StRH
Kritik an Wiener Linien wegen Personalmangel und Schienenzustand
Der Stadtrechnungshof (StRH) Wien kritisierte die Wiener Linien aufgrund mehr Langsamfahrstellen, alten Schienen und den Gründen für einen akuten Personalmangel. Was man auf mehr als 400 Seiten des Berichts finden kann, fasst MeinBezirk zusammen.
WIEN. Es sind insgesamt 440 Seiten, die der Stadtrechnungshof (StRH) über die Wiener Linien am Dienstagmorgen, 3. Dezember, veröffentlicht hat. Dabei wurde das städtische Verkehrsunternehmen gründlich unter die Lupe genommen. Die meisten Seiten – 155 an der Zahl – gab es zu technischen und betrieblichen Fragen zum Straßenbahn- und U-Bahn-Verkehr.
Danach folgen finanzielle und wirtschaftliche Fragen zur Infrastrukturinstandhaltung, Fahrplanausdünnung und Personalmangel (142 Seiten), Fragen zum Busverkehr (64 Seiten), technische Prüfung von WienMobil Rad (42 Seiten) und WienMobil Rad und Auto (37 Seiten). Diese Fragen prüfte man nach einem Antrag der Wiener ÖVP im Dezember 2022.
Der Bericht sieht etwa Probleme bei den Themen Personal und Infrastruktur. Ein Personalmangel sorgte vor einiger Zeit nämlich für zahlreiche Probleme, Verspätungen und Ausfällen bei den Wiener Linien.
Hohe Austrittsquote verzeichnet
Laut dem StRH sei die Personalstrategie des Unternehmens trotz des eingetretenen Personalmangels „langfristig und vorausschauend“. Grund für den Mangel an Personal waren demografische Veränderungen, was jedoch „kein singuläres Problem“ sei, sondern die gesamte Branche betraf. Außerdem wurden erhöhte natürliche Abgänge, etwa aufgrund von Pensionierungen, festgestellt, sowie ein erhöhter Anstieg von Austritten aus dem Unternehmen. Dies verdoppelte sich im Betrachtungszeitraum, was als eine „wesentliche Ursache“ für den Personalmangel gesehen werde.
Obwohl man „eine Vielzahl an Maßnahmen“ im Kampf gegen den Personalmangel setzte, hielt der StRH fest, dass die „Altersgruppe der '50plus-Jährigen' zum Zeitpunkt der gegenständlichen Prüfung einen großen Anteil der Unternehmensbelegschaft darstellte. Dies würde in den kommenden zehn Jahren aufgrund von Pensionsabgängen zu einem hohen Arbeitskräftebedarf führen“. Laut Angaben der Firma erwartet man bis zum Jahr 2031 einen zusätzlichen Personalbedarf bei etwa 7.000 Personen in allen Fachbereichen.
Ausgedünnte Intervalle berechtigt
Im Straßenbahndienst war vor allem im Zeitraum zwischen 2020 und 2022 ein deutlicher Anstieg der Neuaufnahmen im Fahrdienst erkennbar, doch der Personalstand im Juni vergangenen Jahres lag auf dem niedrigsten Niveau im gesamten Betrachtungszentrum, was letztlich auf die hohe Austrittsquote im Unternehmen zurückzuführen sei.
Die Expertinnen und Experten empfahlen, die Situation im Fahrdienst und den Anstieg der Austritte aus der Firma tiefergehend zu analysieren, die Maßnahmen zur Personalrekrutierung „besser“ zu steuern und die Untergrenze für den Personalunterstand zu definieren. Aufgrund des Personalmangels wurden die Intervalle zwischenzeitlich ausgedünnt. Diese Maßnahmen beurteilte der StRH als berechtigt, denn bis das Fahrpersonal umgeschult oder neu eingestellt und ausgebildet wird, brauche es in der Regel „mehrere Monate“.
Schienenzustand kritisiert
Zudem wurde der Schienenzustand kritisiert. Denn von 2017 bis 2023 verdreifachte sich die Anzahl der Langsamfahrstellen der Straßenbahn von 49 auf 147 und insgesamt erhöhte sich die Strecke der Langsamfahrstellen im Gleisnetz um etwas mehr als fünfeinhalb Kilometer. Hier ist die Rede von einer Steigerung von knapp 37 Prozent. Grund dafür ist der schlechte Schienenzustand, weshalb man die Erhöhung der Gleiserneuerungsrate empfohlen hat.
Das städtische Verkehrsunternehmen teilte im Bericht mit, dass viele StRH-Empfehlungen bereits umgesetzt seien. Etwa zum Thema Scheinenzustand heißt es, dass vor allem in der Saison 2024/25 insgesamt 76 Millionen Euro in das Bim-Netz investiert werden. Auch werde man an der Attraktivierung der Arbeit im Fahrdienst arbeiten, um gegen den Personalmangel zu kämpfen.
Kritik aus der Opposition
Die ÖVP Wien spricht in einer Stellungnahme von einem „vernichtenden Befund“, weshalb „dringender Handlungsbedarf“ bestehe, meint Verkehrssprecherin Elisabeth Olischar. „Beim Management der Wiener Linien, aber auch den politisch Verantwortlichen in der Wiener Stadtregierung, müssen angesichts dieses Berichts alle Alarmglocken schrillen“, wird Olischar gemeinsam mit Finanzsprecher und Landtagspräsident Manfred Juraczka zitiert.
Die Wiener Linien seien „Sinnbild für das Versagen der rot-pinken Stadtregierung“, kritisiert FPÖ Wien-Verkehrssprecher Toni Mahdalik. Es fehle an attraktiven Arbeitsbedingungen, fairen Arbeitszeiten und der Bereitschaft, in moderne Ausbildungs- und Weiterbildungskonzepte zu investieren, heißt es. Hinzu komme „der katastrophale Zustand der Infrastruktur“, als Beispiel wurde auch der jüngste Brand in der U1 genannt.
Weniger kritische Worte gab es seitens der Grünen Wien. Die designierte Spitzenkandidatin der Grünen für die Wien-Wahl, Judith Pühringer, meinte, dass die Wiener Linien „richtige Schritte“ gesetzt hätten, wenn es um die Anwerbung und Einstellung vom neuen Personal gehe, aber man sollte weitere Maßnahmen einführen. Etwa die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, einen höheren Einstiegsgehalt sowie bessere Arbeitsbedingungen. Die Verspätung beim Straßenbahnausbau sei jedoch inakzeptabel, so Pühringer weiter.
Das könnte dich auch interessieren:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.