75 Jahre ÖVP Tirol
Günther Platter: "Arbeite gerne für Tirol"
Der 28. August 1945 gilt als Gründungstag der Tiroler ÖVP. Zum 75. Jubiläum sprachen wir mit ÖVP-Chef Platter.
75 Jahre ÖVP Tirol. Das Jubiläumsjahr hat man sich wohl anders vorgestellt?
Günther Platter: "Ja. Tirol war hart von der Corona-Krise betroffen und wir müssen neben den gesundheitlichen Aspekten auch die Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Aber natürlich denken wir an die vergangenen 75 Jahre zurück, denn, ohne überheblich zu klingen, ist die Entwicklung des Landes Tirol eng mit der Entwicklung der Tiroler Volkspartei verbunden. Wir sind tief im Land verwurzelt, sind verlässlich, schauen nach vorne und übernehmen Verantwortung. Im Land und in den Gemeinden, früher wie heute."
Nach dem 2. Weltkrieg war die erste Phase für die Volkspartei in Tirol wohl schwierig. Genauso wie im Jahr 2020?
"Ja, wir haben die größte Krise seit dem 2. Weltkrieg, das Virus hat die ganze Welt fest im Griff. Die Parameter der Pandemie ändern sich laufend. Tirol hat großartig zusammengehalten, aber jetzt gilt es, gut über den Herbst und Winter zu kommen. Denn einen weiteren Lock-Down in diesem Ausmaß können wir uns nicht leisten."
Sie sind mittlerweile im 13. Jahr Landeshauptmann und im 12. Jahr ÖVP-Chef von Tirol. Damit der zweitlängstdienende nach Eduard Wallnöfer. Eine große Ehre und eine große Aufgabe?
"Und eine große Verantwortung. Mir ist bewusst, was es heißt, ÖVP-Chef und Landeshauptmann in Tirol zu sein. Und mir ist auch bewusst, wie entscheidend es ist, dass die Tiroler VP weiterhin Tempo macht. Das erwartet sich zu Recht auch die Bevölkerung."
Die Tiroler ÖVP wird von den politischen Gegnern gerne als erzkonservativ mit einem verstörten Frauenbild dargestellt. Geislers ‚Ludersager‘ hat auch dazu beigetragen. Eine zu oberflächliche Betrachtungsweise?
"Die Opposition kritisiert, das ist ihr gutes Recht und demokratisch legitim. Wenn Kritik berechtigt ist, dann nehmen wir uns das in der ÖVP zu Herzen und auch intern Korrekturen vor. Aber persönliche Angriffe verurteile ich."
Trotzdem: Geisler und Tilg stehen in der Kritik und so mancher will eine Regierungsumbildung noch heuer sehen. Und Sie?
"Josef Geisler hat sich mehrfach entschuldigt, das muss auch einen Wert haben. Denn wer Josef Geisler kennt, weiß, dass es sich hier um eine einmalige Entgleisung in einer schwierigen Situation handelte. Ich stehe zu meinen Leuten, denn gerade in schweren Zeiten braucht es Erfahrung. Darum wird es derzeit keine Regierungsumbildung geben."
Wie wird diese Krise Tirol und die Tiroler Volkspartei verändern, oder wird sie es nicht?
"Wir müssen uns immer verändern. Denn wenn wir in der Tiroler Volkspartei und auch im Land Tirol keine Veränderung zulassen, bedeutet das Stillstand. Unabhängig von der gegenwärtigen Krise. Wichtig ist, dass wir Lehren aus Corona ziehen. Eine ist, dass wir alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, damit Novartis die Penicillin-Produktion in Tirol belässt. Eine weitere, dass sich das dezentrale Gesundheitssystem bewährt hat. Eine Erkenntnis ist auch, dass wir die regionale Zusammenarbeit in Tirol in Zukunft noch stärker forcieren werden."
Die Herausforderung in den kommenden Jahren wird wohl sein, die Tiroler Finanzen wieder in die richtige Bahn zu lenken?
"Tirol steht finanziell da wie kein anderes Land. Der sparsame Weg der Vergangenheit macht sich bezahlt, weil jetzt für notwendige Zukunftsmaßnahmen Geld vorhanden ist. Tirol wird nach Corona durch diese Investitionen deutlich besser dastehen als andere Bundesländer. Mir ist bewusst, dass das Jahr 2021 ein Schwieriges werden wird. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen und werden auf allen Ebenen dagegenhalten. So wird ein weiteres Konjunkturpaket erneut die Tiroler Gemeinden kräftig unterstützen. Je rascher wir wieder Vollbeschäftigung erreichen, umso rascher erholen sich auch die Tiroler Finanzen. In fünf Jahren sollte wieder ein Nulldefizit im Budget stehen."
2022 wird es Gemeinderatswahlen geben. Ist die ÖVP Tirol darauf vorbereitet? Gibt es genügend Kandidaten, speziell für die Bürgermeistersessel?
"Wir sind derzeit in der Vorbereitung und die Tiroler ÖVP ist hier als Servicestelle bereits sehr aktiv. Um genügend Kandidaten mache ich mir keine Sorgen. Auf alle Fälle wollen wir die Stärke der Volkspartei in den Gemeinden wieder voll ausspielen und die 236 Bürgermeister halten."
Konsequente und mutige Entscheidungen brauchen auch Kontinuität, sie werden 2023 bereits 69 Jahre alt. Wird es mit Parteichef Platter in die Landtagswahl 2023 gehen?
"Ich halte es wie vor den vergangenen Wahlgängen: Ich brauche nicht zweieinhalb Jahre Wahlkampf, darum werde ich meine Entscheidung rechtzeitig bekannt geben. Aber um Interpretationen vorzubeugen: Ich fühle mich sowohl als ÖVP-Chef als auch als Landeshauptmann sehr wohl und arbeite gerne für Tirol. Und auch der Rückhalt in der Bevölkerung und das starke Team hinter mir geben mir Kraft für meine Aufgaben in der Zukunft."
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