Interview
Umweltministerin Köstinger über Plastiksackerlverbot, Almregeln und AKW
Die Ministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat im Interview zur aktuellen Situation in Mochovce, Mikroplastik und Vollkasko-Mentalität Stellung genommen.
Was macht Österreich gegen die Baumängel bei den neuen Reaktoren des Atomkraftwerks Mochovce?
ELISABETH KÖSTINGER: Wir fordern von der slowakischen Regierung, dass die Baumängel zu 100 Prozent behoben werden. Wir haben auch die internatio-nale Atomaufsichtsbehörde eingeschaltet, damit Mochovce von einer unabhängigen Instanz überprüft wird.
Seit Kurzem gibt es zehn Verhaltensregeln für den Umgang mit Weidevieh. Warum?
Leider sind wir an einem Punkt angelangt, an dem die Eigenverantwortung nicht mehr an oberster Stelle steht, sondern der Schuldige. Wenn wir ein gutes und selbstbestimmtes Zusammenleben haben wollen, müssen wir diesen Trend wieder umkehren. Denn die Schuldfrage kann für Einzelne existenzbedrohend sein. Wir müssen weg von der Vollkasko-Mentalität und hin zu mehr Eigenverantwortung. Denn eine Alm ist kein Streichelzoo.
Sie haben die Organisatoren der "Fridays for Future"-Bewegung getroffen.
Ich freue mich, dass die Jugendlichen sich für unser Klima einsetzen. Wir in Europa sind für zehn Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes verantwortlich. Dennoch macht jeder Einzelne einen Unterschied: ob er das Klima schützt oder den Klimawandel befeuert. Wir wollen Klimaschutz zur größten Mitmachbewegung in Österreich machen. Denn das Nichthandeln kostet um einiges mehr als das Handeln.
Ist der Klimawandel denn die größte Bedrohung für die Menschheit?
Er ist zweifelsfrei die größte Herausforderung, vor der wir stehen. Deswegen sollte unser erstes Ziel der Klimaschutz sein. Zum Beispiel mit dem "Raus-aus-dem-Öl"-Bonus, dessen Ziel es ist, alle 700.000 Ölheizungen in Österreich auszutauschen. Das Zweite ist die Anpassung an den Klimawandel. Es braucht Saatgut, das mit den trockenen Voraussetzungen zurechtkommt.
Wie wollen Sie bäuerliche Familienbetriebe schützen?
Wir als Konsumenten entscheiden jeden Tag, welches Landwirtschaftsmodell wir unterstützen: Sind es die bäuerlichen Strukturen oder sind es die Agrarindustrien, die auf Billigproduktion ausgerichtet sind? Billig gibt es jedoch nicht, denn irgendwer zahlt immer. Entweder es ist das Tierwohl oder es sind die Böden, die ausgelaugt werden. Hier braucht es eine Veränderung der europäischen Agrarpolitik: weg von der Masse, hin zur Qualität.
Garteln liegt voll im Trend. Haben Sie einen grünen Daumen?
Ich bin stolze Besitzerin eines Hochbeetes. Und wenn ich auch nicht immer zu 100 Prozent erfolgreich bin, was meinen grünen Daumen betrifft, so gartel ich doch mit viel Leidenschaft.
Was haben Sie denn heuer angepflanzt?
Kräuter, Tomaten und Chili.
Bekommt Ihr Sohn fertige Babynahrung oder kochen Sie selbst?
Wir kochen selbst, denn Essen hat in meiner Familie einen hohen Stellenwert. Auch die Frage, woher es kommt und wie es produziert worden ist. Das geben wir auch an unseren Sohn weiter.
Wie umweltbewusst leben Sie und wo stoßen Sie an Ihre Grenzen?
Ich versuche, so gut es geht auf Plastik zu verzichten und sehr regional und saisonal einzukaufen. Aber ich sehe natürlich auch, wie oft man dabei an die Grenzen stößt – besonders, wenn man einmal schnell etwas braucht.
Wie sieht Ihr Kampf gegen Plastik aus?
Wir haben das Plastiksackerlverbot beschlossen. Wir wollen ein Viertel des Verpackungsplastiks reduzieren. Außerdem wollen wir Mikroplastik verbieten.
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