Geheimnisvoller städtebaulicher Vertrag
BEZIRK UND STADT Wien beantworten keine Fragen zur Massivverbauung „Gallitzinstrasse 1A, 8-16“ in Wien-Ottakring
Am 30.7. 2024 hat die Bürgerinitiative „Pro Wilhelminenberg 2030“ folgendes E-Mail an Frau Bezirksvorsteherin Lamp und Fr Bezirksvorsteherin Stv.in Obermaier betr die Erfüllung der Vereinbarungen zwischen Rot und Grün anlässlich der Flächenumwidmung ( = städtebaulicher Vertrag) 8197 im November 2018 gerichtet:
Sehr geehrte Frau Bezirksvorsteherin!
Sehr geehrte Frau Bezirksvorsteherin Stv.in!
Wie Sie wissen, wird aktuell der Bauplatz Gallitzinstraße 8-16 im Kaltluftentstehungsgebiet und Frischluftschneise Wilhelminenberg-Liebhartstal gegen den Willen von über 6000 Anrainer:innen klimaschädlich für den Stadt Wien Bauträger Arwag massiv verbaut.
Im November 2018 wurden einige Punkte zwischen SPÖ Ottakring und den Ottakringer Grünen unter Barbara Obermaier im Rahmen der höchst umstrittenen Zustimmung des Bezirkes zur Flächenumwidmung vereinbart. (siehe Auszug aus dem Protokoll der BV-Sitzung vom 22.11.2018, S. 7 )
ABER:
1. Wurden bestehende Strukturen (Altbäume) erhalten? Wenn ja wieviele, wenn nein, warum nicht?
2. Wo sind die 1000m2 naturnahe Wiese geplant?
3. Wo ist die ökologische Baubegleitung?
4. Wo wird das entnommene Bodenmaterial zwischengelagert?
5. Wo ist das vereinbarte naturschutzfachliche Monitoring?
6. Wo sind auf den Plänen die Dachbegrünungen zu sehen?
Der Anteil des geförderten Wohnbaus beträgt auch nur 1/3 statt der vorgegebenen 2/3.Die Verbauung an der Gallitzinstraße beträgt völlig ortsfremd bis zu 70%.
Dieses Bauvorhaben widerspricht sämtlichen Vorhaben des Wiener Klimafahrplans und sämtlicher Expertisen zur klimasensiblen Stadtentwicklung - das wissen Sie beide. Es geht rein um Gewinnmaximierung für Stadt-Wien nahe Bauträger.
Was bleibt eigentlich der Allgemeinheit von den erzielten Millionengewinnen?
Wir fordern nach wie vor einen sofortigen Stop, eine Evaluierung und einen Neustart für das vor 10 Jahren geplante Bauvorhaben, welches klimaschädlich und nicht ökologisch ist und schon gar nicht mehrheitlich leistbaren Wohnraum schafft?
Bis heute, 21.11. 2024 erhielten wir Rückmeldungen der MA 37, der MA 21 und der MA 69, die für „Städtebauliche Verträge“ gesamthaft zuständig ist ( siehe Fotos unten). Seitens Bezirksvorsteherin Stefanie Lamp erging keine Antwort an uns.
Wir haben die Antwort der MA 69 kommentiert und warten nun seit einem Monat auf die Auskunftserteilung zum städtebaulichen Vertrag Gallitzinstrasse 8-16 nach dem UIG Samt Ersuchen um bescheidmäßiger Beantwortung.
Sehr geehrter Herr XXX
Danke für Ihre Antwort zu der ich einige Klarstellungen anzumerken habe und die für uns keine Beantwortung unserer am 30.7.2024 an die Bezirksvorstehung Ottakring adressierten Fragen ist. Wir ersuchen um umgehende Auskunftserteilung zum städtebaulichen Vertrag Gallitzinstrasse 8-16 nach dem UIG samt bescheidmäßiger Beantwortung.
Sie schreiben „dass mit dem Städtebaulichen Vertrag (2019) ein Ausgleich zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Interessen und ein langfristiger Mehrwert für die Bevölkerung geschaffen wurde - Insbesondere durch den hohen Anteil des geförderten Wohnbaus“.
Ebenso erwähnen Sie „Leistungspflichten, welche in diesem Vertrag festgelegt wurden, die bis zu einer im Vertrag festgesetzten – noch offenen - Frist zu erfüllen sind.“
Zu unseren detaillierten Fragen erhielten wir jedoch keine Antwort, z.B. nach der Umsetzung der Vereinbarungen zwischen der Stadt Wien als Vertragspartner des städtebaulichen Vertrages und der Bauträger. Ihr Hinweis auf die prozessuale Zuständigkeit der Bauträger geht ins Leere. Sie haben als Stadt Wien in Vertretung der Bürger: innen Wiens und als Vertragspartner den Inhalt dessen zu verantworten und sind daher den Bürger: innen gegenüber auskunftspflichtig.
Dazu halten wir inhaltlich fest, dass der Ausgleich zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Interessen zumindest für die Bevölkerung – obwohl vom Wiener Gemeinderat in Form des Petitionsausschusses nochmals unterstrichen, NICHT stattgefunden hat. Die durch den Weiterverkauf der beiden ehemaligen SUEBA und Breitender Grundstücke an die Bauwerk/BOE Gruppe lukrierten Millionengewinne dienen rein den wirtschaftlichen Interessen der Bauträger.
In deren Auftrag wurde auch ein wesentliches Umweltgutachten erstellt, dessen Aussagekraft wir hier kommentiert haben (https://prowilhelminenberg.at/wp-content/uploads/BI-PWB2030-Stellungsnahme-zu-Umweltgutachten-Gall-8-bis-16-Sep-1-2023.pdf) und das den ökologischen Interessen lt Wiener Klimafahrpan ( Sicherung und Schutz von Kaltluftentstehungsgebieten und Frisch- und Kaltluftschneisen, Prüfung und Optimierung aller Stadtentwicklungsvorhaben der letzten Legislaturperiode hinsichtlich ihres Beitrages zur Anpassung an den Klimawandel und Veröffentlichung der bei städtebaulichen Vorhaben verbindlich durchzuführenden klimatologischen Detailuntersuchungen) NICHT entspricht. Keine dieser Vorgaben wurde erfüllt.
Die nun final bestätigte Dimension dieses „Stadtentwicklungsvorhabens“ im UNESCO Biosphärenpark Wienerwald widerspricht mit in der Realität 66% frei finanzierten (!) Wohnungen (FLWP 8197) auch klar den Intentionen des geförderten Wohnbaus („Soziale Interessen“) laut Wiener Baurechtsnovelle und dem politisch propagierten „leistbaren Wohnraum“ in der Stadt Wien.
Weiters, wie kann es sein, dass eine Frist zwar festgesetzt und dennoch offen ist?
Zu Ihren „Antworten“ dürfen wir folgendes anmerken.
1. Wurden bestehende Strukturen (Altbäume) erhalten? Wenn ja wieviele, wenn nein, warum nicht?
MA 69: Die Eigentümer der Flächen sind verpflichtet die geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere das Wiener Baumschutzgesetz zu beachten
FRAGE: Von dieser Vorschrift gehen wir aus – Das Wr. Baumschutzgesetz hält übrigens fest, dass "Die Bewilligung ist in jedem Falle auf das unumgänglich notwendige Ausmaß zu beschränken ist - §4 Abs. 2
Diese Rechtsvorschriften ist NICHT eingehalten worden, vielmehr wurde die Gesamtrodung von 58 Bäumen bewilligt (es blieb kein einziger Baum stehen) , für die nunmehr lediglich lt. Rodungsbescheid des MBA 1160 vom 27.11. 2023 nur 170 Ersatzpflanzungen vorgeschrieben wurden. Wären allerdings alle gem. §4 Abs. 4 („Fällung für ein Bauvorhaben“ - was es ja tatsächlich ist) eingestuft worden, hätten 406 Ersatzpflanzungen vorgenommen werden müssen.
Von diesen 170 Ersatzpflanzungen sollen 56 am Grundstück als kleine Ersatzpflanzung gesetzt und für die verbleibenden 114 muß eine Ausgleichsabgabe in Höhe von EUR 1.090,- (noch alte Rechtslage, statt € 5.000,- neue Rechtslage) pro Baum bezahlt werden. Ersparten sich die Bauträgerhier durch diese Einstufung € 1,2 Mio an gesetzlichen Abgaben?
Welche Dienststelle überprüft die Einhaltung dieser Vereinbarung aus dem städtebaulichen Vertrag und die Einhaltung des Wr. Baumschutzgesetzes und setzt im Verfehlungsfall Konsequenzen?
2. Wo sind die 1000 m² naturnahe Wiese geplant?
MA 69: Gemäß Städtebaulichen Vertrag ist ein ökologisch wertvoller Grünbereich in einem Ausmaß von ca. 1000 m² vorzusehen. Die endgültige Flächenabgrenzung der Wiesenfläche ist der weiterführenden Freiraumplanung zum gegenständlichen Siedlungsvorhaben vorbehalten
FRAGE: Es wurde die „Überprüfung der Erhaltung/Ausbildung möglichst großer, zusammenhängender ökologisch wertvoller Grünbereiche unterschiedlicher Nutzungsintensität in einem Ausmaß von mind. 1000 m²“ vereinbart – diese Vorgabe kann nicht erst in der weiterführenden Freiraumplanung festgelegt werden. Von Seiten der Politik wurde immer von einer „zusammenhängenden ökologisch wertvollen Wiese“ für die Bevölkerung gesprochen – wir gehen davon aus, daß hier nicht die Summe der im Wohnungseigentum stehenden Kleingärten gemeint war. Wir ersuchen um Information zur Erfüllung dieses Vertragsbestandteils.
3. Wo ist die ökologische Baubegleitung?
Unter Bezugnahme auf die „Evaluierung der ökologischen und naturschutzbezogenen Gutachten zur Standortentwicklung Wien 16., Gallitzinstraße 8-16“ verpflichten sich die Wohnbauträger und die Privaten ein begleitendes naturschutzfachliches Monitoring, begleitende Maßnahmen sowie eine ökologische Planungsbegleitung vorzusehen, ohne dass der Stadt Wien hierdurch Kosten entstehen
FRAGE: Seit Wochen fahren täglich dutzende LKWs am Baugelände, von einem begleitendenden naturschutzfachlichen Monitoring fehlt jede Spur. Auch hier beantwortet Ihr Zitat die Frage nicht. Unsere Frage richtet sich an die Stadt Wien als Vertragspartner des städtebaulichen Vertrages – wir ersuchen um Information zur Erfüllung dieses Vertragsbestandteils
4. Wo wird das entnommene Bodenmaterial zwischengelagert?
Das Material ist im Einklang mit der österreichischen Rechtsordnung zu lagern, konkrete Fragen hierzu sind an die Liegenschaftseigentümer zu richten.
FRAGE: Seit Wochen wird LKW-weise der Erdaushub abtransportiert. Es erfolgt keine Lagerung vor Ort. Auch hierbei richtet sich unsere Frage an die Stadt Wien als Vertragspartner des städtebaulichen Vertrages – wir ersuchen um Information zur Erfüllung dieses Vertragsbestandteils.
5. Wo ist das vereinbarte naturschutzfachliche Monitoring?
Unter Bezugnahme auf die „Evaluierung der ökologischen und naturschutzbezogenen Gutachten zur Standortentwicklung Wien 16., Gallitzinstraße 8-16“ verpflichten sich die Wohnbauträger und die Privaten ein begleitendes naturschutzfachliches Monotoring, begleitende Maßnahmen sowie eine ökologische Planungsbegleitung vorzusehen, ohne dass der Stadt Wien hierdurch Kosten entstehen.
FRAGE Unsere Frage richtet sich an die Stadt Wien als Vertragspartner des städtebaulichen Vertrages – wir ersuchen um Information zur Erfüllung dieses Vertragsbestandteils.
6. Wo sind auf den Plänen die Dachbegrünungen zu sehen?
Pläne liegen dem Immobilienmanagement der Stadt Wien nicht vor, jedoch sind die geltenden Bebauungsbestimmungen (PD 8197) zwingend einzuhalten.
FRAGE: Wer überprüft die Einhaltung dieser Bebauungsbestimmungen – welche Konsequenzen hat eine Nicht –Einhaltung der, offenbar ebenfalls im städtebaulichen Vertrag enthaltenen den Bestimmungen?
7. Der Anteil des geförderten Wohnbaus beträgt nur ⅓ statt der vorgegeben ⅔. Die Verbauung an der Gallitzinstraße beträgt völlig ortsfremd bis zu 70%.
Die Wohnbauträger und Privaten verpflichten sich, 50% der auf der Projektfläche realisierbaren Nutzfläche – inklusive einer elementaren Bildungs- und Betreuungsreinrichtung im Bauteil entlang der Gallitzinstraße – als geförderten Wohnraum zu errichten und zur Verfügung zu stellen.
Frage: Es sind definitiv keine 50% als geförderter Wohnraum geplant Das Gesamtvolumen Lt FLWP 8197 widerspricht mit 66% frei finanzierten Wohnungen auch klar den Intentionen des geförderten Wohnbaus. Welche Konsequenz hat diese Tatsache ?
Auf der Webseite der Stadt Wien wird festgehalten, dass „Eine Zusammenfassung der wesentlichen materiellen Vertragsinhalte ohne personenbezogene Daten natürlicher oder juristischer Personen muss im Internet unter www.gemeinderecht.wien.gv.at veröffentlicht werden. Diese Zusammenfassung muss kostenlos und barrierefrei zugänglich sein.
Ab wann gilt diese Veröffentlichungspflicht und bis wann ist diese rückwirkend?
Nach wie vor sind die Fragen, die am 30.7.2024 erstmals an die Ottakringer Bezirksvorsteherin Lamp ergangen sind und die der MA 69 als federführende Dienstelle und Vertreterin der Stadt Wien als Vertragspartei im gegenständlichen städtebaulichen Vertrag weitergeleitet wurden, unbeantwortet.
Daher ersuchen wir nochmals um vollständige Beantwortung dieser Fragen. Im Fall einer Ablehnung der Auskunftserteilung ersuche wir um Zustellung eines ablehnenden Bescheids im Sinne des Umweltinformationsgesetzes.
BI Pro Wilhelminenberg 2030
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