Geschäftsleute
Gespaltene Meinungen zum Umbau der Wiedner Hauptstraße
Während die einen Geschäftsleute den Umbau der Wiedner Hauptstraße begrüßen, fürchten andere den Ruin. MeinBezirk hat sich umgehört.
WIEN/WIEDEN. Im jüngsten Sommerinterview mit MeinBezirk verkündete Bezirkschefin Lea Halbwidl (SPÖ), dass die Halbzeit für die Umgestaltung der Wiedner Hauptstraße erreicht ist. MeinBezirk berichtete:
Im November soll diese in neuem Glanz erstrahlen – mit mehr Begrünung, verbesserter Öffi-Infrastruktur und einem Zweirichtungs-Radweg. Aber wie geht es den Geschäften damit in der Straße? Da scheiden sich die Unternehmergeister.
"Keine Kunden mehr"
Monika Rader führt die Boutique "Le BonBon" (Höhe 78). "Mir geht es mit der Baustelle sehr schlecht", erzählt sie. Bis zu 40 Prozent Umsatzeinbußen habe sie zu verbuchen. Der Zuschuss der Wirtschaftskammer decke nicht einmal annähernd das Minus vom ersten Monat ab. "Man wird total in der Luft hängen gelassen", erklärt die Geschäftsfrau, "ich habe keine Kunden mehr, ich kann keine Miete mehr zahlen und ich musste sogar eine Mitarbeiterin entlassen."
Anders sieht es Oliver Tick. Er betreibt die Blumenwerkstadt Rath (Höhe 58) und ist optimistischer: "Wir freuen uns auf den neuen Radweg! Er ist notwendig, damit die Menschen sicherer unterwegs sind." Vorher habe es einige Unfälle vor seiner Ladentür gegeben. "Natürlich ist es hart, weil das für uns schon die zweite Baustelle ist", lenkt Tick ein. Aber dank vieler Stammkunden ist er zuversichtlich. Eine Sorge hat er aber: "Ich hoffe nur, dass der Umbau wirklich rechtzeitig im November fertig wird", erklärt er. "Der Advent ist nämlich unsere Hauptsaison."
"Es ist ein Schwachsinn"
Kein Blatt vor den Mund nimmt Gottfried Iro, Inhaber der Parfümerie Schleien (Höhe 40). "Es ist ein Schwachsinn, was man hier aufführt", erzählt er. Gefragt habe ihn keiner – als er seine Kritik einbringen wollte, wäre er vor vollendete Tatsachen gestellt worden. "Im Bezirksamt hat man mich abgeschaselt, weil es schon entschieden ist."
Auch für die Zukunft sieht Iro schwarz "Es werden auf dieser Straße sicher 50 Prozent der Geschäfte sterben", prophezeit er. Besonders, dass es weniger Parkplätze geben wird, ist für ihn ein Problem. "Sicher 80 Prozent meiner Kunden sind Autofahrer." Hilfe habe er von niemandem bekommen, obwohl er E-Mails an alle möglichen Stellen geschrieben habe. "Da gibt es nur eine blöde Antwort, sonst nichts."
"Bin Freund des Umbaus"
Gleich nebenan, im selben Haus, befindet sich der Kaffeegreissler. "Ich bin ein großer Freund des Umbaus", lacht Inhaber Patrick Schönberger. "Erstens wird’s noch schöner, zweitens habe ich auch gerade viel mehr Passanten, weil die Leute zu Fuß gehen müssen." Natürlich wäre es teilweise sehr laut, "aber an sich funktioniert es recht gut."
Auch Erwin Sengstschmid, Inhaber von Lederwaren Sengstschmid (Höhe 60), sieht den Umbau positiv. "Ich selbst habe zum Glück keine Einbußen gemacht", erzählt er. Natürlich sei es im Sommer etwas ruhiger, aber das sei jedes Jahr der Fall. "Ich bin seit 35 Jahren im Geschäft und habe viele Stammkunden." Er freue sich außerdem, wenn nachher alles schöner und aufgeräumter aussehe.
"Ich bin schon teilweise sauer, denn die Baustelle geht schon ziemlich lang", erzählt hingegen Simon Danho, Betreiber der goldenen Kugel (Höhe 42). "Ich habe aufgrund der jetzigen Situation einen Umsatzrückgang, für den keiner aufkommen möchte", klagt er. Informiert wäre er geworden, jedoch habe er von Anfang an gefordert, dass für den Umsatzrückgang aufgekommen werde. Zugesichert wurde Danho nichts. "Ich habe es bei allen möglichen Stellen versucht, bis hin zum Bürgermeister", erklärt er. Leider aber vergebens, denn niemand fühle sich verantwortlich. "Ich habe gekämpft bis zum Gehtnichtmehr, denn die goldene Kugel ist eine Institution."
"Danach wird es besser"
Ein weiterer Geschäftsmann, der anonym bleiben möchte, versucht, Geduld zu bewahren. "Natürlich haben die Leute durch die Bauarbeiten überhaupt keine Lust, zu flanieren", erklärt er, "gerade die Lautstärkebelastung ist sehr stark." Aber er sieht ein Licht am anderen Ende des Tunnels: "Ich glaube, es wird danach viel besser, weil die Straße auch schöner wird. Und die Umbauarbeiten sind absolut gerechtfertigt."
"Die bereits langandauernden Umbauarbeiten stellen aktuell eine Belastung für viele Betriebe auf der Wieden dar", weiß auch Claudia Strohmaier, Bezirksobfrau der Wirtschaftskammer Wien für Wieden. "Der Lärm, der Baustellenschmutz und die eingeschränkte Erreichbarkeit durch Kunden stellen die Herausforderungen dieser Zeit dar. Neue Chancen warten auf die Unternehmen, wenn in Zukunft die Wiedner Hauptstraße mit einer angenehmen Einkaufsatmosphäre die Kunden wieder zum Verweilen einlädt."
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