Klaus Mitterdorfer im Interview
"Müssen alle bestmöglich ins Boot holen"
Österreich hat einen neuen ÖFB-Präsidenten, mit Klaus Mitterdorfer bekleidet künftig überraschend ein Kärntner das höchste Fußball-Amt des Landes. Wir trafen den scheidenden KFV-Präsidenten in seinem Büro in Klagenfurt zum ausführlichen Interview.
KÄRNTEN/WIEN. Im Gespräch mit MeinBezirk ging es nicht nur um seine neue Aufgabe, welche Ziele er dort hat und wie er die Gräben innerhalb des ÖFB zuschütten möchte, sondern auch um die Zukunft des Kärntner Fußballverbands und des Cupfinales in Klagenfurt.
Nun sind einige Tage seit der doch überraschenden Entscheidung vergangen: ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer – mittlerweile schon daran gewöhnt?
Das ist auch für mich noch etwas ungewohnt. Die letzten Tage waren sehr intensiv, weil eine breitere Öffentlichkeit meine Person und meine Zugänge zum Fußball kennenlernen wollte. Das freut mich natürlich, aber es schwingt auch etwas Wehmut mit: Die offizielle Wahl wird im Juli stattfinden und dann bin ich nicht mehr Kärntner Präsident, das tut mir schon ein bisschen weh. Ich habe es hier sehr gerne und mit viel Engagement gemacht. Trotzdem ist die neue Herausforderung eine schöne und sehr wichtige.
Noch einmal auf die Wahl zurückkommend: Wann haben Sie sich dazu entschieden, dass Sie für diese Aufgabe bereit sind und Sie sich zur Verfügung stellen werden?
Das ist bei so einer Aufgabe schwierig zu sagen. Ich habe nie Wahlwerbung für mich gemacht, sondern den Freunden im Präsidium gesagt, dass ich es mir bei entsprechender Zustimmung vorstellen könnte – aber nicht um jeden Preis, ich würde mich nie verbiegen. Es gab Unterstützer von mir, aber auch Personen, die eine externe Lösung präferiert hätten. Dass es dann zum Schluss so eine Dynamik annahm, hat letztlich alle überrascht.
Verstehen Sie die Kritik darüber, dass es mit Ihnen wieder keine externe Lösung für das Präsidentenamt gab?
Mein Zugang zu dieser Frage ist klar: Man sollte beurteilen, welchem Mann oder welcher Frau man diese Aufgabe zutraut – ob dies extern oder intern gefunden wird, ist dann gar nicht so wichtig. Es wurde nur medial oft so dargestellt, dass die Landespräsidenten nichts zusammenbringen und nur streiten, aber da habe ich immer versucht, mich von all den verschiedenen Befindlichkeiten herauszuhalten. Vielleicht hat auch das am Ende den Ausschlag dafür gegeben, dass einige in meine Richtung umgedacht haben.
Für Sie persönlich ändert sich nun wahrscheinlich einiges im privaten und beruflichen Leben.
Nein, denn sonst würde ich das nicht tun. Meinen Job mache ich gerne und das seit vielen Jahren und das werde ich auch mit der gleichen Konsequenz so durchziehen. Was aber klar ist: Der Urlaub wird für ÖFB-Termine im In- und Ausland draufgehen. Das war auch mit meiner Frau so abgestimmt. Und die Zeit vor und nach der Arbeit wird natürlich auch für ÖFB-Angelegenheiten eingesetzt werden – doch das war bei meiner Präsidentschaft beim KFV nicht anders, weil wir hier schon eine große Nähe gelebt haben. Meine Frau hat mir auch im Vorhinein die Unterstützung zugesagt und meine Freunde schauen gemeinsam mit meiner Familie darauf, dass bei mir eine gewisse Normalität und Bescheidenheit bestehen bleibt.
Konnte diese Normalität wirklich beibehalten werden? Es gab ja sicher viele Termine und Hektik in den vergangenen Tagen.
Mir war es wichtig, dass am darauffolgenden Tag das Leben so weitergeht, wie es immer war – daher bin ich auch gleich zum Sprechtag nach Eberndorf gefahren. Das werde ich auch bis zu meinem letzten Tag so machen, für Kärnten wird sich derweilen also nichts ändern. Und auch für die Zeit danach habe ich mir stark vorgenommen, hier weiter viel unterwegs zu sein. Ich werde vielleicht nicht mehr so viel Zeit haben, weil ich für alle in Österreich aktiv sein muss, aber man wird mich weiterhin hier sehen – vielleicht eine Spur weniger.
Beim ÖFB konnte man in den vergangenen Monaten viele Streitereien miterleben. Wie wollen Sie es schaffen, die Gräben im ÖFB zuzuschütten?
Ich werde versuchen, alle bestmöglich ins Boot zu holen – mit viel Kommunikation, Einbindung und Transparenz. Ob es gelingt, wird man sehen, aber es ist sicher eines der großen Ziele.
Was sind die großen Ziele, die Sie in Ihrer Präsidentschaft erreichen wollen?
Das muss man ganz groß denken: Oben steht natürlich die Qualifikation für alle möglichen Endrunden bei Männern und Frauen, doch es geht auch stark um den Amateur- und Breitensport bis hin zur Talententwicklung, genauso aber auch um die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung des Verbands.
Ein leidiges Thema ist auch die Frage nach einem Nationalstadion. Steht auch dies auf der Agenda?
Wir haben einen Infrastrukturmangel, uns fehlt im internationalen Vergleich sicher ein Nationalstadion. Man muss den Diskussionsprozess hier mit allen Beteiligten, auch mit der öffentlichen Hand, intensiv führen. Es bleibt also ein großes Ziel, das muss ernsthaft ins Auge gefasst werden.
Von Ex-Kicker Marc Janko gab es in einem Kurier-Interview Kritik an Ihrer Wahl. Was sagen Sie dazu?
Es muss für jeden zulässig sein, die eigene Meinung zu vertreten. Vielleicht sieht er es anders, wenn er mich kennenlernt und merkt, wie wir arbeiten und was wir bewegen. Ich muss die Welt nicht neu erfinden, sondern wir müssen schauen, dass die Fachleute teamorientiert ihren Job machen. Da darf sich niemand so wichtig nehmen, das betrifft auch den Präsidenten. Auch wenn ich aus dem aktiven Fußball- und Trainergeschäft komme, würde ich es mir heute nicht anmaßen zu sagen, wer der richtige Teamchef wäre. Ich muss aber die richtigen Experten zulassen, die diese Entscheidung vorlegen können. Der ÖFB hat gute Strukturen, man muss sie nur richtig nutzen. Streitereien lähmen uns auch in diesem Bereich und das muss im sportlichen und im wirtschaftlichen Bereich aufgebrochen werden.
Einige Experten im Verband stehen auch immer wieder in der öffentlichen Kritik, beispielsweise der Sportdirektor Peter Schöttel. Wird es dahingehende Änderungen geben oder soll vorerst alles so bleiben wie aktuell es ist?
Fußball ist ein grundsätzlich sehr dynamisches Geschäft, Stillstand ist da nie gut. Ich denke aber, dass in der Sportdirektion im Gesamten sehr gute Leute – Büroangestellte und Trainer – arbeiten. In den letzten Jahren wurden einige Leuchtturmprojekte umgesetzt.
Nun ist mit Ihnen ein Kärntner neuer ÖFB-Präsident. Wird das Bundesland davon profitieren?
Mein Herz schlägt für Kärnten, aber mein Zugang zu dieser Aufgabe ist ein anderer. Da muss ich für alle Bundesländer und für den österreichischen Fußball da sein – da kann ich keine Unterschiede in der Ausübung meiner Funktion machen. Ich werde mich für alle Themen einsetzen, von denen ich glaube, dass sie für den österreichischen Fußball gut sind.
Wie sieht es mit der Zukunft des KFV aus?
Mein Ziel ist es, dass der KFV mit guten Frauen und Männern in der Verbandsarbeit weitergeführt wird. Meine zweite Periode läuft im Frühjahr 2024 aus, der Wahltermin findet am 16. März statt. Laut Zyklus der Vertretungsregelung ist ab 1. Juli Martin Mutz für die Führung zuständig. Aktuell könnte er es sich sehr gut vorstellen, diese Aufgabe auch weiter auszuführen.
Gibt es abseits dessen schon Bewerber für die Präsidentschaft ab dem Frühjahr 2024?
Das kann ich nicht sagen, das kann sich immer rasch entwickeln. Aber es geht ja nicht nur um den Kandidaten fürs Präsidentenamt, man benötigt ein gutes Team und das ist nicht ganz so einfach. Denkbar ist es aber, denn es gab ja bei meiner ersten Wahl auch drei Teams, die sich der Wahl gestellt haben.
Wenn Sie auf Ihre mehr als sieben Jahre als KFV-Präsident zurückblicken: Wie erfolgreich war die Zeit?
Nach welchen Kriterien misst man die erfolgreiche Arbeit einer Person? Das kann man unterschiedlich definieren. Wir haben einen riesigen Anstieg an neuen Nachwuchsmannschaften von der U6 bis zur U17. Auch die Zahl der Vereine hat sich nicht verringert. Das sind für mich Kriterien, die für mich große Bedeutung haben. Hier ist es uns gemeinsam gelungen, dass die fußballbegeisterten Kids auch in schweren Zeiten, man denke an die Pandemie, eine Heimat gefunden haben. Anscheinend haben sich aber auch die Funktionäre in dieser Zeit gut betreut gefühlt, obwohl es nicht leicht war. Wir hatten aber viele Projekte: Wir sind mit „Soccer2Kids“ in die Kindergärten und Schulen gegangen, haben Erste Hilfe- und Leukämie-Typisierungsprojekte durchgeführt. Wir haben also auch versucht mitzuhelfen, dass es im Sozialen in eine gute Richtung geht. Was noch nicht gelungen ist, obwohl es ein großes Ziel war, ist eine Entspannung des Infrastrukturproblems – insbesondere im Zentralraum.
Abschließend noch zum Cupfinale in Klagenfurt. Das vergangene Event war beste Werbung für Klagenfurt, es könnte jedoch das letzte Finale hier gewesen sein. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Das Spiel, die Mannschaften, die Stimmung und die Organisation waren perfekt – das war die beste Werbung für die kommenden Jahre. Natürlich gibt es abseits von Klagenfurt auch andere schöne Stadien in Österreich, doch hier hat man sich sicher sehr stark in die Auslage gestellt. Nun werden die Ausschreibungskriterien den möglichen Standorten mitgeteilt und da hat jeder die Möglichkeit, sich zu bewerben. Es macht auf alle Fälle Sinn, das Finale für mehrere Jahre zu vergeben. Ein Expertenteam wird das evaluieren und dem Präsidium einen Vorschlag vorlegen.
Dasselbe gilt dann wahrscheinlich auch für Länderspiele in Klagenfurt.
Genau. Das hängt ja immer von den Gegnern und dem erwarteten Fanaufkommen ab. Da verdient sich auch Kärnten seine Länderspiele.
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