Psychische und emotionale Gewalt / Psychologie
Die eigenen Stärken und Ressourcen wieder finden
Toxischer Narzissmus / Tipps bei psychischer Gewalt in der Partnerschaft Teil 3 – meine Stärken
„Toxisch“ heißt so viel wie giftig und meint ein Phänomen, dass in nahen zwischenmenschlichen Beziehungen häufig zu beobachten ist. Den Begriff „toxisch“ sollten wir immer nur dann verwenden, wenn über einen längeren Zeitraum psychische Gewalt im Spiel ist. Das kann in Partnerschaften sein, im Familienleben, aber auch am Arbeitsplatz. Böse Worte in einem Streit sind per se noch lange nicht toxisch, wenn sich der andere Mensch danach bei uns entschuldigt und unsere Kränkung ernstnimmt.
„Toxizität“ bedarf somit eines gewissen chronischen Verlaufs von Wochen, Monaten und Jahren. Vor allem Menschen, die narzisstische oder dissoziale Persönlichkeitsstörungen aufweisen, verhalten sich toxisch und bemerken dies gar nicht. Umgekehrt gibt es natürlich viele Menschen, die die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung haben und sich nicht psychisch gewaltvoll und toxisch verhalten, weil sie gelernt haben, erwachsen und konstruktiv mit ihren Ängsten, Bindungsdefiziten und ihrer inneren Not umzugehen.
Narzisstische Personen und Menschen, die dissozial sind, haben jedoch in der Regel gar keine Krankheitseinsicht und wenig bis gar keine Empathie, wenn sie Konflikte austragen oder zu Täter*innen werden (in guten Phasen können sie jedoch mitunter schon empathisch sein). Diese mangelnde Einsicht in die Erkrankung nennt man in der Psychologie „ich-synton“. Der schwer narzisstische Mensch erlebt seine Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen als völlig normal und adäquat. Normalerweise hat er keinen Leidensdruck und auch keine Schuldgefühle, wenn er anderen Menschen schadet. Narzisstische Persönlichkeiten merken nicht, wenn sie andere Personen missbrauchen und wenn sie gewaltvoll werden. Umgekehrt spüren sie es aber selber ebenfalls nicht, wenn sie von anderen Menschen emotional missbraucht werden, da der Zugang zum eigenen authentischen Fühlen und Spüren, zu den Emotionen, zu den eigenen Grenzen und authentischen Bedürfnissen nicht gegeben ist. Narzisstische Persönlichkeitsstörungen zählen daher zu den Frühstörungen des Selbsts.
Menschen hingegen, die eine Borderline-Persönlichkeitsstörung aufweisen, haben häufig eine hohe Einsicht in ihre psychische Erkrankung und lernen oft im Rahmen einer Psychotherapie, ihre Emotionen besser zu regulieren und Konflikte empathischer und konstruktiver auszutragen.
Werde ich Opfer von psychischer Gewalt, so ist es wichtig, dass ich mich selbst (und meine Kinder!) schütze und in Sicherheit bringe. Bei körperlicher und sexueller Gewalt bedarf es darüber hinaus immer polizeilicher Wegweisungen und der Staatsgewalt.
Psychische Gewalt ist viel subtiler als körperliche oder sexualisierte Gewalt. Sie ist nur schwer nachweisbar und somit strafrechtlich kaum zu ahnden. Das Gefährliche an psychischer Gewalt ist die Vergiftung der Seele. Ich erlebe es in meiner Praxis häufig, dass Menschen, die in einer längerdauernden toxischen Partnerschaft gelebt haben, eine Anpassungsstörung, Depressionen, Schuldgefühle, irrationale Ängste und Belastungssymptome entwickeln. Diese Symptome brauchen Zeit, Geduld, einen sicheren Raum, Halt und Heilung.
Je Mehr Distanz ich vom/von der Partner*in habe, desto leichter erkenne ich das manipulative und schädliche Verhalten. Oftmals braucht es auch, wie bei Drogen, einen kalten Entzug, d.h. eine Trennung vom/von der Partner*in mit einer konsequenten Kontaktsperre.
Da Menschen, die in toxischen Partnerschaften leben, permanent in ihrem Selbstwerterleben zutiefst erschüttert werden, geht ihnen oft der Zugang zu ihren Stärken und Ressourcen verloren. Gerade diese brauchen wir aber, wenn wir psychische Gewalt erleben.
Folgende Fragen können Ihnen helfen, sich Ihrer Stärken und Ressourcen wieder bewusster zu werden, um mehr Selbstsicherheit und innere Stärke zu erlangen.
Für welche Personen sind Sie besonders wichtig? Was schätzen, achten, akzeptieren und lieben diese an Ihnen?
Was gibt mir in meinem Leben Sinn (z.B. mein Beruf, ein liebevoller Elternteil zu sein, meine Kinder, Freunde, künstlerische Tätigkeiten u.v.m.)?
Welche meiner persönlichen Eigenschaften mag ich an mir und welche helfen mir in meinem Leben weiter (z.B. Humor, Ernsthaftigkeit, Freundlichkeit, Konsequenz, Aufrichtigkeit, Toleranz)?
Was kann ich besonders gut und wo liegen meine Talente?
Für welche Taten, Erfolge und Leistungen habe ich Anerkennung von anderen Menschen erhalten?
Welche Hobbys und Freizeitbeschäftigungen berühren mich emotional und tun mir gut?
Welche Menschen sind in meinem Leben besonders wichtig?
Welche Menschen unterstützen mich?
Gibt es spirituelle, religiöse oder philosophische Überzeugungen, die mir inneren Halt, Kraft und Zuversicht geben?
Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)
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