MedUni Wien
Möglicher Auslöser von Morbus Crohn & Co. entdeckt
Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität (MedUni) Wien fand heraus, was der Auslöser von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) sein könnte. Die Entdeckung könnte verbesserte Therapien für Betroffene zur Folge haben.
WIEN. Bis zu 80.000 Menschen leiden in Österreich unter chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Als CED werden chronische, entzündliche, nicht ansteckende Erkrankungen des Verdauungstrakts bezeichnet. Chronische Entzündungen im Darm sind für die Betroffenen mit immer wiederkehrenden Beschwerden im Verdauungstrakt verbunden, die den Alltag mitunter massiv einschränken können. Typisch ist, dass sich Erkrankungsschübe mit beschwerdefreien Phasen abwechseln.
Bislang war die Ursache für die beiden häufigsten CED-Formen, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, nicht bekannt. Daher zielte die Behandlung der Erkrankten bisher auf Linderung der oft mit Schmerzen verbundenen Beschwerden ab. Das könnte sich aber schon bald ändern.
Der Ursache auf der Spur
Wie bekannt gegeben wurde, war ein Forschungsteam der Medizinischen Universität (MedUni Wien) der Ursache für CED auf der Spur – und könnte den Auslöser dazu entdeckt haben. So machten die Forschenden die mögliche Ursache von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa an der Oberfläche von Darmepithelzellen aus.
Bei ihren Experimenten konnte die Forschungsgruppe um Bernadette Mödl und Robert Eferl vom Zentrum für Krebsforschung (ZKF) und dem Comprehensive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien erstmals zeigen, dass bestimmte Veränderungen im Bürstensaum der Darmepithelzellen mit der Entstehung von CED in Zusammenhang stehen könnten. Der Bürstensaum besteht aus dichten, fingerförmigen Ausstülpungen (Mikrovilli) auf der Oberfläche der Darmepithelzellen, den Zellen der äußersten Schicht des Darms. Die Mikrovilli sind durch einen Proteinkomplex (intermikrovillärer Adhäsionskomplex - kurz IMAC) miteinander verbunden, der für eine geordnete Struktur des Bürstensaums verantwortlich ist.
Fehlendes Protein
Dass ein bestimmtes Protein aus dem IMAC (CDHR5) bei Menschen mit CED in reduziertem Ausmaß vorhanden ist, weiß man schon länger. Um die bislang unbekannten Zusammenhänge zu erforschen, stellte das Forschungsteam für seine Untersuchungen ein Mausmodell her, in dem CDHR5 fehlte. Wie sich mittels Elektronenmikroskopie zeigte, erschienen die Mikrovilli im Bürstensaum dieser Mäuse verkürzt und ungekämmten Haaren gleich völlig ungeordnet.
"Das allein hat aber noch nicht zum Eindringen von schädlichen Bakterien und zur Entstehung einer Darminfektion geführt", berichtet Erstautorin Mödl. Zu CED kam es erst, nachdem im Rahmen des Experiments die schützende Schleimschicht über den Darmepithelzellen durchlässig gemacht worden war.
Auf ungesunde Ernährung zurückzuführen
"Reduziertes bzw. fehlendes IMAC-Protein und das damit einhergehende Organisationsdefizit im Bürstensaum haben sich in Kombination mit der Durchlässigkeit der Schleimschicht als möglicher Auslöser von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen herausgestellt", fasst Studienleiter Eferl die Ergebnisse zusammen. Entsprechend könnten Wirkstoffe, welche die Produktion von IMAC-Proteinen in den Darmepithelzellen fördern, einen möglichen Ansatzpunkt für die Entwicklung einer ursächlichen Therapie von CED darstellen.
Dass ungesundes, fettreiches Essen mit der Entwicklung von CED assoziiert wird, lasse sich übrigens mit den aktuellen Studienergebnissen ebenfalls erklären, heißt es. Durch diese Ernährungsweise würde die Schleimschicht im Bürstensaum der Darmepithelzellen nachweislich durchlässiger. Das könne vor allem für Personen kritisch sein, die familiär bedingt eine niedrige Produktion von CDHR5 aufweisen, so die Forschenden.
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