Ansturm auf Anwälte bleibt dieses Mal aus
Im Juni kommt neue Grunderwerbsteuer. Gernot Murko über den Entwurf und die möglichen Vorteile.
(gel). "Es wäre politisch wohl schwer verkaufbar, dass man bei Übergaben von Liegenschaften in der Familie die Steuerschraube andreht." So reagiert Gernot Murko, Präsident der Rechtsanwaltskammer, dass sich bei der neuen Grunderwerbsteuer wahrscheinlich "nicht mehr viel tun wird". Teurer soll es – so der aktuelle Gesetzesentwurf – tatsächlich nicht werden, wenn Immobilien in der Verwandtschaft weitergegeben werden – im Gegenteil. "Der Familienkreis wurde vergrößert", begrüßt Murko die Details. Onkel, Tanten, Neffen, Nichten und auch Lebensgefährten sollen ab Juni dazugehören – und so vom geringeren Steuersatz von zwei Prozent profitieren (s. Infobox).
Kein Ansturm in Sicht
"Für mich ist es eine Überraschung, dass etwas billiger wird", kommentiert Murko. Mit einem Ansturm von Eigentümern, die die Übergabe noch rasch für Inkrafttreten des Gesetzes regeln wollen, rechnet er folglich nicht. Zuletzt war das Ende 2000 der Fall. Damals wurde die Bemessungsgrundlage verdreifacht – vom einfachen auf den dreifachen Einheitswert.
Dass die Hektik bei Übergaben diesmal wohl ausbleibt, ist ganz im Sinn Murkos. "Eine Übergabe soll wohlüberlegt sein", weiß er. Die letzte Gesetzesveränderung habe bei den Anwälten "zweimal für Geschäft gesorgt" – zuerst die raschen Übergaben, dann aus lückenhaften Verträgen resultierende Rechtsstreitigkeiten.
Streit ist teurer
In jedem Fall rät der Anwälte-Präsident dazu, rechtzeitig einen Experten zu Rate zu ziehen, wenn es um Übergaben geht. "Wir sehen jeden Tag, welche Probleme sich daraus ergeben können", so Murko. "Bei Erbstreitigkeiten kommen oft alte Verletzungen aus der Kindheit wieder zutage." Und: Ein Streit ist in jedem Fall teurer als die Begleitung durch einen Experten.
Teurer wird die Überlassung von Liegenschaften im Juni nun außerhalb der Familie. Statt wie bisher der dreifache Einheitswert gilt ab Juni der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage. 3,5 Prozent sind davon als Steuer abzugeben.
Murko erklärt: "Der Einheitswert liegt in der Regel bei ungefähr einem Zehntel des Verkehrswertes." Damit werde die Schenkung einer Liegenschaft den Beschenkten "ganz sicher das Doppelte" kosten.
Zur Sache - die neue Grunderwerbsteuer
Innerhalb der Familie gelten weiterhin zwei Prozent. Außerhalb der Familie - also bei Schenkungen von Liegenschaften an etwa gemeinnützige Einrichtungen - werden 3,5 Prozent an Grunderwerbsteuer fällig. Der Familienkreis wird im Entwurf ausgeweitet.
Als Bemessungsgrundlage innerhalb der Familie gilt weiter der dreifache Einheitswert - er wurde zuletzt 1971 festgestellt und beträgt - nach den Preisentwicklungen der letzten Jahrzehnte - etwa zehn Prozent des tatsächlichen Verkehrswertes einer Liegenschaft.
Bei Übergaben außerhalb der Familie dient ab 1. Juni der Verkehrswert der Immobilie als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Damit verdoppeln sich die Kosten für Schenkungen (etwa an Pfleger oder an gemeinnützige Institutionen).
Zum Familienkreis zählen - neben Nichten, Neffen, Tanten und Onkels - auch Lebensgefährten, wenn es einen gemeinsamen Hauptwohnsitz gibt. Als Lebensgemeinschaft versteht man eine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.