Kritik an Stadt
Wiener ÖVP präsentiert Strategie für Deutschförderung
Bildungsstadtrat Wiederkehr (Neos) habe in Sachen Deutschförderung versagt, so die Wiener ÖVP. Landesparteichef Karl Mahrer und ÖVP-Wien-Bildungssprecher Harald Zierfuß präsentierten bei einem Medientermin einen Sieben-Punkte-Plan. Damit könne in fünf Jahren jeder Schulanfänger Deutsch sprechen, heißt es.
WIEN. Vor wenigen Tagen präsentierte Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) die neue Bildungsinitiative "Mission Deutsch". Neben Maßnahmen zur Sprachförderung in Kindergärten und Schulen forderte er dabei erneut mehr Unterstützung vom Bund, um den mangelnden Deutschkenntnissen zahlreicher Volksschulkinder entgegenzuwirken.
Bei einem Medientermin am Mittwoch, 5. Februar, konterte die ÖVP Wien. Man müsse dieses Problem vor allem in den Kindergärten angehen, für diese sei allein die Landesregierung zuständig. Genau hier habe der Bildungsstadtrat versagt, so der Ton.
Landesparteiobmann Karl Mahrer sowie Bildungssprecher Harald Zierfuß legten ihre Sicht der Dinge dar und präsentierten aktuelle Zahlen, die laut eigenen Angaben vom Bildungsministerium bestätigt wurden. Demnach sind im Schuljahr 2024/25 mindestens 48,8 Prozent der 22.103 Schulanfängerinnen und -anfänger in Wien außerordentliche Schülerinnen und Schüler. Außerordentlich bedeutet, dass das betreffende Kind zwar über die geistige Reife für die aktuelle Schulstufe verfügt, aber dem Unterricht wegen mangelnder Deutschkenntnisse noch nicht folgen kann.
ÖVP: "Links-linke Lustlos-Koalition"
Seit dem Amtsantritt von Wiederkehr habe sich die Zahl der außerordentlichen Volksschülerinnen und Volksschüler insgesamt von rund 10.000 auf fast 20.000 erhöht, so Zierfuß weiter: "So dramatisch war die Situation noch nie". Zu MeinBezirk sagte er: "Wenn ein Kind zum Schuleintritt nicht Deutsch kann, dann hat es die Sprache erstens nicht von den Eltern gelernt und zweitens nicht im Kindergarten." Daher brauche es eine Deutschförderung in Kindergärten, die einen Spracherwerb garantiere. In den vergangenen viereinhalb Jahren sei aber nichts geschehen.
Mahrer ließ noch deutlichere Wahlkampftöne erklingen. "Die links-linke Lustlos-Koalition ist grandios und endgültig gescheitert." Im Bildungsressort sei Wiederkehr für dieses Scheitern verantwortlich. Die zuletzt präsentierten Maßnahmen seien nichts als "skurriler Aktionismus". Zahlreiche Eltern würden sich alleingelassen fühlen, so der ÖVP-Wien-Chef.
Sprachtest für alle Dreijährigen
Die von Wiederkehr vorgestellte "Mission Deutsch" beinhaltet unter anderem freiwillige Lesepatinnen oder Lesepaten. Dabei sollen die Wienerinnen und Wiener selbst aktiv werden, um die Kinder beim Lesen und Erlernen der Sprache zu unterstützen. Außerdem sollen laut dem Bildungsstadtrat bis zum Ende des Jahres weitere 500 Sprachförderkräfte in den Kindergärten der Stadt arbeiten.
Zierfuß und Mahrer hingegen stellten ihren "Deutschförderplan" für Kindergärten vor. Dieser umfasst sieben Punkte, darunter eine sogenannte "Sprachstandfeststellung" aller dreijährigen Kinder. Diese soll bei Routineuntersuchungen von Ärztinnen und Ärzten eingeleitet werden. Auch ein verpflichtender Kindergartenbesuch für Kinder mit Deutschförderbedarf ab drei Jahren soll Abhilfe schaffen. Weiters sollen mehr Fachkräfte in Kindergärten zur Verfügung stehen.
Neos: Bund trägt nichts bei
Mahrer sei sich bewusst, dass diese Punkte mehr finanzielle Mittel im Bildungsbereich benötigen würden. Dagegen könne die Stadtregierung aber durch "Anpassung" der Sozialleistungen sowie Kürzungen im Förderwesen sparen. Der ÖVP-Landesparteiobmann gab ein Versprechen ab: "Mit der Wiener Volkspartei in der Stadtregierung kann in fünf Jahren jedes hier geborene Kind bis zum Schuleintritt Deutsch".
Die Antwort von Wiederkehrs Partei, den Neos, ließ nicht lange auf sich warten. Die Wiener Klubobfrau Bettina Emmerling dazu: "Karl Mahrer versucht, ein ‚Wien-Problem‘ zu konstruieren, obwohl die eigentliche Verantwortung längst bei seiner eigenen Partei liegt". Das Bildungsministerium sei hier in die Pflicht zu nehmen. "Statt mit dem Finger auf Wien zu zeigen, sollte die ÖVP endlich dort handeln, wo sie die Verantwortung trägt – auf Bundesebene." Wiederkehr setze "konkrete Maßnahmen um, die direkt wirken". Der Bund trage nichts zur Lösung des Problems bei.
Auch die Wiener SPÖ schaltete sich ein. "Der Bund finanziert aktuell zu wenige Planstellen für die Deutschförderung – das ist nicht akzeptabel", so SPÖ-Bildungssprecher Jörg Neumayer. Wien werde hier anders behandelt als andere Bundesländer: Während in anderen Ländern 100 Prozent der förderbedürftigen Kinder berücksichtigt würden, seien es in Wien nur 75 Prozent. Gemeinsames Handeln sei angesagt: "Es braucht einen Wiener Schulterschluss aller Parteien, die ein tatsächliches Interesse daran haben, dass die Kinder Deutsch erlernen".
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