Lobautunnel: Kippt die SPÖ ihr eigenes Gesetz?
Wird der Tunnel realisiert, könnten die Donau-Auen den Status als Naturschutzgebiet verlieren.
WIEN. „Mit dem Lobautunnel will Michael Häupl Gesetze umgehen, die er selbst unterzeichnet hat.“ Das ist der Vorwurf von Landschaftsökologe Christian Schuhböck von der Naturschutzorganisation Alliance for Nature. Wie er darauf kommt: Die Naturverträglichkeitsprüfung (NVP) für den Tunnel ist noch ausständig.
Anders als die bekanntere Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) liegt diese nicht beim Verkehrsministerium, sondern beim Land Wien selbst (Fachausdrücke: siehe Lexikon). Was das konkret mit Häupl zu tun hat? 1996 unterzeichneten der damalige Umweltminister Martin Bartenstein sowie die beiden Landeshauptmänner Erwin Pröll und Michael Häupl einen Vertrag zur Errichtung des Nationalparks Donau-Auen.
Damit sind die Donau-Auen ein Naturschutzgebiet. Wodurch wiederum die Wasserverordnung (WRRL) der EU eingehalten werden muss. Diese besagt, dass es vermieden werden muss, dass es zu einer Verschlechterung des Grundwassers kommt.
Ein Projekt wie der Lobautunnel würde allerdings das Grundwasser gefährden, so Schuhböck. Auch Godfried Wessely, ehemaliger Chefgeologe der OMV, sieht das Wasserreservoir gefährdet. Und damit sei eine Realisierung des Projekts rechtswidrig. Und das Drängen Häupls darauf eine Missachtung seiner eigenen Gesetze. Sollte die NVP vom Land Wien positiv bewertet werden, wäre die frühere Bekennung zum Naturschutzgebiet also hinfällig. Davon ist zumindest die Alliance for Nature überzeugt.
Gesetzliches Schlupfloch
Sollte der Tunnel gebaut werden, würde im wahrscheinlichsten Fall die Weltnaturschutzunion den Donau-Auen das Siegel als Naturschutzgebiet aberkennen. „Das käme einer Armutserklärung gleich“, so Schuhböck.
Ein Schlupfloch gebe es allerdings schon. Man könnte den Nationalpark teilen – in eine niederösterreichische und in eine Wiener Hälfte.
Beide Hälften wären dann durch eine Art Gürtel unterbrochen, die nicht als Naturschutzgebiet gilt. Unter dem der Tunnel dann erbaut werden könnte.
Sollte die NVP allerdings negativ ausfallen, könnten die Grünen rund um Maria Vassilakou triumphieren.
Diese fordern eine Alternativlösung zum Tunnelprojekt. Damit wären sämtliche Planungen der vergangenen 20 Jahre mit einem Schlag zunichtegemacht.
Der Nationalpark dafür allerdings nicht.
Naturverträglichkeitsprüfung (NVP): Eine positive NVP ist dann notwendig, wenn Projekte ein Europaschutzgebiet beeinträchtigen könnten. Der vom Lobautunnel betroffene Nationalpark Donau-Auen ist ein solches.
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP): Bevor relevante Projekte durchgeführt werden dürfen, muss ein positiver UVP-Bescheid vorliegen.
Damit wird sichergestellt, dass die Umweltauswirkungen im gesetzlichen Rahmen bleiben. Die UVP ist beim Lobautunnel in erster Instanz positiv bewertet worden. Da die Entscheidung aber von mehreren Umweltorganisationen angefochten wurde, wird noch einmal vom Bundesverwaltungsgericht geprüft.
EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL): Das Ziel der WRRL ist ein Verschlechterungsverbot des Wasserhaushalts. Ob ein Tunnel das Grundwasser im Nationalpark Donau-Auen beeinträchtigen würde, muss geprüft werden.
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