Albertina Klosterneuburg
Klaus Albrecht Schröders letzter Coup!
1,2 Millionen Besucher zählte die Wiener Albertina im Jahr 2023, ein neuer Rekord. Das hochkarätige Museum im Palais Erzherzog Albrecht, einer ehemaligen Residenz der Habsburger, erlebte unter dem Ende 2024 scheidenden Direktor Klaus Albrecht Schröder einen beispiellosen Erfolgslauf. Die 1776 gegründete Sammlung, deren Namen sich auf den Initiator Albert Casimir Herzog von Sachsen-Teschen (einem Schwiegersohn Maria Theresias) bezieht, hatte bis Ende der 90er als druckgrafische Spezialausstellung rund 15000 Besucher jährlich, bis Schröder 1999 das Konzept änderte. Neben der Renovierung der historischen Prunkräume wurden 5 zusätzliche Ausstellungshallen installiert, die Albertina normierte die „Unteilbarkeit des Künstlerischen“ und präsentierte sich als ganzheitliches Kunstmuseum mit Grafiken, Skulpturen, Architektur, Fotos und natürlich Gemälden.
Maßgeblichen Anteil am Erfolg der Albertina hatten – neben Blockbuster-Ausstellungen über Van Gogh (400.000 Besucher), Munch & Co. auch die übernommenen Sammlungen. 2007 erhielt das Museum mit dem von Hans Hollein kreierten 64 Meter langen Flugdach („Soravia Wing“) die Sammlung Batliner als unbefristete Dauerleihgabe. Diese war nicht nur Grundlage für Sonderausstellungen von Picasso, Magritte bis Matisse, sondern auch für die Dauerausstellung „Monet bis Picasso“. Seit 2017 ist die Albertina im Besitz der Sammlung Essl, die 2018 in eine Schenkung transformiert wurde. Über eine Million Kunstwerke liegen in der Hand der Albertina, davon rund 65.000 Werke nach 1945. Sie zählt damit – neben Kapazundern wie der Londoner Tate Modern, dem Pariser Centre Pompidou oder dem New Yorker Museum of Modern Art – zu den größten zeitgenössischen Museen weltweit.
2020 erfolgte eine weitere Expansion. Schröder eröffnete im Künstlerhaus am Karlsplatz die Albertina Modern, die die Nettoausstellungsfläche von 5500 m2 auf 8000 m2 vergrößerte. Der letzte große Coup gelang im April 2024. Im ehemaligen Essl-Museum in Klosterneuburg, nur wenige Kilometer von Wien entfernt, öffnete die Albertina Klosterneuburg mit einer zusätzlichen Ausstellungsfläche von 3000 m2 ihre Pforten. Für Fans der Albertina stehen jetzt also insgesamt 11.000 m2 Ausstellungsfläche zur Verfügung.
Der besondere Vorteil der Location in Klosterneuburg: Die Kunstwerke werden dort gleichzeitig gelagert und können direkt aus dem Depot im Erdgeschoß in die Ausstellungsräume transportiert werden. Aufgrund der weiträumigen Hallen können hier – im Gegensatz zu den beiden anderen Museen – auch Großformate präsentiert werden. Die Titel der ersten drei Ausstellungen: „Pop Art – The Bright Side of Life“, „Von Hundertwasser zu Kiefer“ und „Die lädierte Welt“. Ergänzt werden die Ausstellungsformate durch das neue Konzept „Im Blickpunkt“, durch das einzelne Künstler (wie Valie Export, Ben Willikens und Roy Lichtenstein) oder einzelne künstlerische Techniken (wie das Tondo in der Kunst der Gegenwart) abgeschlossen dargestellt werden.
Pop Art
Im Pop Art-Areal trifft man auf Werke der US-Ikonen Andy Warhol, Robert Rauschenberg, Chuck Close oder Roy Lichtenstein, der kürzlich in der Wiener Albertina mehr als 300.000 Besucher begeisterte. Vertreten sind allerdings auch Werke österreichischer Pop Art-Künstler, deren Sujets im allgemeinen selbstironischer und humorvoller angelegt wurden. Darunter Kiki Kogelnik mit ihrer „Cooking Lesson“ (als Kritik an der traditionellen Rolle der Frau), Christian Ludwig Attersee mit seinem „Hundebüstenhalter“ oder Peter Pongratz mit seinem „Schutzengel“, dessen Vorlage aus einer Bildtafel des Religionsunterrichts stammt.
Die lädierte Welt
„Das Leben ist eine Wunde, und sie heilt so schwer“ – Ein Satz der österreichischen Schriftstellerin Marianne Fritz, der als Pate für die „lädierte Welt“ steht. Die düsteren Themen: Krankheit, Krieg, Zerstörung, Tod. In einem separaten Raum steht die imposante, überlebensgroße Skulptur „Die Päpste“ des rumänischen in Wien lebenden Künstlers Virgilius Moldovan. Altersgeplagt und gezeichnet vom Leben werden die bereits verstorbenen Ex-Päpste Ratzinger und Wojtyla ineinander verhakt dargestellt. In dem monumentalen 4 mal 13 m großen Gemälde „Gates of Justice“ zeigt Sasha Okun todkranke Menschen, denen der Arzt in der Mitte nicht mehr helfen kann. Marc Quinns kopulierende „Skeletons“ bringen dagegen zum Schmunzeln, haben aber eigentlich dieselbe Message. Sie zeigen die menschlichen Skelette, die als einziger körperlicher Bestandteil den Tod überwinden. 27 Monitore, angeordnet als Pyramide, bilden die 80er-Video-Installation „Tränen aus Stahl“ der belgischen Künstlerin Marie-Jo-Lafontaine. Zu sehen darin: Muskulöse Männer im schweißtriefenden Power-Training, als Metapher für Lust und Leid zugleich.
Valie Export
Im dritten Ausstellungsraum warten deutsche Künstler mit ihren Meisterwerken auf die Besucher: Anselm Kiefer, Georg Baselitz, Gerhard Richter (der laut „Kunstkompass“ weltweit wichtigste Künstler) und Jörg Immendorff, der insbesondere die Teilung Deutschlands thematisiert. Zu sehen sind außerdem Exponate des Wiener Aktionismus (von Arnulf Rainer bis Otto Mühl und Günter Brus). Back to the Sixties geht es mit Valie Export, deren legendärer mit Peter Weibel inszenierter Video-Film „Tapp und Tastkino“ (1968) den Voyeurismus der Männer offenlegt. Ebenfalls im Repertoire sind die Installation „I beat it“ und die Fotografien „Smart Export“ und „Aktionshose: Genitalpanik“, die auch 2023 Teil der Sonderausstellung in der Wiener Albertina waren.
Fazit: Ein Besuch in den drei Albertina-Locations lohnt sich auf jeden Fall. Albertina und Albertina Modern sind täglich geöffnet, die Albertina Klosterneuburg Donnerstag bis Sonntag (bis 5. Jänner). Die Wiedereröffnung erfolgt im April 2025, und das bereits unter dem neuen Generaldirektor (und ehemaligen Chef der Berliner Nationalgalerie), Ralph Gleis. Der nach der erfolgreichen Ära Schröder in keine einfachen Fußstapfen tritt…
www.oliverplischek.at
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