Technische Innovation vor dem Aus?
STAASDORF (pa). Nach zwei Jahrzehnten Entwicklungsarbeit droht der Serienanlauf der weltweit ersten mobilen Pelletiermaschine zu scheitern — die Produktions- und Vertriebsfirma SCM sowie deren Schwesterfirma Isotec in Tulln-Staasdorf mussten Konkurs anmelden.
Die beiden in Tulln-Staasdorf (NÖ) ansässigen Firmen SCM Produktions- und Vertriebs GmbH und Isotec Automation und Technologie GmbH haben am vergangenen Mittwoch, dem 14. August 2019, Konkurs angemeldet. SCM hat vor zwei Jahren die weltweit erste wirtschaftlich effiziente mobile Pelletiermaschine Pelletec D 8.0 vorgestellt, die direkt am Feld in einem einzigen Arbeitsgang aus Stroh, Heu, Energiepflanzen oder Feldresten gebrauchsfähige Pellets erzeugt. Die Innovation wurde mehrfach ausgezeichnet. Einige Maschinen wurden bereits verkauft — eine davon steht bereits im Einsatz; zwei weitere für den chinesischen Lizenzpartner bestimmte Maschinen sind vor der Fertigstellung. Jetzt fehlt das Geld zur Aufnahme der Serienproduktion.
Für Firmenchef Josef Schaider, der seit zwei Jahrzehnten — zuletzt tatkräftig unterstützt von seinem Sohn Ludwig — an der Entwicklung dieser technischen Innovation arbeitet, kommt das Aus ziemlich überraschend. „Es ist nicht so, dass unser Projekt und die Firmen an die Wand gefahren wurden“, stellt er klar. „sondern wir waren bereits von Anfang an um eine fundierte Finanzierung bemüht.“ Ende 2017 wurde wegen eines von der früheren Hausbank versäumten Termins eine bereits zugesagte Förderung von 400.000 Euro nicht ausbezahlt. Damit war auch eine weitere, bereits zugesagte Förderung zur Verdoppelung von eingebrachten Eigenmitteln in der Höhe von fast 1,1 Millionen Euro zumindest zeitlich verschoben. Nach dem Wechsel der Hausbank wurde die erneute Einreichung dieser Förderung in Aussicht gestellt, die aber bis heute aus unerklärlichen Gründen nicht erfolgte. Nach einer von Ernst & Young, einem weltweit führenden Beratungsunternehmen, erstellten, äußerst positiven Fortbestandsprognose, wurde jedoch eine weitere Finanzierung genehmigt.
Trotz Sicherheiten keine Weiterfinanzierung
„Ein reklamiertes fehlerhaftes Bauteil aus China führte zu einer Lieferverzögerung bei den beiden Pelletiermaschinen“, sagt Ing. Schaider. „Zugleich auch zu einer Verschiebung der Fristen in der aktuellen Fortbestandsprognose. Unsere Hausbank war plötzlich nicht mehr bereit, eine Weiterfinanzierung durchzuführen, obwohl Sicherheiten vorhanden waren und potente Garantiegeber bereit standen. Auch der geplante Einstieg eines Großinvestors verzögerte sich. Die nunmehr eingetretene Zahlungsunfähigkeit zwingt uns zum Insolvenzantrag.“
Die Pelletec D 8.0 ist weltweit die erste funktionsfähige mobile Erntemaschine, die aus halmgutartiger Biomasse, wie Stroh, Heu, Luzerne, Energiepflanzen, Baumwollstauden, Schnitt- und Feldresten in einem einzigen Arbeitsgang mit wesentlich geringerem Energieeinsatz gegenüber der herkömmlichen Technologie gebrauchsfertige Pellets herstellt. Dadurch entfallen viele der bisher notwendigen Logistikschritte, die Transportwege zum Presswerk sowie das Handling der Ballen. Die Pelletiermaschine arbeitet nicht nur höchst effizient, sondern trägt auch nachhaltig zur Reduzierung der zunehmenden weltweiten Luftverschmutzung bei. Daher rührt auch das große Interesse, das der Pelletec D 8.0 in China (vom chinesischen Partner eruierter Marktbedarf — 70.000 Maschinen) entgegengebracht wird. Ein Lizenzvertrag mit der chinesischen Zoomlion Heavy Machinery Co. Ltd wurde anlässlich des österreichischen Staatsbesuches im Vorjahr in Peking unterzeichnet. Dieser Partner ist für Produktion und Vertrieb der Pelletec D 8.0 am riesigen chinesischen Markt zuständig.
Auffanlösung ist denkbar
Neben der Firma SCM musste auch die 2004 gegründete Schwesterfirma Isotec Konkurs anmelden. Diese Firma war ursprünglich auf die Entwicklung und Produktion von Automatisierungslösungen und –komponenten spezialisiert, zuletzt lag der Schwerpunkt in der Unterstützung der SCM bei der Entwicklung und Produktion der mobilen Pelletiermaschine. Die Verbindlichkeiten belaufen sich auf über 4 Millionen Euro (SCM), davon etwa die Hälfte aus dem Nahebereich der Familie Schaider, und mehr als 2 Millionen Euro (Isotec). Beide Unternehmen beschäftigen zusammen 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine Auffanglösung ist denkbar.
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