Volkshilfe Steyr will „den Finger in die Wunde legen“
STEYR. Die Volkshilfe bietet mit 235 Mitarbeitern in der Region Unterstützung in Bereichen wie Physiotherapie, Wohnen, Flüchtlingsbetreuung, Altenbetreuung, Logopädie oder Arbeitswelt. Mit dem 1. Juli ging bei der Volkshilfe Steyr eine Reform über die Bühne, im Rahmen derer neue Organisationsstrukturen geschaffen wurden. 13 Bezirksvereine gab es bisher, die alle für sich gearbeitet haben. Das Ziel ist jetzt: Gute Zusammenarbeit und eine Bündelung der Kräfte. Die Dienste werden nun in der Volkshilfe Gesundheits- und Soziale Dienste GmbH zusammengeschlossen. Das hat eine zentralisierte Verwaltung zur Folge und somit Einsparungen. Außerdem können Aufgaben besser strukturiert werden.
Mobile Therapie ausgebaut
"Wichtig ist, die Veränderung betrifft rein das Organisatorische und wird im Hintergrund durchgeführt", erklärt Gerald Angerbauer, Vorsitzender der Volkshilfe Steyr. "Unsere Kunden bekommen davon nichts mit und werden nach wie vor gleich professionell betreut." Stolz ist er auch auf den Ausbau der mobilen Therapie. "100.000 Stunden betreuen unsere Mitarbeiter im Jahr." So sind zum Beispiel alle Dienstleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen in der Volkshilfe LebensArt GmbH konzentriert, jene für arbeitsuchende Menschen in der Volkshilfe Arbeitswelt GmbH. Alle diese Gesellschaften sind gemeinnützig und stehen zu hundert Prozent im Eigentum der Volkshilfe Oberösterreich.
Ein weiterer positiver Aspekt der Reform ist die Überschaubarkeit. „Die Volkshilfe in Oberösterreich hat in den vergangenen Jahren ein rasantes Wachstum verzeichnet, seit 1995 hat sich der Personalstand von 255 auf heute fast 1900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr als versiebenfacht. Ebenfalls stark gestiegen ist die Anzahl der Klientinnen und Klienten und die Anzahl der unterschiedlichen Dienstleistungen und Projekte" erklärt Bezirkskoordinatorin Barbara Tröls. "Deshalb war es wichtig, das alles in überschaubare Einheiten zu bringen, die man gut managen kann."
"Kürzung des Mindestlohns beschämend"
Geschäftsführer gibt es in den Bezirksvereinen künftig nicht mehr, alles wird zentral gesteuert. Sie übernehmen neue Aufgaben in der Organisation, wie etwa der frühere Volkshilfe-Steyr-Geschäftsführer Bernhard Gruber. Er ist jetzt als Geschäftsführer der Volkshilfe Gesundheits- und Soziale Dienste GmbH für alle Dienstleistungen im Bereich Pflege und Betreuung in ganz Oberösterreich verantwortlich.
Größere Verantwortung kommt auch den so Stützpunktbeauftragten zu. Bei ihnen laufen alle Fäden zusammen, sie sind die Drehscheibe zwischen Bezirksverein, den Dienstleistungen in der Region und den zentralen GmbH. In Steyr besetzt diese Position Ingrid Merkinger, bisher rechte Hand des früheren Geschäftsführers.
Themen gibt es derzeit für die Volkshilfe genug zu besprechen. Eines, welches Angerbauer sehr beschäftigt, ist die Kürzung des Mindestlohns. "Das ist beschämend, mit 560 Euro im MOnat Wohnung, Auto, Kleidung und Essen zu bezahlen", zeigt er sich verärgert. Die Armut ist ein zentrales Thema im Verein, 15.000 Menschen in Steyr und Steyr Land leben in Armut oder sind armutsgefährdet. „Die Kürzung ist grausam, vor allem gegenüber den Kindern“, sagt Angerbauer. Die Folgen seiner Meinung nach: Mehr Obdachlose und ein Ansteigen der Kleinkriminalität. Die Volkshilfe fordert einen Mindestlohn von 1700 Euro. Doch eines ist Angerbauer wichtig: "Wir wollen nicht nur kritisieren und fordern, wir setzen auch selber Aktionen."
"Wollen selber aktiv werden"
Für Herbst sind in Steyr und Steyr-Land Straßenaktionen zum Thema Armut geplant. „Wir müssen den Finger immer wieder in diese Wunde legen. Und zwar so lange, bis die Wunde verheilt ist, sprich bis die Armut beseitigt ist. Armut ist kein Schicksal, Armut ist hausgemacht und eine Schande für ein reiches Land wie Österreich", so Angerbauer.
Ein Bereich, der auch Angerbauer und Tröls sehr am Herzen liegt, ist die Freiwilligenarbeit. Denn da die Volkshilfe vor 70 Jahren von Bruno Kreisky als ehrenamtliche Organisation gegründet wurde, will man hier wieder anknüpfen. "Wir haben derzeit fünfzig Freiwillige in der Region", erzählt Angerbauer. "Und ich finde, das ist keine geringe Zahl." Tröls ergänzt: "Dennoch können wir stets Unterstützung brauchen." Eingesetzt werden die freiwilligen Helfer beispielsweise bei Besuchs- oder auch Fahrtendiensten. „Aber es ist für uns auch klar, dass Freiwilligenarbeit nicht als Ersatz für bezahlte Arbeitsplätze missbraucht werden darf“, stellt Angerbauer klar.
Ebenfalls große Bedeutung für die Menschen in der Region hat der Volkshilfe Shop. 22.000 Kundinnen und Kunden haben im vergangenen Jahr günstige Gebrauchtwaren im Shop in der Schönauerstraße 3 eingekauft.
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