Fall Kührer: Wie war es wirklich?
Anwalt von Michael K. argumentiert mit Ungereimtheiten im Verfahren und will Wiederaufnahme.
(ae/jrh). Am 27. Juni war es genau 10 Jahre her, dass die damals 16-jährige Julia Kührer aus Pulkau auf dem Heimweg von der Schule verschwunden ist. Fünf Jahre später wurden die sterblichen Überreste des Mädchens von zwei Männern in Dietmannsdorf entdeckt, als sie über einen Zaun auf das Nachbargrundstück, das Michael K. gehörte, kletterten und den dort befindlichen Erdkeller durchsuchten.
Indizienprozess
Michael K., der zum Zeitpunkt von Julias Verschwinden in Pulkau eine Videothek betrieb und Kontakt mit dem Mädchen gehabt haben soll, wurde daraufhin verhaftet. Nach kurzer Zeit musste er, der die Tat immer bestritt, aber wieder freigelassen werden, weil Beweise fehlten.
Im Dezember 2012 wurde K. aber wieder festgenommen, weil sich auf einem verkohlten Deckenrest, der bei der Leiche gefunden wurde, seine DNA-Spuren fanden. Beim darauffolgenden Mordprozess wurde Michael K., der sich nicht schuldig bekannte, schließlich im September 2013 wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt, wobei sich die Anklage nur auf Indizien und Gutachten stützte. Weil Michael K. immer betonte, zu Unrecht verurteilt worden zu sein, versucht jetzt der Wiener Rechtsanwalt Wolfgang Blaschitz eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen.
Ungereimtheiten
Blaschitz erwähnte im Gespräch mit den Bezirksblättern Ungereimtheiten, auf die er seine Hoffnung stützt, das Verfahren neu aufrollen zu können: „Das ursprüngliche Zeit-Weg-Diagramm, das von den letzten Stunden von Julia Kührer von der Polizei penibel angelegt wurde und K. entlastet hätte, war beim Prozess plötzlich wieder völlig wurscht. Und die DNA-Spur an der Decke wurde bei zwei Untersuchungen nicht gefunden. Erst bei der dritten, und zwar nach einer Hausdurchsuchung bei Michael K.“
Wann er Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen wird, kann Blaschitz noch nicht sagen, meint aber „ich bin in der Endphase der Arbeiten, das wird noch meine Sommerbeschäftigung. Es wird auf jeden Fall kommen, muss aber auf breiter Basis stehen, damit es nicht gleich verworfen werden kann.“ Und leicht gemacht wird die Arbeit dem Rechtsanwalt offenbar nicht, denn er klagt abschließend: „Ich stoße in Pulkau und Umgebung immer auf eine Mauer des Schweigens. Ein Zustand, der sehr ärgerlich ist.“
Der Pulkauer Bürgermeister Manfred Marihart dazu: „In Pulkau sieht man das eher gelassen. Es wurde ja schon öfter von einer Wiederaufnahme gesprochen. Mir tut nur die Familie leid, weil nie Ruhe ist. Andererseits ist alles, was zu einer gerechten Lösung des Falles beiträgt, zu akzeptieren. Es wäre nur recht, wirklich 100-prozentig zu wissen, wie es wirklich war und die ganze Wahrheit zu kennen.“
Julias Vater, Anton Kührer, dazu: „Meine Frau Brigitte und ich sind den Medien grundsätzlich dankbar für die Berichterstattung, wollen aber zur neuesten Entwicklung keinen Kommentar abgeben."
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