Abschied vom Döblinger Traditionsheurigen
Der Heurige "Haus Wagner" in der Paradisgasse musste einem geplanten Wohnbau weichen.
DÖBLING. "Der 'Wagner' war unser zweites Wohnzimmer, unzählige schöne Stunden haben wir dort verbracht, ich bin wirklich traurig", erklärt eine Anrainerin vor den Trümmern des Döblinger Traditions-Heurigen "Haus Wagner". Während die LKW den Schutt abtransportieren, sind die Neubau-Planungen in der Paradisgasse 24-26 bereits im Gange: Über insgesamt drei Grundstücke zieht sich das Mega-Bauprojekt, dem nicht nur der "Wagner", sondern auch zwei Einfamilienhäuser weichen mussten. Entstehen sollen dort bald vier "Stadtvillen" mit insgesamt etwa 50 Wohnungen mit jeweils bis zu 170 m2. Im Garten soll auch ein großer Gemeinschaftsbereich mit Gartenlaube entstehen.
Prominente und Geschichte
Agnes Schutzki wohnt im nahen Helmut-Qualtinger-Hof und spaziert täglich mit ihrem Hund durch die Paradisgasse: "Der 'Wagner' war im ganzen Grätzel beliebt, weil er nicht so von Touristen überrannt worden ist, wie die Heurigen in Grinzing. Nicht nur der Helmut Qualtinger selber, sondern auch die Louise Martini und der Thaddäus Podgorski haben ihn oft besucht, als sie in den 1970er-Jahren bei uns gewohnt haben.
Beim Bauträger Raiffeisen Wohnbau erklärt man, dass man aktuell noch in der Planungsphase sei und es daher noch keinen Fertigstellungstermin gibt - auch mit dem Baubeginn rechnet man intern erst 2020.
Die Politik redet mit
Angelika Pipal-Leixner (Neos) ist dagegen, dass "Ausnahmebewilligungen im Bauausschuss immer durchgewunken werden." Sie befürchtet, dass die "alteingesessenen Heurigen von Luxuswohnungen verdrängt werden, die als Anlageobjekt gekauft und oft nur wenige Wochen im Jahr bewohnt werden" und wünscht sich "eine Wohnraum-Widmung wie in Perchtoldsdorf für junge Familien mit Kindern."
Thomas Mader (SPÖ) ist wichtig, dass eine "gesunde Durchmischung von freifinanzierten und geförderten Wohnungen errichtet wird und der Ortsbildcharakter gewahrt bleibt." Einer eventuellen Umwidmung oder Ausnahmegenehmigungen nach Paragraf 69 steht er kritisch gegenüber.
Heinz Hieber (Grüne): "Wir lehnen dieses Projekt ab, weil Döbling Stück für Stück zubetoniert wird, was nicht zuletzt hitzetechnisch nachteilig ist. Auffallend ist die enge Verflechtung von Politik- und Bauträger-Interessen. Leider sind wir im Bezirk zu schwach, um solche Riesenprojekte zu verhindern."
Klemens Resch (FPÖ) erklärt, dass seine Fraktion noch keine Pläne vorgelegt bekommen hat. Er legt aber Wert darauf, dass sich die Neubauten "harmonisch in die sensible Gegend eingliedern sollen". Falls die Neubauten "überdimensioniert oder sonstwie störend" auf die umliegenden Anrainer oder Betriebe einwirken sollten, würde sich die Bezirks-FPÖ "Seite an Seite mit den Anrainern" gegen das Projekt einsetzen.
Bezirksvorsteher Adi Tiller erklärt die Sicht des Bezirks: "Der Heurige Wagner stand zuletzt schon jahrelang leer und war nicht mehr reaktivierbar. Weil das Grundstück nicht in einer Schutzzone liegt, wurde jetzt abgerissen. Die neuen Wohnungen sind erst in der Planungsphase, aber wenn der Döblinger Charakter mit viel Grün bewahrt wird, hat der Bezirk keinen Einwand."
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.