Predigt für 9. Juni 2024
Über Menschen, die den Mut haben, verrückt zu sein
Um die Familie Gottes und den Mut, auch einmal ein bisschen verrückt zu sein, geht es in der dieswöchigen Predigt (Mk 3, 20-35) von Sabine Pesendorfer von der Pfarre Ohlsdorf.
PINSDORF. Was ist die einfachste Möglichkeit, einen Störenfried loszuwerden? Ganz einfach: Man sagt: „Ach der/die ist ja deppert, bescheuert, ja total verrückt!“ Nun gibt es zwei Möglichkeiten, was man dann mit diesem Verrückten macht. Eine davon: Man dreht sich weg. Anstatt sich mit der Person zusammen- und auseinanderzusetzen. Denn mit Verrückten, will man ja nichts zu tun haben. Oder man will diese Person mit Gewalt in die Wirklichkeit zurückholen. Zurück zur Normalität, zurück in den Rahmen der Tradition, zurück wovon ich der Meinung bin: So gehört es sich! Aber jetzt stell dir vor, du bist von einer Sache total begeistert. Und deine Verwandten sagen zu dir: „Du bist ja deppert, total bescheuert! Du störst doch nur! Komm, hör auf und benimm dich!“ Eine schreckliche Situation! Das tut weh! Es ist, als würden sie alle gegen dich sein. So ergeht es dem Jesus.
Wie reagiert Jesus?
Er bleibt ruhig. Sucht nicht verzweifelt nach Worten, die seine Situation erklärbar machen. Nein, er distanziert sich von seinem Verwandten! Und die reagieren total entsetzt! „Sei still! Was denken und sagen die Leute über uns. Hör sofort auf!“ Da sieht Jesus die vielen fremden Menschen an, die sich um ihn versammelt haben und sagt: „Wer ist meine Mutter? Wer sind meine Brüder? Ihr alle seid meine Mutter und meine Brüder. Denn wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder, Schwester und Mutter!“ Ja, bei Gott ist das Blut zweitrangig. Für ihn zählen die Menschen, die den Mut haben, verrückt zu sein. Verrückt, weil sie gewaltlos leben. Verrückt, weil sie für alle ein Herz haben. Verrückt, weil sie jedem vergeben können. Verrückt, weil sie jederzeit für andere da sind.
Kannst du das?
Trotzdem nicht aufgeben, wenn andere sich über dich lustig machen oder den Kopf schütteln? Kannst du dich ruhig und gewaltlos für eine gute Sache einsetzen? Kannst du bei Kritik sachlich bleiben? Kannst du trotzdem nett und herzlich sein, auch wenn du für „dumm und deppert“ angesehen wirst? Ist es nicht so: Wir gehen viel lieber den bequemeren Weg. Ich passe mich an. Ich suche nach Ausreden und mache Kompromisse. In unserer unpersönlichen und zunehmend technisierten Welt fehlen immer mehr die herzlichen Beziehungen.
Verrückt!
Jesus sagt: „Jeder, der den Willen Gottes tut, ist für mich Schwester, Bruder und Mutter.“ Gottes Familie schließt niemanden aus. Auch wenn Jesus sich bis zuletzt um seine Mutter sorgte, so sorgte er auch für die, die ihm nachfolgen und lieben. Jesus lädt uns alle ein, ein Teil seiner Familie zu werden. Klingt doch verrückt! Also, ich will verrückt sein. Ich will zu seiner Familie gehören. Du auch? Verrückte, herzliche Menschen werden gebraucht. Sie machen unser aller Leben liebenswerter und schöner. Lasst es uns versuchen: verrückt zu sein. Jeden Tag etwas mehr!
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