Semestertickets
Doch keine Millionen-Entschädigung durch Wiener Linien
Nach einem Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen sehen sich die Wiener Linien in der Causa "Semesterticket" als Prozessgewinner. Mindestens 5,14 Millionen Euro hätte das Öffi-Unternehmen wegen mutmaßlicher Diskriminierung zahlen sollen. Das sei nun vom Tisch.
WIEN. Bis Jänner 2023 mussten Studierende unter 26 mit Wohnsitz außerhalb der Hauptstadt für ein Wiener Linien-Semesterticket doppelt so viel zahlen, als Studierende mit einem Wien-Hauptwohnsitz. Ein Urteil des Landesgerichts Wien vom September 2022 besagte, dass dies jedoch unfair wäre. Die Wiener Linien wurden in zweiter Instanz wegen ethnischer Diskriminierung verurteilt.
Laut dem Urteil müsste das städtische Verkehrsunternehmen an die diskriminierten Studierenden Beiträge zurückzahlen: 75 Euro Differenz plus 300 Euro pro Semesterticket für erlittene persönliche Beeinträchtigung im Zusammenhang mit der Ungleichbehandlung. In Summe wären das 375 Euro pro Person, eine Sammelklage unter ticketerstattung.at haben bis heute 17.136 Personen unterschrieben. Das wäre somit mindestens 6,42 Millionen Euro. Wobei bei mehreren Semestertickets auch mehrere Entschädigungsfälle hätten hinzukommen können.
Ein Fall einer Niederösterreicherin landete heuer in der nächsthöheren Instanz vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), um eine Klärung für alle bestehenden zu erreichen, wie es die Wiener Linien erklärt haben. Die Niederösterreicherin forderte 1.500 Euro für vier um je 150 Euro gekaufte Semestertickets. Doch dann kam alles anders für die vermeintlich Geschädigten. Denn der EuGH betrachtete die Situation in einem sogenannten Vorabentscheidungsverfahren deutlich anders.
Im EuGH-Beschluss hieß es, dass es sich aus dem Ersuchen nicht erschließt, warum Personen aus einem anderen Bundesland als Wien rechtlich eine Ethnie darstellen könnten. MeinBezirk berichtete:
5,14 Millionen Euro vom Tisch
Mit der Entscheidung auf höchster, europäischer Ebene wanderten die zuvor gegangenen Rechtsentscheidungen nochmal retour. So auch an das Landesgericht für Zivilrechtssachen (LGRZS). Am Freitag teilten die Wiener Linien in einer Aussendung mit, dass ein für sie erfreuliches Teilurteil gefallen ist: "Das Landesgericht hat entschieden, dass der immaterielle Schadenersatz von € 300/Ticket nicht zusteht. Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel mehr."
Das LGRZS folgt damit dem Beschluss des EuGH (siehe oben) und kipp zumindest den Entschädigungsbeitrag (300 Euro pro Fall), der in Summe mindestens 5,14 Millionen Euro ausmachen würde. Das Verkehrsunternehmen sieht sich durch das Teilurteil voll in ihrer Argumentation bestätigt und somit seien die millionenschweren Schadenersatzforderungen der Prozessfinanzierer vom Tisch.
Soviel zu der Entschädigung wegen mutmaßlicher Diskriminierung. Betreffend der eigentlichen Ticketdifferenz (75 Euro pro Ticket) hat das LGZRS das Verfahren an das Bezirksgericht Innere Stadt zurückverwiesen. Dieses war in der Causa die erste Instanz und solle sich mit anderen Rechtsgrundlagen noch einmal vertieft auseinandersetzen. Angesichts des aktuellen Urteils sehen die Wiener Linien diesem Verfahren "positiv entgegen und wollen auch hier eine endgültige Entscheidung finden", so Pressesprecher Elias Natmessnig.
MeinBezirk hat bei der Legal-Tech-Plattform "ticketerstattung.at" um ein Statement gebeten. Wenn die Stellungnahme da ist, wird diese hier veröffentlicht.
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