Von Protesten begleitet
Blaue Prominenz tanzte am Wiener Akademikerball
Sellner, Hofer, Strache, Nepp, Rosenkranz, Lugner: Die Liste der hochrangigen Gäste beim Akademikerball war lang. Während die FPÖ-Riege in der Hofburg das Tanzbein schwang, demonstrierten draußen tausende Menschen gegen das Event.
WIEN. Freitagabend und ein großer Teil der Wiener Innenstadt ist wie leergefegt. Die Ringstraße ist zwischen Oper und Schottengasse gesperrt, die Öffis werden umgeleitet. Das Platzverbot, das die Polizei rund um den Heldenplatz verhängt hat, ist um 17 Uhr in Kraft getreten. Grund dafür ist der alljährlich stattfindende Akademikerball, bis 2012 unter dem Namen Wiener Korporations- oder WKR-Ball bekannt.
Hofer kam mit Lugner
Seit 2013 wird der umstrittene Ball von der FPÖ Wien veranstaltet. Von vielen wird er als internationales Vernetzungstreffen Rechtsextremer gesehen. Die Liste der Gäste war auch diesmal lang, viele Politiker der FPÖ und ihrer deutschen Schwesterpartei AfD waren vertreten.
Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer kam wie schon im Vorjahr in Begleitung von Richard Lugner. Sie seien seit dem Bundespräsidentenwahlkampf 2016 eng befreundet. Zuvor gab es ein gemeinsames Dinner, wie Leo Kohlbauer, Pressesprecher der Wiener Blauen, auf X (vormals Twitter) postete. Kohlbauer ist seit einigen Jahren mit Lugners Tochter Jaqueline liiert.
Sellner: "Bin nicht rechtsextrem"
Zeitgleich mit dem Eintreffen von Norbert Hofer und Richard Lugner kam noch ein ganz anderer Gast: Martin Sellner. Mit dem ehemaligen Chef der Identitären wolle Hofer nichts zu tun habe, hatte er 2016 im Präsidentschaftswahlkampf mehrmals erklärt. Auf die Frage, wie er nun zu dessen Teilnahme stehe, sagte Hofer: „Ich glaube, er ist nicht wegen mir gekommen - und ich bin nicht wegen ihm gekommen“.
Der Rechtsextremist Martin Sellner war beim Akademikerball in Begleitung seiner Frau Brittany. Er stellte sich nur liebend gern den Fragen der Medien. Sellner hatte in den Wochen zuvor für Aufsehen gesorgt, nachdem er im deutschen Potsdam über „Remigration“ sprach. Bei dem Treffen hatte er seine Pläne zur millionenfachen Abschiebung präsentiert. Er selbst sei keinesfalls rechtsextrem, erklärte er Freitagabend vor der Hofburg. Er sei lediglich „rechts“. Rechtsextrem seien jene, die versuchen würden, ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen.
Strache: "Kriminalisierung durch Antidemokraten"
Ab 19.30 Uhr trafen die ersten Gäste bei der Hofburg ein. Darunter etwa Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache. Er erklärte, auf „Einladung eines Unternehmers“ hier zu sein. Wie viel die Karten kosten, wisse er nicht. Der Ball sei ihm ein „Herzensanliegen“ und offen für alle. Nur Antidemokraten, die versuchen würden, Andersdenkende zu kriminalisieren, würden den Akademikerball als rechtsextreme Veranstaltung bezeichnen, so Strache im Interview. Es sei der „Ball der Bälle für Menschen mit Niveau und Bodenständigkeit“, hatte er zuvor auf X gepostet.
Nepp: „Linker woker Wahnsinn“
Während in der Hofburg „die Vernunft“ sei, herrsche draußen „der linke woke Wahnsinn“, sagte FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp bei seinem Eintreffen. Mit ihm kam auch Klubobmann Maximilian Kraus. Auch FPÖ-Urgestein Andreas Mölzer, der Ex-Nationalratsabgeordnete Johannes Hübner sowie Burgenlands Ex-FPÖ-Chef Johann Tschürtz und Johann Gudenus gaben sich an diesem Abend die Ehre. Nicht anwesend war wie bereits im Vorjahr FPÖ-Chef Herbert Kickl. Auch Harald Vilimsky, Spitzenkandidat der Blauen für die EU-Wahl, fehlte.
Die Eröffnungsrede hielt FPÖ-Volksanwalt Martin Rosenkranz. Er kritisierte die Demonstrationen gegen den Ball und wies Vorwürfe, wonach es sich dabei um ein internationales Vernetzungstreffen Rechtsextremer handle, zurück. Vielmehr würde auf den Straßen ein „Verhetzungstreffen“ stattfinden, meinte er. „Gibt’s heut‘ auf Straßen linken Krawall, ist wieder Akademikerball“, so Rosenkranz an die „geschätzte ‚Offensive gegen Rechts'“, wie er formulierte.
Demo mit 2.000 Teilnehmern
Die "Offensive gegen Rechts" war es, die zu einer Großdemo aufgerufen hatte. Rund 2.000 Menschen nahmen an der Marschkundgebung vom Schottentor bis zum Stephansplatz teil. Die Demo verlief ruhig. Nach der Abschlusskundgebung zogen viele Demonstrierende weiter zu einer Standkundgebung in der Löwelstraße. Von dort aus versuchten schließlich mehrere Kleingruppen durch das Platzverbot in Richtung Heldenplatz zu gelangen. Die Polizei schritt jedoch ein und hielt die Demonstrierenden davon ab. Im Laufe des Abends kam es zu mehreren Identitätsfeststellungen - die Proteste verliefen ansonsten jedoch ruhig.
Mehr zum Akademikerball 2024:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
3 Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.