Türkenwirt: Geheimniskrämerei um Abbruch-Gutachten
Das Gutachten, dessentwegen der Türkenwirt abgerissen werden durfte, ist nicht öffentlich. Und: Eine Petition gegen den Abriss wurde erst behandelt, als dieser schon geschehen war.
Das Gründerzeitgebäude Türkenwirt (Tüwi) ist nicht mehr. Im Mai hat der Abriss begonnen. Anstelle des Tüwis soll ein Universitätsgebäude für die BOKU (Universität für Bodenkultur) entstehen.
Der Grund für den Abbruch: wirtschaftliche Abbruchreife. Diese muss gegenüber der Stadt nachgewiesen werden, wenn sich ein Gebäude – wie der Tüwi – in einer Schutzzone befindet. Als wirtschaftlich abbruchreif gilt eine Immobilie dann, wenn die Sanierungskosten vom erwarteten Ertrag nicht gedeckt sind, das heißt wenn die Renovierung teurer wäre als die erwartbaren Mieteinnahmen. Ermittelt wird das durch ein Gutachten.
Dagegen richtete sich eine Petition der Initiative Denkmalschutz, die bei der Stadt Wien eingebracht wurde. Gerhard Hertenberger von der Initiative war vor Ort, um den Standpunkt darzulegen: "Als unsere Petition behandelt wurde, war der Abriss schon im Gange. Die Einsichtnahme in das Gutachten, das die Abbruchreife belegt, wurde uns verweigert."
Der Grund: das Amtsgeheimnis. Für Hertenberger inakzeptabel: "Wenn diese Verfahren nicht transparent geführt werden, bleibt der Verdacht auf Missbrauch." Der Tüwi war für ihn also im doppelten Sinne ein Negativbeispiel.
"Geheimhaltung normal"
Für die Baupolizei ist die Geheimhaltung ganz normal: "Es handelt sich um ein allgemeines Verwaltungsverfahren, das heißt Bescheide ergehen nur an die Verfahrensparteien", sagt ein Sprecher. Anders sei das nicht vorgesehen. Auf Anfrage wurde der Initiative Denkmalschutz die Einsicht in das Gutachten aus Datenschutzgründen verweigert.
Was die wirtschaftliche Abbruchreife betrifft, so wünscht sich Hertenberger eine Diskussion über die Bedingungen oder eine völlige Abschaffung. Der FPÖ-Gemeinderat Alfred Wansch, der dem Petitionsausschuss angehört, hätte eine solche Diskussion auch gerne geführt: "Ich habe vorgeschlagen, Stellungnahmen von den zuständigen Stadträten (Michael Ludwig, SPÖ, und Maria Vassilakou, Grüne, Anm.) dazu einzuholen, ob die Bauordnung in diesem Punkt geändert werden soll." Sein Antrag sei allerdings abgelehnt worden.
"Für den Tüwi ist es zu spät", sagt Hertenberger. "Aber das Thema, wann ein Abbruch in einer Schutzzone gerechtfertigt ist und wer den Grund dafür erfahren darf, ist für uns sicher nicht vom Tisch."
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