Bürgerbefragung geht trotz heftiger Kritik in finale Phase

Im Laufe dieser Woche erhalten die wahlberechtigten Welser ihren Stimmzettel. Ab 10.000 Stimmen soll die Abstimmung bindend werden. | Foto: Gina Sanders/Fotolia
  • Im Laufe dieser Woche erhalten die wahlberechtigten Welser ihren Stimmzettel. Ab 10.000 Stimmen soll die Abstimmung bindend werden.
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WELS. Am vergangenen Montag wählten durch Zufallsprinzip ausgewählte Bürger sowie die Teilnehmer des Positionierungsprozesses fünf Fragestellungen aus, welche die wahlberechtigten Welser am 2. Oktober bei der Bürgerbefragung über die Aufgabenreform des Magistrats beantworten. Am "Wahltag" ändert sich auch nach der Verschiebung der Bundespräsidentenstichwahl nichts. Es handelt sich auf dem Fragebogen um folgende Fragen:

· Sollen Abendbusse im Linienverkehr eingeführt werden? (geschätzte Mehrkosten von 90.000 Euro jährlich)
· Soll eine neue Buslinie direkt von der Neustadt über die Vogelweide und die Gartenstadt in die Noitzmühle eingeführt werden? (geschätzte Mehrkosten von 270.000 Euro jährlich)
· Soll die Einbahn Eisenhowerstraße nach einer Machbarkeitsprüfung geöffnet werden? (Kosten noch unbekannt)
· Soll die Stadt Wels den Verlust der Volkshochschule erheblich reduzieren? (Einsparung von bis zu 220.000 Euro jährlich durch Schließung der VHS-Gebäude Pernau und Noitzmühle und teilweise Anhebung der Kursgebühren)
· Sollen Veranstaltungen im Kulturbereich nur mehr teilweise von der Stadt Wels selbst durchgeführt werden? (Einsparung von bis zu 170.000 Euro jährlich)

Nur SPÖ-Themen

Die Kritik der Oppositionsparteien an der Durchführung der Befragung reißt jedoch nicht ab. Die Stadt legte beim zweiten Workshop am Montag sieben Themenbereiche zur Auswahl vor. Für die Welser SPÖ handelte es sich bei der Auswahl dieser sieben Fragen "um reine Willkür". Zum einen bekritteln die Roten die überschaubare Teilnahme von Bürgern an den Workshops. Weiters beklagen sie in einer Aussendung eine "massive Einflussnahme des Bürgermeisters auf die Endauswahl." Die fünf Fragen, welche es auf den Fragebogen schafften, haben laut SPÖ nichts mit der im Gemeinderat beschlossenen Struktur- und Aufgabenreform zu tun. Zudem ärgern sich die Mitglieder der SP-Fraktion, dass es sich mit den Themen Kultur, Bildung und Verkehr nur um Themen aus ihrem Ressort handelt. Bürgermeister Andreas Rabl kontert den Anschuldigungen: "Die Einsparungsvorschläge zur Volkshochschule und den Eigenveranstaltungen kamen von der Agentur ICG. Der Punkt mit der Einbahn ist ein zusätzliches Thema und die anderen Punkte gingen aus einem Arbeitspapier der eww Gruppe zur Reform des Nahverkehrs hervor." Im Vorfeld der Workshops sei eine Liste mit 50 Sparvorschlägen unter Mitwirkung aller Fraktionen abgearbeitet worden. So seien bereits Vorschläge mit einem Einsparungsvolumen von insgesamt etwa 3,5 Millionen Euro beschlossen worden. "Fraktionen hatten zudem die Möglichkeit, weitere Themen zu nennen. Die Neos haben das gemacht, die Grünen und SPÖ aber nicht." So sei es logisch, dass am Stimmzettel bei der Bürgerbefragung nur SPÖ-Themen stehen. "Themen der FPÖ- und ÖVP-Ressorts wurden bereits beschlossen, durch ihre Blockadehaltung aber noch keine der SPÖ." Die sieben Fragen, welche den Bürgern beim zweiten Workshop zur Auswahl standen, seien jene, die für die Stadtregierung Sinn machen.

"Von 0 bis 1,2 Millionen"

Würden alle fünf Fragen bei der Abstimmung zu mehr als 50 Prozent mit Ja beantwortet, so würde damit kaum etwas eingespart. Das sieht Rabl jedoch anders: "Wenn die Bevölkerung etwa sagt, sie will den Nachtbus nicht, dann haben wir eine Einsparung. So können es insgesamt 1,2 Millionen Euro an Einsparungen sein, es können aber auch 0 Euro sein." Die Kosten für die Bürgerbefragung beziffert der Bürgermeister auf unter 30.000 Euro exklusive Personalkosten für Betreuer der 22 Abgabestellen am Wahltag. Dass nur etwas mehr als 30 anstatt der zunächst anvisierten 60 Bürger an den Workshops teilnahmen, ist für Rabl nicht enttäuschend. "Die ICG hat gesagt, weniger wären ihr lieber."

Abstimmung ab 19. September

Abgestimmt wird gleichzeitig mit der Wiederholung der Bundespräsidentenwahl am 2. Oktober. Ab 19. September gibt es online unter www.wels.gv.at/befragung sowie in Papierform bis 30. September im Bürgercenter die Möglichkeit, den Fragebogen vorab auszufüllen und abzugeben. Im Laufe der laufenden Woche bekommen alle Wahlberechtigten einen Brief mit dem Fragebogen sowie Begleitinformationen. Die rechtliche Zulassung der Bürgerbefragung erfolgte bereits durch Bundes- und Landeswahlbehörde. Die Durchführung wird wohl auch der Antrag von SPÖ, Grünen und Neos in der Gemeinderatssitzung am kommenden Mittwoch, 19 Uhr, auf Einberufung einer Sondergemeinderatssitzung zur Bürgerbefragung, nicht mehr verhindern. "Da FPÖ und ÖVP die Mehrheit haben, wird der Antrag nicht angenommen werden. Es ist aber ein Aufschrei vonseiten der Opposition, der zeigen soll, was hier passiert und dass der Ablauf der Befragung von vorne bis hinten chaotisch ist", sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Walter Teubl. "Das ist nichts anderes als eine Nebelbombe, in deren Dunst die schwarz-blaue Chaostruppe tiefe Einschnitte im Sozial- und Kulturbereich vornehmen will."

"Fragen undemokratisch festgelegt"

Die SPÖ ist weiterhin dafür, den Bürgerbeteiligungsprozess zu einem späteren Zeitpunkt als Volksabstimmung durchzuführen. Die Neos halten die Befragung für eine Alibi-Aktion. Die Stadtregierungsparteien haben demnach die Fragen undemokratisch festgelegt. Die Neos beklagen, dass nur zwei der Fragen aus der ursprünglichen Liste der ICG stammen, von welcher etwa 390 Einsparungspotenziale vorgeschlagen wurden. Die Einführung des Abendbusses und der neuen Linie werden prinzipiell von allen Parteien befürwortet, seien jedoch keine Einsparungen. Die Koalition wolle damit nur die Schuld an der Investitionsentscheidung abschieben und habe außerdem die Bürger beim Workshop nur mehr die Fragen ausformulieren lassen anstatt sie wirklich auszuwählen. Bei der Öffnung der Einbahn Eisenhowerstraße muss laut Verkehrsstadtrat Klaus Hoflehner (SPÖ) noch auf einen positiven Bescheid der Landesverwaltung gewartet werden, welche gerade eine Machbarkeitsprüfung durchführt. Von den etwa 14 Millionen Euro, die Rabl als jährliches Einsparungsziel vorgab, wurden laut dem Bürgermeister bislang sieben fixiert. Darunter befinden sich 3,5 Millionen Euro durch die Verringerung der Zins- und Darlehensrückzahlungen, vor allem dank des Verkaufs der Sparkassenanteile.

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