Getrennt leben - Eltern bleiben
Die KiJA-Bröschüre "Unser Kind - Ein Leitfaden für Eltern bei Trennung und Scheidung" bietet kinderrechtliche Unterstützung.
Eine Trennung oder Scheidung der Eltern ist für betroffene Kinder immer ein einschneidendes Ereignis. Allein in Oberösterreich sind jährlich etwa 5.000 bis 6.000 Kinder in dieser Situation. Auch im Beratungsalltag der Kinder- und Jugendanwaltschaft des Landes/KiJA OÖ nimmt das Thema "Trennung und Scheidung" seit jeher einen Spitzenplatz ein. Rund ein Drittel der 4.000 Beratungen im Jahr haben Probleme bei der Regelung der Obsorge oder der persönlichen Kontakte zum Inhalt.
Als Ergänzung des Beratungsangebotes der KiJA wurde nun die Broschüre "Unser Kind – Ein Leitfaden für Eltern bei Trennung und Scheidung" auf den neuesten rechtlichen Stand gebracht und neu aufgelegt. Neben Rechtsinformationen und einem umfangreichen Adressteil, soll die "Checkliste für Eltern" als Hilfsmittel dienen, sich intensiv auch mit der Sicht des Kindes auseinander zu setzen.
Verpflichtende Elternberatung bei einvernehmlicher Scheidung
Paare, die sich einvernehmlich scheiden lassen wollen, müssen nun nachweislich in einer Beratungsveranstaltung bzw. einer Einzelberatung über die Auswirkungen der Trennung auf die Kinder aufgeklärt werden. Damit wurde eine langjährige Forderung der Kinder- und Jugendanwält/innen nach einer verpflichtenden Beratung im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens umgesetzt. Unter Mitarbeit der kijas wurden in den vergangenen Monaten Qualitätskriterien für diese Beratungen entwickelt sowie geeignete Personen zertifiziert. Nunmehr steht die Liste der anerkannten Berater/innen für die Elternberatung vor einvernehmlicher Scheidung gemäß § 95 Abs. 1a AußStrG online zur Verfügung: http://kinderrechte.arcoro.com/beratung/
Eltern bleiben – gemeinsam Verantwortung übernehmen
Auch wenn man sich als Paar getrennt hat, bleibt man auf Lebenszeit Mutter und Vater des gemeinsamen Kindes. Um diesen Gedanken der unkündbaren gemeinsamen elterlichen Verantwortung umzusetzen, wurden die gesetzlichen Möglichkeiten für die Obsorge beider Eltern im aktuellen Kindschaftsrecht nochmals ausgeweitet. Unverheiratete Eltern können künftig auf dem Standesamt festlegen, dass beide mit der Obsorge betraut sind. Bei Ehescheidungen kann die gemeinsame Obsorge grundsätzlich weiter bestehen bleiben; in sehr konflikthaften Situationen unmittelbar nach der Scheidung bleibt sie während einer "Abkühlphase" weiter aufrecht, bis es den Eltern gelingt, eine Regelung zu finden. Väter von unehelichen Kindern können nunmehr die gemeinsame Obsorge auch ohne das Einvernehmen mit der Kindesmutter beantragen.
Besuchsrecht? Besuchspflicht!
Änderungen gibt es weiters beim nun so genannten "Recht auf persönlichen Kontakt": Wurde früher das "Besuchsrecht" vorwiegend als Anspruch des getrennt lebenden Elternteils gesehen, so wird nun zunehmend das Recht des Kindes, zu beiden Eltern Kontakt zu haben, in den Vordergrund gestellt. Korrespondierend dazu besteht nun auch eine Pflicht des getrennt lebenden Elternteils, persönliche Kontakte zum Kind zu pflegen.
Neue Wege zu einvernehmlichen Regelungen
Zwischen den Eltern vereinbarte Lösungen sind grundsätzlich vorzuziehen, da sie meist nachhaltiger sind und alle Betroffenen ihre Bedürfnisse einbringen können. Der Gesetzgeber hat daher die Voraussetzungen für zahlreiche unterstützende Maßnahmen geschaffen, die die Eltern befähigen sollen, die Obsorge und den persönlichen Kontakt einvernehmlich zu regeln. Die Familiengerichtshilfe soll schrittweise ausgebaut werden und auf alle Bezirksgerichte ausgeweitet werden.
Sogenannte "Besuchsmittler/-innen" sollen bei Problemen in der Umsetzung des Rechts auf Kontakt zu beiden Elternteilen unterstützend tätig sein. Neben der akuten Vermittlung in Konflikten sollen die Besuchsmittler/-innen die Eltern auch über konkrete Umsetzungsmodalitäten beraten, wie etwa die Gestaltung der Übergabe des Kindes. Schon seit 2010 ist die Bestellung eines Kinderbeistandes (§ 104a Außerstreitgesetz) in gerichtlichen Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren gesetzlich verankert. Der Kinderbeistand fungiert als Sprachrohr und Unterstützung für Kinder in hoch strittigen Verfahren um Obsorge oder Recht auf persönlichen Kontakt.
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