Wiener Akademikerball
Das waren die größten Aufreger der WKR-Bälle
Der Akademikerball steht am Freitag wieder vor der Tür. Dieser hatte in den Anfangsjahren zunächst noch wenig mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. In den vergangenen Jahren rückte der Ball durch einige, teilweise unrühmliche Ereignisse, aber immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit.
WIEN. Selten sind Bälle in der Wiener Ballsaison so hochumstritten und stehen dermaßen unter Beobachtung wie der Akademikerball (vormals "Wiener Kooporations-Ball" bis 2012). Das dürfte nicht nur daran liegen, dass dieser von 1952 bis 2012 von rechten - und mehrheitlich schlagenden - Studentenverbindungen organisiert wurde (und danach von der Wiener FPÖ), sondern auch an der Gästeliste. So nahmen in der Vergangenheit für gewöhnlich Mitglieder rechter bis rechtsextremer Gesinnung am Ball teil. Allgemein gilt die Veranstaltung als internationales Vernetzungstreffen Rechtsextremer.
Bekannte Besucher waren unter anderem Markus Beisicht, Patrik Brinkmann, Filip Dewinter, Alexander Dugin, Matthias Faust, Bruno Gollnisch, Enrique Ravello oder die rechtsradikale französische Politikerin Marine Le Pen, die in ihrer Heimat für die Teilnahme an einem laut NGOs "widerlichen Ball für Nostalgiker des 3. Reichs" kritisiert wurde.
Erstmals 1952 ausgetragen
Doch wo finden sich die Anfänge des heiß debattierten Wiener Balls? Organisiert wurde dieser erstmals vom Wiener Korporationsring (WKR). Dieser ist ein im Wien der Nachkriegszeit 1952 gegründeter Zusammenschluss von 24 Wiener Studentenverbindungen, darunter vor allem schlagende Verbindungen. Erstmals fand der Ball, der bis 2012 noch WKR-Ball hieß, am 4. Februar 1952, im Wiener Konzerthaus statt.
15 Jahre aufeinander fand der Ball in den dortigen Räumlichkeiten statt. Ab 1968 (16. Ausgabe) war der Festsaaltrakt der Wiener Hofburg erstmals der Veranstaltungsort. Das blieb dann bis 2012 (bis auf 1987) auch so. Denn nach Kritik an der Betreibergesellschaft der Hofburg kündigte diese an, ihre Räumlichkeiten im Jahr 2012 zum letzten Mal an den WKR zu vermieten.
Seit 2013 von der FPÖ organisiert
Um die Hofburg nicht als Veranstaltungsort zu verlieren, sprang die Wiener Landesgruppe der FPÖ ein und übernahm ab dem Zeitpunkt die Organisation des Balls, der dann auch "rebranded" wurde. Ab 2012 wurde der WKR-Ball in Wiener Akademikerball umbenannt – eine neue Zeitrechnung für den kritisch beäugten Ball.
Der erste Akademikerball fand am 1. Februar 2013 statt und wird seitdem vom Wiener Landtagsabgeordneten Udo Guggenbichler (FPÖ) ausgerichtet. Als Argumentation, was jetzt der Unterschied sei, diente der Betreibergesellschaft der Hofburg der Verweis, dass die Hofburg als ein Haus der Republik allen im Parlament vertretenen Parteien offenstünde. Der Namens- und Organisatorwechsel ging aber nicht spurlos am Aushängeschild der österreichischen Rechten und Rechtsextremen vorbei. Diese verzeichnete danach sinkende Besucherzahlen.
Der WKR- bzw. Akademikerball hatte in den Anfangsjahren zunächst noch wenig mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. In den vergangenen Jahren rückte der Ball durch einige, teilweise unrühmliche Ereignisse, aber immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit.
"Aufreger" der vergangenen WKR- bzw. Akademikerbälle:
- 1968: Der WKR-Ball findet erstmals in der Wiener Hofburg statt
- 1996: Die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) fordert den damaligen Rektor der Uni Wien Alfred Ebenbauer auf, seinen Ehrenvorsitz für den WKR-Ball zurückzulegen.
- 2007: Der ehemalige FPÖ-Bundesratsabgeordnete John Gudenus (2016 verstorben) lässt sich am Ball blicken – und sorgt für heftige Kritik. Er war zuvor wegen Wiederbetätigung verurteilt worden.
- 2008: ÖH und Grüne protestieren dagegen, dass der WKR-Ball weiterhin in der Hofburg stattfinden darf und richten sich an den damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer. Dieser verweist aber auf das ausgegliederte Management der Festsäle.
- 2008: Ausschreitungen bei der ersten Demo am Abend des WKR-Balls. Etwa 200 Personen nehmen an einer unangemeldeten Kundgebung teil und ziehen teilweise randalierend durch die Innenstadt – es kommt zu erheblichen Sachschaden. Ein Polizist wird dabei verletzt.
- 2009: Wieder heftige Ausschreitungen bei einer Demo gegen den WKR-Ball. Statt der 500 erwarteten Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen 1.200. Bilanz: 24 verletzte Polizisten, neun Festnahmen.
- 2010: Trotz Demo-Untersagung der Polizei versammeln sich rund 500 Personen, um gegen den WKR-Ball zu demonstrieren. Die Versammlung wird aufgelöst. Die Bilanz: 14 Festnahmen, mehrere Verletzte, ein angezündeter Einsatzwagen der Polizei.
- 2011: Größerer Polizeieinsatz in der Innenstadt. Mehrere demonstrierende Gruppen sind dort unterwegs, es kommt zu Sachbeschädigungen.
- 2012: Aufreger-Sager von Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache. „Wir sind die neuen Juden“, so Strache zu den Ballgästen. Zudem wird der SPÖ-Bundesratsabgeordnete Alberecht Konecny, der sich am Heimweg von einer Demo befand, von einem Mann mit Schlagring niedergeschlagen.
- 2013: Den WKR-Ball gibt es nicht mehr – dieser heißt nun Akademikerball und wird von der FPÖ organisiert. Wieder Ausschreitungen bei Demos – es kommt zu zwölf Festnahmen.
- 2014: Die bisher heftigsten Ausschreitungen in der Geschichte des Balls. Ca. 6.000 Personen haben sich versammelt und demonstrieren zunächst friedlich. Später kommt es zu schweren Sachbeschädigungen und Angriffen auf Ballgäste. 30 Geschäfte wurden in dieser Nacht verwüstet.
- 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019: Weitgehend friedlich verlaufende Proteste gegen den Ball. 2018 kommt es zu einer Großdemo, ausgerufen von "Offensive gegen Rechts" und anderen Organisationen. 8.000 bis 10.000 Teilnehmer, knapp 3.000 Polizisten sind im Einsatz.
Nachlese: Das war der Wiener Akademikerball 2023:
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