalten, dass diese Aktion zur Gänze innerhalb der bestehenden Gesetzeslage erfolgt ist. Diese Gesetze sind die Folge einer jahrzehntelangen Nicht-Migrationspolitik von verschiedenen Regierungskoalitionen in Schwarz-Rot-Blau. Es muss jetzt dringend alles richtig gemacht werden! Als erstes ist die derzeitige Regierung – und dabei vor allem die ÖVP als dominierende und blockierende Mehrheitspartei in der Koalition – aufgefordert, endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass solche Abschiebungen wie am Donnerstag nicht mehr möglich sein können. Stichwort: humanitäres Bleiberecht. Als zweites ist ebenfalls die ÖVP an der Reihe, endlich ihren Beitrag zur Lösung der großen Flüchtlingstragödie in der Ägäis zu leisten und sich wieder zu ihrer christlich-sozialen Leitkultur zu bekennen. Die sture, rein juristisch begründete Legitimation der schrecklichen Abschiebeaktion von voriger Woche seitens der ÖVP stellt in diesem Zusammenhang nur ein weiteres Ablenkungsmanöver dar, um die Unfähigkeit und den Unwillen zur Rückkehr zu einer menschenwürdigen Migrationspolitik zu verschleiern."

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