Der Bezirk Tulln im Gesundheits-Check

Gerhard Hartenstein: 'Gespräch ist wichtigstes Instrument'. | Foto: privat
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TULLN (bt). Wie viele Ärzte gibt es eigentlich in unserem Bezirk, welche Krankheiten sind am häufigsten und wie viele Hubschrauber landen am Universitäsklinikum Tulln? Die Bezirksblätter haben die medizinische Versorgung im Bezirk Tulln unter die Lupe genommen und beantworten diese, und viele weitere Fragen.

Kritik an Honoraren für Kassenärzte

Mit ihren Krankheiten und Wehwehchen können die Einwohner des Bezirkes 38 Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag aufsuchen. Eine davon ist Vera Witsch. Zwischen 180 bis 200 Patienten behandelt sie im Winter täglich in ihrer Ordination in Heiligeneich. "Für mich ist es mein Traumberuf als Kassenärztin zu arbeiten, denn ich finde es schön, dass jeder kommen kann und, dass es sich jeder leisten kann", sagt sie. Doch Witsch übt auch Kritik - an den Honoraren, die nicht adäquat zur Erhöhung der Löhne gestiegen sind. Zwischen sieben und acht Euro gibt es pro Behandlung. "Davon muss ich Angestellte zahlen, Steuern zahlen und laufend investieren. Wenn sich das in den nächsten Jahren fianziell so weiterentwickelt, gibt es bald keinen Anreiz mehr praktischer Arzt zu werden", bangt sie.

"Ärzte machen Manko wett"

"Als Wahlarzt kann ich mir sicherlich mehr Zeit nehmen und die brauchen wir einfach auch. Ich habe nicht den Eindruck, dass ein Patient, der in einer überfüllten Ordination drei Stunden wartet und dann drei Minuten mit dem Arzt verbringt, glücklich ist. Ich glaube auch nicht, dass damit der Arzt glücklich sein kann. Das Arzt-Patienten Gespräch ist ein wichtiges Instrument, das von keinem Medikament ersetzt werden kann. Das bestehende System lässt dem Kassenarzt aber oft keine Wahl", so Gerhard Hartenstein, praktischer Wahlarzt in Tulln. Das derzeitige Gesundheitssystem verfüge seiner Meinung nach über genug Geld. Das System sei aber nicht effektiv und das Geld schlecht verteilt.
"Der Bezirk Tulln ist allgemeinmedizinisch aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte sicherlich nicht optimal mit Vertragsärzten für Allgemeinmedizin versorgt. Die vorhandenen Strukturen und Kollegen sind aber gut eingespielt und machen so manches systembedingtes Manko wett. Noch", meint er.

Psychische Krankheiten sind kein Tabu

Paul Kaufmann hingegen ist Facharzt für Psychiatrie. Die Menschen die seine Praxis in Tulln aufsuchen leiden etwa unter Anpassungs-, Angst-, oder Persönlichkeitsstörungen sowie Depressionen und Burnout. In den letzten Jahren ist eine zunehmende Entstigmatisierung Psychischer Erkrankungen erfolgt. "Der Wandel hat sehr stark eingesetzt mit der sogenannten Burnout-Diagnose. Plötzlich konnte man darüber sprechen, dass man depressive oder ängstliche Symptome hat und deswegen auch in Behandlung geht", berichtet er. Bleiben Überlastungserscheinungen wie Verspannungen, Schlafstörungen und Gereiztheit über längere Zeit bestehen, empfiehlt Kaufmann dringend, etwas an der aktuellen Lebenssituation zu ändern.

30.817 Krankenstände im Jahr 2017

Doch wie krank sind die Tullner? Im Jahr 2016 hat die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse 30.191 Krankenstände verzeichnet, 2017 waren es um 626 mehr. Am häufigsten treten Krankheiten des Atmungssystems auf, gefolgt vom Muskel- und Skelettsystem sowie Infektiösen Erkrankungen. In Sachen Vorsorgeuntersuchungen sieht Ärztin Vera Witsch noch Aufholbedarf. "Die Leute könnten mehr tun. Vor allem was die Überwindung zur Koloskopie (Darmspiegelung) betrifft. Jeder einzelne der an Dickdarm erkrankt und stirbt ist einer zu viel", sagt sie. Allerdings werden "die angebotenen Veranstaltungen und Workshops vom Gesunden Tulln sowie der NÖGKK sehr gut angenommen und besucht", so der Tullner NÖGKK Service-Center-Leiter Peter Tikale.

Klinikum zählt 996 Mitarbeiter

Ein Ort an dem wir alle nicht gerne landen, aber dennoch unheimlich dankbar dafür sind, ist das Universitätsklinikum Tulln. Hier tut sich etwas: "Im Zuge des Ausbauprogrammes bis 2023 werden 12,8 Millionen Euro in die Erweiterung der Kinder und Jugendpsychiatrie, sowie der EP Tagesklinik, Bau einer Heilstättenschule und Verbesserung der räumlichen Ausstattung im Altbau investiert", informiert Sprecher Reinhard Koller. Im Klinikum tummeln sich nicht nur 996 Mitarbeiter, 194 davon sind Ärzte, sondern Tag für Tag auch unzählige Patienten. Im Jahr 2016 wurden 115.633 Menschen ambulant behandelt und 17.520 stationär aufgenommen. Zurzeit gibt es 440 Betten. Doch damit noch nicht genug mit den Zahlen: Heuer mussten bereits 25 Hubschrauber landen, im ganzen letzten Jahr waren es 93.
"Das Universitätsklinikum Tulln ist ein regionales Grundversorgungskrankenhaus mit überregionalem Versorgungsauftrag, insbesondere für Neurologie, Psychiatrie und Neonatologie. Spezialisierungen bestehen in diesen Fächern,  in laparoskopischer Chirurgie der Baucheingeweide und in neurologischen Gefäßinterventionen", so Koller.

Zur Sache: Ärzte im Bezirk

  • 39 Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag sowie 4 Gruppenpraxen, offen ist derzeit eine Vertragsstelle
  • 31 Fachärzte mit Kassenvertrag sowie 6 Gruppenpraxen
  • 27 Zahnärzte mit Kassenvertrag
  • 128 Wahlärzte
  • 9 Ärzte sind laut Ärzteverzeichnis in den Bereichen Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapeutische Medizin tätig.

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