Naturhistorisches Museum Wien
Älteste Farben der Welt in Schnecken entdeckt
Ein Sensationsfund kann das Naturhistorische Museum Wien (NHM) für sich verbuchen. So haben NHM-Paläontologen in gemeinsamer Arbeit mit der Uni Göttingen anhand Fossilfunde die bisher ältesten Farbpigmente aus der Gruppe der Polyene entdeckt – und das auf österreichischem Boden.
WIEN/GÖTTINGEN. Es gibt kaum Farbnachweise aus der Urzeit. Am ehesten wären Schnecken mögliche Kandidaten, da diese Farbstoffe in ihrer Schale einlagern, die dann für die typische Färbung vieler Arten verantwortlich ist. Diese werden von den Tieren in speziellen Zellen erzeugt und in unterschiedlicher Konzentration in die Schale eingelagert. Doch auch die überdauern so gut wie nie die Zeit. Durch ihre chemische Zusammensetzung sind Farbstoffe bzw. Pigmente besonders empfindlich und zerfallen daher schnell.
Umso sensationeller ist der Fund von Forschern des Naturhistorischen Museums (NHM Wien). Diese gruben auf österreichischem Boden fossile Schalen der Urzeit-Tierchen aus, auf denen noch Farbspuren vorhanden waren. Geschätztes Alter: 12 Millionen Jahre. Das wäre der älteste Nachweis derartiger Pigmente in Fossilien weltweit.
Fundstellen für solche Fossilien befinden sich an der österreichisch/ungarischen Grenze in Schottergruben südlich von St. Margarethen im Burgenland und bei Nexing in Niederösterreich. Dort wurden Schalen von Nadelschnecken entdeckt, die vor 12 Millionen Jahren am Ufer eines tropischen Meeres lebten. "Es war aber unklar, ob die Muster die ursprüngliche rötliche Färbung zeigen oder durch spätere Prozesse in Sediment entstanden sind", so Mathias Harzhauser, Professor an der Universität Wien und Direktor der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des NHM Wien.
Farbmuster zerfällt
Die Schalen der Schnecken bestehen aus Aragonit, einer Form von Kalk, der sich über Millionen Jahre wenig verändert – im Gegensatz zu den Pigmenten. Diese würden laut Harzhauser rasch in ihre organischen Bestandteile zerfallen. "Fossile Schalen sind daher meist bleich und unscheinbar. Reste von Farbmustern auf Fossilien sind sehr selten", so der Urzeit-Forscher.
Um das Rätsel zu lösen, wurden die Schalen an das Geowissenschaftliche Zentrum der Universität Göttingen geschickt, wo Klaus Wolkenstein schon seit vielen Jahren die Chemie fossiler Farbstoffe erforscht. Den Erfolg brachte die Untersuchung mittels Raman-Spektroskopie. Dabei wird die Probe mit Laserlicht bestrahlt und die abgestrahlten Spektren werden untersucht. Jedes Spektrum ist ein Fingerabdruck des untersuchten Materials und erlaubt eine eindeutige Bestimmung.
"Zu unserer Überraschung zeigte sich, dass die Farbstoffe tatsächlich 12 Millionen Jahre nahezu unverändert erhalten geblieben sind. Damit gelang uns der älteste Nachweis derartiger Pigmente in Fossilien weltweit", freut sich der Geochemiker und Studienleiter Wolkenstein. Chemisch zählen die nachgewiesenen Pigmente zu den Polyenen, das sind organische Verbindungen, zu denen auch die Carotinoide gerechnet werden.
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